Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenerstattungsanspruch
Leitsatz (amtlich)
1. § 12 a Abs. 1, Satz 2 ArbGG schließt jedenfalls außerhalb der durch § 840 Abs. 2, Satz 2 ZPO veranlaßten Streitfälle auch jeden materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruch aus.
2. Selbst bei Zulassung materiellrechtlicher, auf § 826 BGB gestützter Kostenerstattungsansprüche fehlte jedenfalls der Zurechnungszusammenhang zwischen der Einleitung eines Kündigungsschutzverfahrens und dem in Form von Anwaltskosten entstandenen Schaden.
Normenkette
ArbGG § 12a; ZPO §§ 138, 840; BGB §§ 249, 826
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 30.11.1989; Aktenzeichen 13 Ca 164/89) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Frankfurt vom30. November 1989 – Az.: 13 Ca 164/89 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Ansprüche des Klägers auf Erstattung erstinstanzlicher Anwaltskosten aus einem rechtskräftig abgeschlossenen Kündigungsschutzprozeß. Die Beklagte war seit 01.10.1975 beim Kläger als Reinemachefrau in dessen Optikergeschäft und als Haushaltshilfe in seinem Privathaushalt beschäftigt. Am 12.05.1987 kündigte der Kläger das Arbeitsverhältnis fristlos, nachdem in der Handtasche der Beklagten mehrere dem Kläger gehörige und von diesem zuvor fotokopierte und registrierte Geldscheine gefunden worden waren. Die hiergegen erhobene Kündigungsschutzklage der Klägerin hat das Arbeitsgericht mit Urteil vom 18.08.1988 Az.: 13 CA 229/87 – Arbeitsgericht Frankfurt/Main nach Beweisaufnahme abgewiesen. Das Urteil ist rechtskräftig geworden. Im gleichzeitig durchgeführten Strafverfahren ist die Klägerin mit Urteil des Amtsgerichts Frankfurt/Main vom 02.02.1988 wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Die hiergegen eingelegte Berufung der Klägerin hat das Landgericht Frankfurt/Main mit Urteil vom 26.07.1988 verworfen. Sowohl im Verfahren vor dem Arbeitsgericht als auch im Strafverfahren hat die Beklagte den Diebstahlsvorwurf für völlig ungerechtfertigt bezeichnet. Der Kläger begehrt die Erstattung der ihm im Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht entstandenen Anwaltskosten in Höhe von 2.054,28 DM. Er hat vorgetragen, die Beklagte habe schon in der von ihr erhobenen Kündigungsschutzklage bewußt wahrheitswidrig den von ihr begangenen Diebstahl geleugnet, also sich des versuchten Prozeßbetrugs schuldig gemacht. Klageziel sei es von Anfang an gewesen, sich einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Der Kläger hat gemeint, der Ausschluß der Erstattung entstandener Anwaltskosten im arbeitsgerichtlichen Verfahren erster Instanz könne in Fällen dieser Art nur für den prozessualen Kostenerstattungsanspruch gelten. Bestunden dagegen entsprechende Ansprüche aufgrund materiellrechtlicher Vorschriften, sei die im arbeitsgerichtlichen Verfahren obsiegende Partei nicht gehindert, derartige Kosten als Schadensersatz geltend zu machen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.054,28 DM nebst 7,5 % Zinsen seit 14.03.1989 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen, ihre Verurteilung wegen Diebstahls sei zu Unrecht erfolgt und auch das Arbeitsgericht habe den wichtigen Grund für den Ausspruch der fristlosen Kündigung nicht bejahen dürfen. Sie habe daher mit Erhebung der Kündigungsschutzklage – wenn auch erfolglos – berechtigte Interessen verfolgt. Im übrigen, so hat die Beklagte gemeint, gelte der Ausschluß von Ansprüchen auf Erstattung außergerichtlicher Kosten im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Arbeitsgericht auch für materiellrechtliche Ansprüche.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat offen gelassen, ob die Geltendmachung auch materiellrechtlicher Kostenerstattungsansprüche durch § 12 a Abs. 1 Satz 1 ArbGG generell ausgeschlossen wird und gemeint, jedenfalls seien solche materiellrechtlichen Ansprüche vorliegend nicht zu erkennen. Zum einen nämlich rechtfertige auch der begangene Diebstahl eines Arbeitnehmers nicht bereits als solcher die fristlose Kündigung, zum anderen erfasse der Diebstahlsvorsatz nicht den Schadenseintritt in Form der Entstehung von Anwaltskosten. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
Gegen dieses ihm am 21.03.1990 zugestellte Urteil richtet sich die am 23.04.1990 eingelegte und am 22.05.1990 begründete Berufung des Klägers.
Unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens trägt der Kläger vor, die Beklagte habe durch Erhebung der Kündigungsschutzklage bewußt versucht, die Beweisschwierigkeiten des Klägers auszunutzen, um trotz begangenen Diebstahls und wirksamer fristloser Kündigung Vermögensvorteile zu erlangen. Insoweit dürfe nicht abstrakt auf die nur generelle Eignung der Diebstahlshandlung als hinreichenden Grund für eine fristlose Kündigung abgestellt werden, vielmehr sei entscheidend, daß im vorliegenden Verfahren be...