Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Darlegung dringender betrieblicher Erfordernisse zur Begründung einer betriebsbedingten Kündigung
Leitsatz (redaktionell)
Der Arbeitgeber hat zur Begründung einer betriebsbedingten Kündigung darzulegen, dass im Zeitpunkt der Kündigung die Prognose gerechtfertigt war, dass die bisherigen Arbeitsaufgaben des Arbeitnehmers entweder vollständig entfallen oder dass die weiter anfallenden Arbeitsaufgaben vom verbleibenden Personal im Rahmen regulärer zeitlicher Verpflichtungen erledigt werden können. Dies setzt zunächst hinreichenden Vortrag zu den bisherigen Tätigkeiten des Arbeitnehmers voraus.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2 S. 1; ArbGG § 67 Abs. 1, § 61a; ZPO § 296 Abs. 2, § 282 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 26.10.2017; Aktenzeichen 13 Ca 1201/17) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 26. Oktober 2017 – 13 Ca 1201/17 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung sowie um die Weiterbeschäftigung des Klägers während der Dauer des Kündigungsschutzverfahrens.
Die Beklagte betreibt in Frankfurt a.M. eine Werbeagentur, mit den Abteilungen Kundenberatung, Kreation, Creative Planung, Integrated Production und AVID Studio. Bei ihr ist ein Betriebsrat gebildet und es sind im Januar 2017 etwa 100 Arbeitnehmer beschäftigt gewesen.
Der am XX.XX.1962 geborene Kläger ist verheiratet und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Er hat einen Universitätsabschluss als Diplom Kaufmann und nach seinem Studium nicht bzw. nur wenige Monate im kaufmännischen Bereich gearbeitet. Er ist bei der Beklagten seit November 1995 als Arbeitnehmer in der Marktforschung tätig, zuletzt als deren Leiter und einziger Mitarbeiter mit einer monatlichen Bruttovergütung von 6.153,00 Euro. Soweit bei der Beklagten bislang Marktforschungsaufgaben fremd vergeben worden sind, hat der Kläger dazu die Beauftragungsarbeiten und Ergebnisverwertung übernommen.
Er ist bei den Betriebsratswahlen 2018 zum stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden gewählt worden.
Mit Schreiben vom 20. Januar 2017, zugegangen am selben Tag, hat die Beklagte den im Betrieb in Frankfurt a.M. gebildeten Betriebsrat zu einer von ihr beabsichtigten betriebsbedingten Kündigung des Klägers angehört, wegen der Einzelheiten des Schreibens wird auf die Anlage B1, Bl. 23 - 25 d. A. Bezug genommen. Mit Schreiben vom 30. Januar 2017 hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis gegenüber dem Kläger ordentlich zum 30. September 2017 gekündigt (insoweit wird auf Anlage K1, Bl. 9 d. A. verwiesen).
Zu diesem Zeitpunkt waren bei der Beklagten anderweitige freie Arbeitsplätze, für die der Kläger geeignet wäre, nicht vorhanden.
Mit seiner beim Arbeitsgericht am 13. Februar 2017 eingegangenen und der Beklagten am 27. Februar 2017 zugestellten Klageschrift wendet sich der Kläger gegen die Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung und begehrt hilfsweise seine Weiterbeschäftigung für die Dauer des Kündigungsschutzverfahrens.
Er hat die Kündigung für sozial nicht gerechtfertigt gehalten und die Auffassung vertreten, der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden. Denn diesem sei mitgeteilt worden, dass die Marktforschungsaufgaben ausgelagert würden, obwohl diese nicht vollständig, sondern nur dann ausgelagert würden, wenn bei besonderen Auslastungslagen innerhalb der Beklagten diese Aufgaben nicht von der Beklagten selbst erledigt werden könnten. Aber auch bei Umsetzung der von der Beklagten behaupteten unternehmerischen Entscheidung entfalle die Tätigkeit des Klägers nicht vollständig, insbesondere nicht seine Aufgaben, die nicht zur Marktforschung gehören würden. Zudem entstünden durch die behauptete „bedarfsorientierte Auslagerung“ in erheblichem Umfang zusätzliche Aufgaben, die - soweit in der Vergangenheit bereits eine Fremdvergabe stattgefunden habe - in sein Aufgabengebiet fielen und die er weiterhin ausüben könne. Bereits bisher sei seine Tätigkeit gegenüber Kunden abgerechnet worden. Auch würden andere Mitarbeiter dauerhaft Überstunden leisten, nämlich 46 statt regulär 39 Std./Woche, so dass sie diese Aufgaben nicht übernehmen könnten. Auch das eigene Teststudio der Beklagten in ihren Räumlichkeiten würde fortbestehen.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 30. Januar 2017 beendet wird;
2. hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihn bis zum rechtkräftigen Abschluss dieses Kündigungsschutzverfahrens als „Leiter Marktforschung“ weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Kündigung für wirksam gehalten und gemeint, sie sei durch dringende betriebliche Gründe gerechtfertigt. S...