Entscheidungsstichwort (Thema)

Montage eines begehbaren Kühlraums der Pflicht zur Zahlung in die Soka Bau unterfällig. Errichtung von Kühlräumen als bauliche Tätigkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Die reine Montage von begehbaren Kühlräumen mit Tür in landwirtschaftlichen Betrieben wie Spargelhöfen, Obst- und Gemüsehöfen und Biomärkten, bei der im Nachgang der Einbau und Anschluss der Kälteanlage durch einen Kälteanlagebauer erfolgt, ist - unabhängig vom Volumen des Kühlraumes - nicht als mit dem Aufbau und der Montage einer technischen Anlage oder eines medizinischen Geräts vergleichbaren Tätigkeit vom betrieblichen Geltungsbereich des VTV ausgenommen (in Abgrenzung zu: LAG Hessen, Urteil vom 13. Dezember 2019 – 10 Sa 1001/18 SK, nach juris).

 

Normenkette

SokaSiG § 7; ZPO § 97 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 29.08.2018; Aktenzeichen 2 Ca 150/18 SK)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 16.11.2022; Aktenzeichen 10 AZR 78/21)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 29. August 2018 – 2 Ca 150/18 SK – wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Beiträge zu den Sozialkassen der Bauwirtschaft.

Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien in der Rechtsform eines Vereins mit eigener Rechtspersönlichkeit kraft staatlicher Verleihung. Er ist tarifvertraglich zum Einzug der Beiträge zu den Sozialkassen der Bauwirtschaft verpflichtet. Er nimmt die Beklagte auf der Grundlage des Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) in der jeweiligen Fassung auf Zahlung von Beiträgen für den Zeitraum Oktober 2015 bis September 2017 in Höhe von zuletzt Euro 45.106,96 für gewerbliche Arbeitnehmer und Angestellte in Anspruch.

Die in A ansässige Beklagte, eine GmbH mit der Firmierung „B“, stellte in den streitgegenständlichen Kalenderjahren - von der Beklagten als „Kühlzellen“ bezeichnete - Kühlräume bei Dritten auf. Der genaue Aufstellungsort der Kühlräume wurde in der Berufungsinstanz streitig. Nach Vortrag der Beklagten wurden diese in landwirtschaftlichen Betrieben wie Spargelhöfen, Obst- und Gemüsehöfen und Biomärkten eingebaut. Zur Erstellung der Kühlräume erfolgte zunächst mit den Kälteanlagenbauern eine exakte Abstimmung. Anschließend erschienen zwei Mitarbeiter der Beklagten am Aufstellort der Kühlräume, die die benötigten und von einer Fremdfirma gelieferten Einzelteile für die Erstellung des Kühlraums entgegennahmen. Bei diesen Einzelteilen handelte es sich insbesondere um Isolierpaneele, sogenannte Sandwichelemente in Standardlänge, eine oder mehrere Türen, Innen- und Außenwinkel in Standardlänge, U-Profile in Standardlänge und weiteres Zubehör wie Silikon und Schrauben. Die Mitarbeiter der Beklagten führten jeweils nur Werkzeuge für den Einbau mit. In Abstimmung mit dem Endkunden wurde dann nochmals der genaue Aufstellort festgelegt. Anschließend passten die Mitarbeiter der Beklagten die U-Profile auf die jeweiligen Gegebenheiten an und brachten diese mit Hilfe von Dichtungsmitteln auf dem Boden auf. Anschließend wurden die Wandpaneele vorbereitet und auf die vorgesehenen Maße zugeschnitten und für die Montage vorbereitet. Dabei wurden die zugeschnittenen Wandpaneele in das vorbereitete U-Profil gestemmt. Anschließend wurde eine Öffnung für die Tür erstellt und die Tür eingebaut. Schließlich wurden die Deckenteile zugeschnitten und anschließend verschraubt, im Anschluss die jeweiligen Winkel zugeschnitten und an die Paneele angebracht. Sodann wurden die Fugen abgedichtet. Erst nach dem Aufstellen der Kühlräume wurde die Kälteanlage bzw. Kältemaschine von einem anderen Unternehmen, hier von den Kälteanlagenbauern, geliefert und von diesen auch montiert. Dabei befestigte der Kälteanlagenbauer die Verdampfer an den Deckenteilen. Die Beklagte war nicht für den Anschluss an Entsorgungs- oder Versorgungsleitungen und insbesondere auch nicht an den Anschluss von Stromleitungen zuständig.

Der Kläger hat seine Klageforderung für den Zeitraum Oktober 2015 bis September 2017 von zunächst Euro 87.456,00 nach schriftsätzlicher Angabe der Bruttolohnsummen durch die Beklagte auf insgesamt Euro 45.106,96 reduziert, wobei Beiträge für gewerbliche Arbeitnehmer in Höhe von Euro 41.365,96 und die Beiträge für Angestellte in Höhe von Euro 3.741,00 berechnet wurden. Hinsichtlich der Beitragsforderung im Einzelnen wird die Berechnung des Klägers im Schriftsatz vom 23. August 2018 (BI. 80 d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, am Sozialkassenverfahren teilzunehmen, denn der Kühlraum selbst sei eine bauliche Anlage.

Der Kläger hat zuletzt unter Klagerücknahme im Übrigen beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn Euro 45.106,96 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, der betriebliche Geltungsbereich des VTV sei nicht eröffnet. Gegenstand ihrer Tätigkeit sei das...

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