Entscheidungsstichwort (Thema)

Geltungsbereich der Land- und Forstwirtschaftstarifverträge

 

Leitsatz (amtlich)

Eine von mehreren Landwirten in der Form einer Genossenschaft unterhaltene Brennerei unterfällt nicht dem fachlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages über eine Zusatzversorgung der Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft.

 

Normenkette

TVG Tarifverträge: Land- und Forstwirtschaft § 1; ZVL-TV § 1 Nr. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Kassel (Urteil vom 01.07.1993; Aktenzeichen 1 Ca 264/93)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 25.04.1995; Aktenzeichen 3 AZR 528/94)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 1. Juli 1993 – 1 Ca 264/93 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die vom Kläger begehrte Beihilfe nach dem Tarifvertrag über eine Zusatzversorgung der Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft (ZVL-TV).

Der am 08.08.1925 geborene Kläger war vom 14.08.1947 bis 30.06.1975 zunächst als Praktikant, dann als Brennmeister der Gutsbrennerei und ab 01.10.1972 als Sudmeister bei der … Gutsverwaltung und Schloßbrennerei in vom 01.09.1975 bis 31.05.1984 und wieder vom 01.09.1984 bis 31.08.1988 bei der Brennereigenossenschaft bei beschäftigt. Die letztgenannte Brennerei wird von mehreren Landwirten in Form einer Genossenschaft zur Verwertung der von den Mitgliedern angelieferten Kartoffeln und sonstiger zum Abbrennen in den landwirtschaftlichen Brennereien jeweils zugelassener Rohstoffe sowie Zurückgabe der anfallenden Schlempe betrieben.

Der Beklagten obliegt nach § 2 des Gesetzes über die Errichtung einer Zusatzversorgungskasse für Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft vom 31.07.1974 die Zahlung von Ausgleichsleistungen an Arbeitnehmer der Land- und Forstwirtschaft. Außerdem führt sie die Aufgaben des durch Tarifvertrag vom 20.11.1973 gegründeten Zusatzversorgungswerkes für Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft durch. Nach dem ZVL-TV werden nach näherer tariflicher Maßgabe an Arbeitnehmer Beihilfen u.a. zum Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt.

Auf entsprechenden Antrag des Klägers vom 20.07.1990 teilte die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Niederbayern/Oberfranken, der die Auszahlung von Beihilfen nach dem ZVL-TV obliegt, dem Kläger mit Schreiben vom 31.07.1990 (Bl. 9/10 d. A.) mit, daß die Voraussetzungen einer tarifvertraglichen Beihilfe erfüllt seien und der Kläger ab 01.09.1988, dem Beginn des Bezugs von Altersruhegeld, eine monatliche Beihilfe in Höhe von 37,50 DM erhalte. Mit Schreiben vom 24.06.1992 (Bl. 12/13 d. A.) unterrichtete die Berufsgenossenschaft den Kläger davon, daß die Beschäftigungszeit bei der Brennereigenossenschaft … nicht in die tariflich vorgesehene Wartezeit als Voraussetzung des Beihilfeanspruchs eingerechnet werden könne und daher die Zahlung der Beihilfe mit Ablauf des 30.06.1991 eingestellt werde.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger weitere Zahlung der Beihilfe.

Er hat die Auffassung vertreten, die Beklagte schulde ihm die Beihilfe, da die Wartezeit von 180 Kalendermonaten erfüllt sei. Bei der Genossenschaftsbrennerei, in der er gearbeitet habe, handele es sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des ZVL-TV. Hierfür reiche es aus, daß die vom Betrieb überwiegend wahrgenommene Tätigkeit im Zusammenhang mit der Bodennutzung stehe und diese ermögliche. Das sei bei der Genossenschaftsbrennerei der Fall gewesen und der Fall. Entsprechend schulde die Beklagte für 18 Monate die Zahlung von 37,50 DM sowie die künftige Zahlung dieses monatlichen Betrages.

Der Kläger hat beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 675/00 DM nebst 4 % Zinsen seit Klageerhebung zu zahlen;
  2. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 37,50 DM pro Monat – zahlbar jeweils nach dem 30.06. eines Jahres –, nebst 4 % Zinsen seit dem 01.01.1993 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, es handele sich bei der Genossenschaftsbrennerei mangels Bodenbewirtschaftung nicht um einen landwirtschaftlichen, sondern um einen gewerblichen Betrieb.

Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 01.07.1993 abgewiesen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 19–24 d. A.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 07.02.1994 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.

Er wiederholt und vertieft sein Vorbringen, wonach es sich bei der Genossenschaftsbrennerei um einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne der einschlägigen tariflichen Bestimmungen gehandelt habe.

Der Kläger beantragt,

  1. das Endurteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 01. Juli 1993 wird aufgehoben;
  2. die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 675,– DM nebst 4 % Zinsen seit Klageerhebung zu bezahlen;
  3. die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger 37,50 DM pro Monat – zahlbar jeweils nach dem 30.06. eines Jahres...

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