Entscheidungsstichwort (Thema)
Urlaubsabgltung. Krankheit. Uriaubsabgeltunb als Surrogat
Leitsatz (amtlich)
Die Beweislast dafür, daß ein Arbeitnehmer nach Ende des Arbeitsverhältnisses bis zum Ende des Urlaubsjahres und ggfs. des Übertragungszeitraumes weiternin arbeitsunfähig krank geblieben wäre und desnalb keinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung hat, trägt der Arbeitgeber, da er sich auf ein Erfüllungshindernis bezüglich des entstandenen Urlaubsabgeltungsanspruchs beruft.
(Abweichung von Leitsatz 2 des Urteils des BAG vom 20.04.1989, NZA 89 S. 763).
Normenkette
BUrlG § 7 Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 19.07.1995; Aktenzeichen 3 Ca 92/95) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 19.07.1995 – 3 Ca 92/95 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger macht Urlaubsabgeltungsansprüche geltend.
Der Kläger, der bei der Beklagten als Sachbearbeiter beschäftigt war, legte dieser ein Attest vom 29.03.1994 vor, demzufolge er aufgrund seiner Erkrankungen nicht in der Lage war, „die Arbeit des bisherigen Arbeitsplatzes auszuüben”. Auf den vollständigen Inhalt des Attestes wird ergänzend Bezug genommen Bl. 23 d. A.). Im Hinblick darauf schlossen die Parteien am 09.08.1994 einen Auflösungsvertrag, wonach das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien mit Ablauf des 30.09.1994 bei Zahlung einer Abfindung von 6.000, – DM beendet werden sollte. § 5 dieser Vereinbarung lautat:
„Beide Vertragsparteien erklären, daß mir diesem Vertrag alle Ansprüche aus dem -Arbeitsverhältnis erfüllt sind, …”
Der Kläger übte die ihm in § 1 Abs. 2 der Vereinbarung eingeräumte Möglichkeit zum vorzeitigen Ausscneiden per 31.08.1994 aus.
Der Kläger hat behauptet, ab 19.09.1994 wieder arbeitsfähig gewesen zu sein und hat die Ansicht vertreten, daß ihm infolgedessen Anspruch auf Abgeltung von 23 Tagen Urlaub zustehe.
Er hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.559,61 DM brutto nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, Grundlage des Auflösungsvertrages sei die dauernde Arbeitsunfähigkeit des Klägers gewesen und daher gemeint, daß das Begehren des Klägers gegen Treu und Glauben verstoße. Schließlich hat sie die Ansicht vertreten, daß der Kläger mit § 5 der getroffenen Auflösungsvereinbarung auf die Abgeltung von Urlaub verzichtet habe.
Mit am 19.07.1995 verkündetem Urteil – 3 Ca 92/95 – hat das Arbeitsgericht Wiesbaden der Klage stattgegeben. Wegen des vollständigen Inhalts des Urteils wird ergänzend auf Bl. 30 – 36 d. A. Bezug genommen.
Gegen das ihr am 11.08.1995 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 11.09.1995 Berufung eingelegt und diese nach rechtzeitiger Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 11.11.1995 am Montag, dem 13.11.1995, begründet. Sie ist der Auffassung, daß die Bescheinigung der vom 31.02.1995 Bl. 14 d. A.), wonach der Kläger bis 18.09.1994 Krankengeld erhalten hatte, besage nicht, daß der Kläger ab 19.09.1994 wieder arbeitsfähig gewesen sei. Sie vertritt weiterhin die Ansicht, daß der Kläger auf einen möglichen Urlaubsabgeltungsanspruch verzichtet habe, zumal er nicht tarifgebunden gewesen sei. Sie beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 19.07.1995 – 3 Ca 92/95 – abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Er vertritt die Auffassung, daß sein Urlaubsanspruch unverzichtbar sei und behauptet, ab 19.09.1994 wieder voll arbeitsfähig gewesen zu sein (Zeuge …), nachdem er dem krankheitsauslösenden Mobbing bei der Beklagten nicht weiter ausgesetzt gewesen sei.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 19.07.1995 – 3 Ca 92/95 – ist unbegründet. Der Kläger hat Anspruch auf Urlaubsabgeltung in der unstreitigen Höhe von 4.559,61 DM brutto (§ 7 Abs. 4 BUrlG).
1. Gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG ist der Urlaub abzugelten, wenn er wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Nach ständiger und mittlerweile gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (seit dem Urteil vom 28.01.1982, Der Betrieb 1982 S. 1065) verliert der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Erholungsurlaub nicht deshalb, weil er infolge Erkrankung im Urlaubsjahr keine Arbeitsleistung erbracht hat. Anteilige Urlaubsansprüche des Klägers sind folglich auch für 1994 trotz durchgehender Arbeitsunfähigkeit begründet. Sein Urlaubsabgeltungsanspruch entstand als Surrogat des Urlaubsanspruchs mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unabhängig von einer etwaigen Arbeitsunfähigkeit bei seinem Ausscheiden (BAG, Urteil vom 14.05.1986, Der Betrieb 1986 S. 2685 zu II 2 a d. Gr.).
Nach der genannten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 28.06.1984, AP Nr. 18 zu § 7 BUrlG Abgeltung) gilt jedoch weiter folgendes: Ist der Arbeitnehmer ...