Entscheidungsstichwort (Thema)

Erholungsurlaub. Untergang des Anspruchs

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auch im Geltungsbereich des Manteltarifvertrages für den Hessischen Einzelhandel vom 16. Januar 1981 (MTV-Einzelhandel/Hessen) geht der Anspruch des Arbeitnehmers auf Gewährung von Erholungsurlaub gem. § 7 Abs. 3 BUrlG spätestens mit dem 31. März des Folgejahres durch Zeitablauf unter.

2. Im Geltungsbereich des MTV-Einzelhandel/Hessen ist eine Abgeltung von Erholungsurlaub im bestehenden Arbeitsverhältnis nicht vorgesehen.

 

Normenkette

BUrlG §§ 1-3, 7 Abs. 3-4

 

Verfahrensgang

ArbG Darmstadt (Urteil vom 08.01.1986; Aktenzeichen 4 Ca 207/85)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Anschlußberufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt – 4 Ca 207/85 – vom 8. Januar 1986 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kostend es Rechtsstreites.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen Anspruch des Klägers auf Gewährung von bezahltem Erholungsurlaub von 35 Werktagen für das Jahr 1983.

Der am 17. Dezember 1932 geborene Kläger ist seit dem 1. April 1971 als Verkäufer bei der Beklagten in deren Niederlassung D. beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis richtet sich kraft beiderseitiger Zugehörigkeit zu den tarifvertragschließenden Parteien nach dem Manteltarifvertrag für den Hessischen Einzelhandel (MTV-Einzelhandel/Hessen) in der jeweils gültigen Fassung. Die vertragliche Vergütung betrug im Jahre 1983 2.500,– DM brutto im Monat, bei einer regelmässigen Arbeitszeit von 40 Wochenstunden. In der Zeit vom 4. Juni 1983 bis zum 15. August 1984 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Den tariflichen Erholungsurlaub von 35 Werktagen für das Jahr 1983 konnte er zuvor nicht nehmen. Nach seiner Genesung lehnte die Beklagte die noch im August 1984 beantragte Gewährung dieses Urlaubs im März 1985 endgültig ab. Der Kläger bezifferte den Urlaubsentgeltanspruch für den Erholungsurlaub 1983 mit 3.468,– DM brutto. Er hat vorgetragen:

Gemäß § 12 Nr. 9 MTV sei eine Übertragung des Urlaubs in das folgende Urlaubsjahr aus persönlichen, im vorliegenden Fall krankheitsbedingten, Gründen möglich. Er hätte diesen Erholungsurlaub im Jahre 1984 noch in voller Höhe nehmen können, wenn die Beklagte den Urlaub genehmigt hätte. Er sei um seinen Urlaubsanspruch in natura betrogen worden, so daß ihm als Surrogat entgangenen Urlaubsgenusses nur der Urlaubsabgeltungsanspruch bleibe. Urlaubsansprüche seien Lohnbestandteile. Zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit werde statt an sich notwendiger höherer Lohnabschlüsse bei den Tarifverhandlungen regelmässig mehr Jahresurlaub vereinbart.

Er hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.468,– DM brutto nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 7. Mai 1985 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen:

Der Anspruch auf Erholungsurlaub bestehe nach der Entscheidung des Sechsten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 13. Mai 1982 nur während des jeweiligen Urlaubsjahres und bei Vorliegen der Merkmale des § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG bis zum Ende des jeweiligen Übertragungszeitraums am 31. März des Folgejahres. Solches habe auch dann zu gelten, wenn ein Arbeitnehmer infolge langandauernder Krankheit gehindert gewesen sei, seinen Urlaub vor Ablauf des Übertragungszeitraums zu nehmen. Da der Urlaubsanspruch nicht bestanden habe, sei auch keine Abgeltung vorzunehmen. Auch nach § 12 Nr. 9 MTV-Einzelhandel/Hessen solle bei einer ausnahmsweise Übertragung der Urlaub bis zum 31. März des Folgejahres gewährt sein.

Das Arbeitsgericht Darmstadt hat mit der Beklagten am 22. Mai 1986 zugestellten Urteil vom 8. Januar 1986 die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Zu Tatbestand und Entscheidungsgründen dieses Urteils im einzelnen wird auf Bl. 35 und 36 d.A. Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte am 18. Juni 1986 Berufung eingelegt und nach rechtzeitiger Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 18. August 1986 mit am 15. August 1986 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

Sie trägt vor:

Dem Kläger stehe ein Urlaubsabgeltungsanspruch für das Jahr 1983 in Höhe von 3.468,– DM nicht zu. Er sei infolge Krankheit vom 4. Juni 1983 bis 15. August 1984 gehindert gewesen, seinen Urlaub vor Ablauf des Urlaubsjahres 1983 bzw. des ihm zugestandenen Übertragungszeitraumes bis zum 31. März 1984 zu nehmen. Das Bundesarbeitsgericht habe in der Entscheidung vom 13. Mai 1982 gefordert, die tarifvertragliche Regelung müsse Bestimmungen enthalten, daß der Urlaub über den Übertragungszeitraum hinaus erhalten bleibe, sollte der Arbeitnehmer an einer Inanspruchnahme gehindert sein. Eine solche Regelung enthalte der MTV für den Hessischen Einzelhandel nicht. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts müsse erkrankten Arbeitnehmern auch kein gesteigertes Erholungsbedürfnis zugebilligt werden, um den allgemeinen Gesundheitszustand zu verbessern. Es würde eine Übersteigung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers bedeuten, würde man dem Arbeitnehmer noch einen d...

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