Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Urteil vom 19.07.1995; Aktenzeichen 3 Ca 92/95)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 19.7.1995 – Az. 3 Ca 92/95 – unter Zurückweisung der Berufung im übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 2.973,69 brutto nebst 4 % Zinsen aus dem Nettobetrag seit dem 3.2.1995 zu zahlen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits – einschließlich des Revisionsverfahrens – hat der Kläger 1/3, die Beklagte 2/3 zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Urlaubsabgeltungsansprüche für das Jahr 1994.

Der Kläger war bei der beklagten Stadt als Sachbearbeiter beschäftigt. Nach einem ärztlichen Attest vom 29. März 1994 war der Kläger nicht in der Lage, „die Arbeit des bisherigen Arbeitsplatzes auszuüben”. Auf seine Veranlassung schlossen die Parteien am 09. August 1994 einen Auflösungsvertrag verbunden mit der Verpflichtung zur Zahlung einer Abfindung von DM 6.000,00. Mit Schreiben vom 07.10.1994 forderte der Kläger die Beklagte vergeblich zur Urlaubsabgeltung auf.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird im Übrigen auf den Tatbestand des Urteils vom 30.09.1996 Bezug genommen.

Nachdem das Bundesarbeitsgericht aufgrund der zugelassenen Revision mit Urteil vom 20.01.1998 – Az.: 9 AZR 812/96 – das Urteil der Kammer vom 30.09.1996 aufgehoben und die Klage in Höhe von DM 1.585,92 abgewiesen hat, ist zwischen den Parteien nur noch streitig, ob die Beklagte den gesetzlichen Urlaubsanspruch des Klägers im Hinblick auf die einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.08.1994 abzugelten hat bzw. dem Kläger entsprechenden Schadenersatz schuldet.

Die Beklagte vertritt weiterhin die Auffassung, der Kläger sei nach seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis bis in den Übertragungszeitraum des Folgejahres nicht mehr arbeitsfähig geworden. Deshalb könne er auch nicht die Abgeltung seines anteiligen gesetzlichen Urlaubsanspruchs verlangen.

Sie beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 19.07.1995 – Az.: 3 Ca 92/95 – abzuändern und die Klage auch in Höhe von DM 2.973,68 abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die kostenpflichtige Zurückweisung der Berufung.

Er behauptet weiterhin, nachdem er dem krankheitsauslösenden Mobbing bei der Beklagten nicht weiter ausgesetzt gewesen sei, sei er seit dem 19. September 1994 wieder arbeitsfähig.

Das Gericht hat zur Frage der vollen Arbeitsfähigkeit des Klägers nach dem 19.09.1994 Beweis erhoben durch Vernehmung des sachverständigen Zeugen Dr. Stirn. Auf dessen schriftliche, den Parteien bekannte Beantwortung der Beweisfrage (Bl. 111 d.A.) sowie das Einverständnis der Parteien, diese im Rahmen des § 377 Abs. 3 ZPO auch ohne vorangegangenen Anordnungsbeschluss zu verwerten (Bl. 122 d.A.) wird Bezug genommen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf das gesamte Vorbringen der Parteien nebst der zu den Akten gereichten Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist insoweit unbegründet, als die Beklagte auch die Abweisung der Klage in Höhe von DM 2.973,68 brutto begehrt. In dieser nur noch zur Entscheidung anstehenden Höhe ist die Klage begründet, da die Beklagte dem Kläger unter dem Gesichtspunkt des Schadenersatzes Geldersatz für zu Unrecht nicht abgegoltene 15 Urlaubstage schuldet.

1.

Die Kammer folgt der ständigen Rechtsprechung des BAG, wonach ein Urlaubsabgeltungsanspruch nur erfüllt werden kann, wenn der Arbeitnehmer bei Fortdauer seines Arbeitsverhältnisses jedenfalls für die Dauer seines Urlaubs seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung hätte erbringen können (vgl. statt vieler: BAG, Urteil vom 08. Februar 1984. AP Nr. 17 zu § 47 BAT m.w.N.). Demnach setzt die Erfüllbarkeit des den Urlaubsanspruch ersetzenden Abgeltungsanspruchs die Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers voraus. Wer arbeitsunfähig krank ist, kann durch Urlaubserteilung von seiner Arbeitspflicht nicht mehr befreit werden.

Zur Überzeugung der Kammer steht aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme fest, dass der Kläger ab dem 19.09.1994 wieder uneingeschränkt arbeitsfähig war.

Der sachverständige Zeuge … hat in seiner gem. § 377 Abs. 3 ZPO erfolgten schriftlichen Beantwortung der Beweisfrage medizinisch fundiert und überzeugend dargelegt, dass es bei dem Kläger seit Januar 1994 wegen eines ausgeprägten Erschöpfungs-Syndroms zu einer Verschlechterung der bestehenden asthmoiden Bronchitis gekommen sei. Hinzugetreten sei eine am 11.08.1998 durchgeführte Hämorrhoidenoperation, der Schmerzen und eine langsame Wundheilung gefolgt seien. Weiterhin führt der sachverständige Zeuge auf, dass sich die Symptome, die ursprünglich zu einer Verschlechterung der asthmoiden Bronchitis geführt hätten, seit September 1994 gebessert hätten mit der Folge, dass der Lungenbefund unauffällig geworden sei. Arbeitsunfähigkeit habe demnach nur noch aufgrund der langsamen Wundheilung und der Schmerzen im Analbereich bestanden. Ab dem 19.09.1994 sei der Kläger wieder voll und u...

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