Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Zusatzurlaub für Bereitschaftsdienste während der Nachtzeit. TV-Ärzte Hessen = Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an den Hessischen Universitätskliniken. TV-Ärzte/Hessen

 

Leitsatz (amtlich)

Nach § 22 Abs 6 TV-Ärzte Hessen besteht ein Anspruch auf Zusatzurlaub für in Nachtarbeit außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit geleistete Bereitschaftsdienste (im Anschluss an Hessisches LArbG vom 7. Mai 2009 – 9/11 Sa 2240/08).

 

Normenkette

TVG § 1; ArbZG § 6 Abs. 5; TV-Ärzte HE § 22 Abs. 6

 

Verfahrensgang

ArbG Gießen (Urteil vom 17.10.2008; Aktenzeichen 4 Ca 179/08)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 23.03.2011; Aktenzeichen 10 AZR 662/09)

BAG (Aktenzeichen 9 AZR 662/09)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 17. Oktober 2008 – 4 Ca 179/08 – abgeändert.

Das beklagte Land wird verurteilt, dem Kläger vier Tage Zusatzurlaub für das Kalenderjahr 2007 zu gewähren.

Das beklagte Land hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger ein Anspruch auf Zusatzurlaub für Bereitschaftsdienste während der Nachtzeit gegen das beklagte Land zusteht.

Der am 24. März 1977 geborene Kläger arbeitet bei dem beklagten Land im Universitätsklinikum A als Assistenzarzt zur Erlangung des Facharztes für Radiologie in der Klinik für Strahlendiagnostik. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an den Hessischen Universitätskliniken (TV-Ärzte/Hessen) (im Folgenden: TV-Ärzte/Hessen) Anwendung. Wegen des weiteren Inhalts des Arbeitsvertrags wird auf die Kopien Bl. 15-17 d. A. Bezug genommen. Am 17. Juli 2007 schlossen die Parteien eine Nebenabrede zum Arbeitsvertrag, wegen deren Inhalts auf die Kopie Bl. 18 d. A. verwiesen wird.

Der Kläger leistete weder Wechselschicht noch sonstige Schichtarbeit. Er ist jedoch verpflichtet, Bereitschaftsdienste am Abend und in der Nacht abzuleisten. Die regelmäßige dienstplanmäßige Arbeitszeit des Klägers ist montags bis donnerstags von 7.30 Uhr bis 16.30 Uhr bzw. freitags von 7.30 Uhr bis 16.00 Uhr. An diese Arbeitszeiten schließen sich regelmäßig Bereitschaftsdienstzeit an, die bis 7.30 Uhr am darauffolgenden Morgen dauern.

§ 22 Abs. 2 TV-Ärzte/Hessen regelt, dass Ärztinnen und Ärzte, die ständig Wechselschichtarbeit nach § 6 Abs. 1 oder ständige Schichtarbeit nach § 6 Abs. 2 des Tarifvertrages leisten, Zusatzurlaub erhalten. In § 22 Abs. 6 TV-Ärzte/Hessen ist weiter festgehalten:

Ärztinnen und Ärzte erhalten Zusatzurlaub im Kalenderjahr bei einer Leistung im Kalenderjahr von mindestens

150 Nachtarbeitsstunden

1 Arbeitstag

300 Nachtarbeitsstunden

2 Arbeitstage

450 Nachtarbeitsstunden

3 Arbeitstage

600 Nachtarbeitsstunden

4 Arbeitstage.

Bei Teilzeitbeschäftigten ist die Zahl der in Satz 1 geforderten Nachtarbeitsstunden entsprechend dem Verhältnis der vereinbarten durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit zur regelmäßigen Arbeitszeit von entsprechenden Vollzeitbeschäftigten zu kürzen. Nachtarbeitsstunden, die in Zeiträumen geleistet werden, für die Zusatzurlaub für Wechselschicht- oder Schichtarbeit zusteht, bleiben unberücksichtigt. Absatz 4 und Absatz 5 finden Anwendung.

Protokollnotiz zu § 22 Absatz 6 :

Der Anspruch auf Zusatzurlaub bemisst sich nach den abgeleisteten Nachtarbeitsstunden und entsteht im laufenden Jahr, sobald die Voraussetzungen nach Absatz 6 Satz 1 erfüllt sind.

§ 6 Abs. 6 TV-Ärzte/Hessen bestimmt, dass sich die Nachtarbeit zwischen 21.00 Uhr und 6.00 Uhr morgens erstreckt. § 30 TV-Ärzte/Hessen enthält folgende Ausschlussfristenregelung:

Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von den Ärztinnen und Ärzten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. Für denselben Sachverhalt reicht die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällige Leistungen aus.

Der Kläger leistete im Jahr 2007 jedenfalls in der Zeit von 21.00 Uhr bis 6.00 Uhr an 82 Tagen Bereitschaftsdienst. Wegen der Aufteilung dieser Dienste auf die einzelnen Kalendermonate und der von ihm in dieser Zeit erbrachten Arbeitsleistungen wird auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 22. August 2008 nebst den Arbeitszeitaufzeichnungen und den Dienstpläne Bezug genommen (Bl. 46-51, 52-87, 89-102 d. A.). Mit Schreiben vom 18. Juni 2007, wegen dessen Inhalts auf Bl. 20 d. A. verwiesen wird, beantragte er im Hinblick auf die von ihm geleistete Nachtarbeit den tariflichen Zusatzurlaub. Die Universitätsklinikum A und B GmbH lehnte mit Schreiben vom 21. Juli 2007 den beantragten Zusatzurlaub ab.

Der Kläger hat mit seiner dem beklagten Land am 19. Juni 2008 zugestellten Klage 4 Tage Zusatzurlaub nach dem TV-Ärzte/Hessen begehrt. Er hat die Ansicht vertreten, ihm habe dieser Zusatzurlaub für das Jahr 2007 aufgrund der in diesem Kalenderjahr geleisteten Bereitschaftsdienste während der Nachtzeit zugestanden, welcher ihm von dem beklagten Land verwehrt wo...

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