Entscheidungsstichwort (Thema)

Außerordentliche, verhaltensbedingte Kündigung. Mangelhafte Wartung von Feuerlöschern trotz Abmahnung. Betriebsratsanhörung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Sinn des § 102 BetrVG ist es, den Betriebsrat zu befähigen, zum Zwecke des kollektiven Interessenschutzes der Arbeitnehmer des Betriebes sein Anhörungsrecht wahrzunehmen, nicht aber, dem Kündigungsrecht des Arbeitgebers möglichst viele bürokratische Hemmnisse in den Weg zu legen.

2. In diesem Zusammenhang braucht der Arbeitgeber zu den Kündigungsgründen dem Betriebsrat keine Tatsachen mitzuteilen, deren Kenntnis für die verständige Beurteilung der beabsichtigten Kündigung unerheblich ist.

 

Normenkette

BGB § 626; KSchG § 13 Abs. 1 S. 2, Abs. 4 S. 1; BetrVG § 102

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 01.02.1995; Aktenzeichen 14 Ca 1732/94)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird dasUrteil des Arbeitsgerichts in Frankfurt am Main vom 1. Februar 1995 – 14 Ca 1732/94 – abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten zu tragen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer fristlosen, hilfsweisen ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger durch die Beklagte.

Der am 11. Januar 1951 geborene Kläger ist ledig und hat keine unterhaltsberechtigten Kinder. Seit dem 01. Oktober 1990 war er bei einem Unternehmen H. J. in V. als Instandhalter für Feuerlöscher beschäftigt und, nachdem die Beklagte den Betrieb dieses Unternehmens zum 01. Juni 1992 übernommen hatte, aufgrund des Arbeitsvertrags vom 22. Mai 1992 (Bl. 9 u. 10 d.A.) seit dem in derselben Funktion in der Niederlassung Frankfurt am Main der Beklagten. Diese beschäftigt etwa 200 Arbeitnehmer, davon etwa 7 im Bereich der Wartung von Feuerlöschern. Die monatliche Vergütung des Klägers betrug zuletzt im Durchschnitt DM 4.717,00 brutto. Unter dem 12. Januar 1994 – bei dem in dem Schreiben genannten Datum 12. Januar 1993 handelt es sich um ein Versehen – erteilte die Beklagte dem Kläger eine Abmahnung, weil bei einem Löscheinsatz der Orts-Feuerwehren B. und N. der Stadt E. von dem Kläger zuvor gewartete Feuerlöscher nicht funktioniert hatten (Bl. 14 d.A.). Ab dem 17. Januar 1994 war der Kläger beauftragt, in einem Gebäude der H. L. in F. die Feuerlöscher zu warten. Zuvor führte der Vorgesetzte A ein Gespräch mit dem Kläger über diesen Auftrag. A. traf den Kläger am 31. Januar 1994 trotz Arbeitsbeginns um 7.30 Uhr um 8.00 Uhr vor dem Gebäude in seinem Fahrzeug sitzend an. Daraufhin ordnete die Beklagte eine strichprobenartige Überprüfung der von dem Kläger geleisteten Arbeit an, die durch die Mitarbeiter B. und K. ausgeführt wurde und ergab, daß der Kläger 280 Feuerlöscher mit einer Prüfplakette versehen hatte. Das weitere Ergebnis der Überprüfung ist ebenso wie die Einlassung des Klägers in dem darauf mit ihm am 03. Februar 1994 geführten Gespräch streitig. Mit Schreiben vom 03. Februar 1994 beantragte die Beklagte die Zustimmung des bei ihr gewählten Betriebsrats zu einer fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger (Bl. 12 d.A.). Der Betriebsrat stimmte der beabsichtigten Kündigung mit Schreiben vom 04. Februar 1994 zu (Bl. 13 d.A.). Die Beklagte kündigte dem Kläger daraufhin mit Schreiben vom 04. Februar 1994, dem Kläger durch Boten an demselben Tag überbracht, fristlos, vorsorglich ordentlich zum 31. März 1994 (Bl. 11 d.A.). Die gesamte Prüfung bei der H. L. wurde, soweit sie die Arbeit des Klägers betraf, von der Beklagten in 2 1/2 Wochen wiederholt.

Der Kläger hat die Kündigung als außerordentliche mangels wichtigen Grundes und als ordentliche wegen fehlender sozialer Rechtfertigung für unwirksam gehalten. Zudem hat er behauptet, der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden. Der Kläger hat mit der am 24. Februar 1994 bei dem Arbeitsgericht in Frankfurt am Main eingereichten und der Beklagten am 24. April 1994 zugestellten Klage beantragt,

  1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung vom 04. Februar 1994 nicht beendet worden ist;
  2. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unveränderten Bedingungen als Instandhalter bis zum rechtskräftigen Abschluß des Beendigungsrechtsstreits weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat um Abweisung der Klage gebeten. Sie hat behauptet, die Prüfer B. und K. hätten bei der stichprobenartigen Überprüfung festgestellt, daß eine Reihe der von dem Kläger als gewartet gekennzeichneten Feuerlöscher nicht oder nicht fachgerecht bearbeitet wurden und infolgedessen teilweise funktionsuntüchtig gewesen seien (im einzelnen Prüfprotokoll vom 02. Februar 1994 der Zeugen B. und K. Bl. 21 d.A.). Am 03. Februar 1994 sei dem Kläger das Ergebis der Stichproben mitgeteilt worden. Der Betriebsrat sei ordnungsgemäß gehört worden. Am 11. Januar 1994 habe in der Angelegenheit Feuerwehr E. ein eingehendes Gespräch zwischen dem Vorgesetzten A. dem Kläger und dem Betriebsratsvorsitzenden S. stattgefunden, am 03. Februar 1994 vor der Übermittlung des Zustimmungsantrags zwischen dem Pers...

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