keine Angaben zur Rechtskraft
Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz. Arbeitnehmer. Umfang
Leitsatz (amtlich)
1. Veranlasst ein Arbeitnehmer (hier: Personalleiter) durch beleidigende und mit Nötigungsabsicht erfolgte Telefonanrufe einen anderen Arbeitnehmer, sein Arbeitsverhältnis zu kündigen, so haftet er diesem gegenüber nach allgemeinen Vorschriften (§§ 823, 249, 252 BGB).
2. In diesem Fall ist eine Haftung hinsichtlich der entgangenen Vergütung nicht wegen § 628 Abs. 2 BGB auf die Zeit bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist beschränkt. Diese Haftungsbeschränkung gilt nur im Verhältnis der Arbeitsvertragsparteien selbst.
3. Dies gilt auch dann, wenn – wie im vorliegenden Fall – der Arbeitgeber in einem früheren Verfahren lediglich zur Zahlung einer Entschädigung für den verloren gegangenen Bestandsschutz verurteilt wurde und die weiter gehenden Ansprüche des Arbeitnehmers ihm gegenüber rechtskräftig abgewiesen wurden.
Normenkette
BGB §§ 249, 252, 628 Abs. 2; BGB 823
Verfahrensgang
ArbG Darmstadt (Urteil vom 16.02.2005; Aktenzeichen 9 Ca 340/04) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt – 9 Ca 340/04 – vom 16. Februar 2005 abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.530,71 EUR (in Worten: Zehntausendfünfhundertdreißig und 71/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. September 2004 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche.
Der 53-jährige Kläger und der Beklagte waren Arbeitnehmer einer Firma A, deren Inhaber Herr B war. Der Kläger war gemäß Anstellungsvertrag vom 02. Dezember 1997 (Bl. 15 f d.A.) seit diesem Termin kaufmännischer Leiter dieses Unternehmens. Am 27. August 2001 wurde der Kläger im Außenlager des Unternehmens von dem ebenfalls dort beschäftigten Arbeitnehmer C tätlich angegriffen und verletzt. Herr C wurde wegen dieser Tat sowohl strafrechtlich als auch zur Zahlung eines Schmerzensgeldes an den Kläger verurteilt.
Wegen der erlittenen Verletzungen war der Kläger bis zum 07. September 2001 arbeitsunfähig krankgeschrieben.
Während dieser Zeit wurde der Kläger mehrfach vom Beklagten, der im Unternehmen des Herrn B für Personalangelegenheiten zuständig war, angerufen. Der Beklagte hinterließ auf dem Anrufbeantworter des Klägers Äußerungen, die den Kläger dazu veranlassten, mit Schreiben vom 30. August 2001 (Bl. 58 d.A.) das Arbeitsverhältnis zum 30. September 2001 zu kündigen. So bezeichnete er ihn dabei z.B. als „Schauspieler”, „Simulanten”, „Weib”, „Hure”, „Drecksack” und „Arsch” und kündigte ihm an, er „kriege so auf den Sack”, wenn er nicht „das Ding zurück” ziehe. Auch ein Verfahren gegen die den Kläger behandelnde Ärztin wurde angekündigt.
Durch Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 07. August 2003 – Az. 3 (9) Ca 6131/02 – wurde Herr B als Arbeitgeber des Klägers zur Zahlung von 5.000,00 EUR als angemessene Abfindung gemäß § 628 Abs. 2 BGB verurteilt. Soweit der Kläger weiter Schadensersatzansprüche geltend gemacht hatte, wurde die Klage abgewiesen, da er mit ordentlicher Kündigungsfrist gekündigt hatte und die Norm keinen weiteren Verdienstausfallschaden abdecke. Die Berufung des Herrn B gegen dieses Urteil wurde vom Landesarbeitsgericht Köln durch Urteil vom 09. Juni 2004 – 7 Sa 1291/03 – zurückgewiesen. Beide Urteile hat der Kläger in Fotokopie zu den Akten gereicht. Auf Bl. 20 – 39 sowie Bl. 40 – 57 d.A. wird insofern verwiesen.
Der Kläger macht nunmehr den weiteren ihm durch die in Folge der Anrufe des Beklagten ausgesprochene Kündigung entstandenen Verdienstausfall gegenüber dem Beklagten geltend. Auf die Vergütung, die er im Falle des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses mit Herrn B hätte beanspruchen können, rechnet er das erhaltene Arbeitslosengeld und die von Herrn B zu zahlende Entschädigung an. Wegen der Berechnung im Einzelnen wird auf S. 7 der Klageschrift Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil vom 16. Februar 2005, wegen dessen Inhalt auf Bl. 84 – 92 d.A. Bezug genommen wird, richtet sich die Berufung des Klägers.
Der Kläger ist der Auffassung, der Beklagte sei als Schädiger gem. §§ 823, 826 BGB zu Schadensersatz verpflichtet. Hierzu gehöre gem. § 252 BGB auch der entgangene Verdienst. Auf die zu Gunsten des Arbeitgebers eingreifende Sperrwirkung des § 628 Abs. 2 BGB könne sich der Beklagte nicht berufen, da diese Vorschrift nur das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien des Arbeitsverhältnisses betreffe, nicht aber schuldhaftes Verhalten Dritter.
Der Kläger beantragt
das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt – 9 Ca 340/04 – vom 16. Februar 2005 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 10.530,71 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. September 2004 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt
die Berufung zurückz...