Entscheidungsstichwort (Thema)
Beginn der Verjährung nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit Kenntniserlangung der anspruchsbegründenden Umstände
Leitsatz (amtlich)
Nimmt der Schuldner irrtümlich an, der Gläubiger habe vollständig erfüllt, weil er den Umfang seiner Forderung aus rechtlichen Gründen falsch einschätzt, verschiebt dies nicht den Beginn der regelmäßigen Verjährung. Für deren Beginn ist nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB die Kenntnis der anspruchsbegründenden Umstände erforderlich.Mangelnde Erfüllung ist jedoch kein anspruchsbegründender Umstand.
Leitsatz (redaktionell)
Es kommt im Rahmen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB grundsätzlich auf die Tatsachen- und nicht auf die Rechtskenntnis an. Erforderlich ist, dass der Gläubiger um die anspruchsbegründenden Umstände weiß, nicht, dass er den Vorgang rechtlich zutreffend beurteilt. Ausreichend ist, dass er die Kenntnis ohne grobe Fahrlässigkeit erlangt hat.
Normenkette
BGB §§ 195, 199, 362; AktG § 216 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 06.12.2016; Aktenzeichen 8 Ca 3528/16) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 6. Dezember 2016 – 8 Ca 3528/16 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten auch in der Berufungsinstanz noch um eine „dividendenabhängige Tantieme“ für das Jahr 2005 aus einem beendeten Arbeitsverhältnis.
Der Kläger war bei der Beklagten, einer in der Rechtsform der AG organisierten deutschen Großbank, vom 1. April 1963 bis zu seinem Eintritt in die Altersrente am 31. Mai 2011 beschäftigt.
Wegen des erstinstanzlichen Parteivorbringens, ihrer Anträge, des vom Arbeitsgericht festgestellten Sachverhalts und des arbeitsgerichtlichen Verfahrens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat die Klage abgewiesen, weil der Anspruch des Klägers gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB verjährt sei. Es hat insoweit ausgeführt, maßgeblich sei die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren gemäß § 195 BGB. Die Verjährung habe gemäß § 199 Abs. 1 BGB am 31. Dezember 2006 und nicht erst mit Auskunftserteilung durch die Beklagte im Jahr 2015 begonnen. Bereits zu diesem Zeitpunkt und nicht erst nach Auskunftserteilung durch die Beklagte im Februar 2015 sei es dem Kläger möglich gewesen, seinen Anspruch geltend zu machen. Selbst wenn ihm die konkrete Berechnungsformel für den variablen Anteil seiner dividendenabhängigen Tantieme erst durch das Auskunftsschreiben der Beklagten aus dem Februar 2015 bekannt geworden sei, habe er bereits zuvor Nachforschungen dazu anstellen können, wie sich sein Tantiemenanspruch im Einzelnen berechne. Dass die Tantieme in Abhängigkeit zu der zur Ausschüttung an die Aktionäre beschlossenen Dividende stehe, ergebe sich bereits aus dem Schreiben der Beklagten vom 25. Oktober 1990. Wenn der Kläger auf seiner Auffassung nach intransparente Zahlungen vertraut habe, sei dem entgegenzuhalten, dass zwar eine Rücksichtnahmepflicht des Arbeitgebers auf die Vermögensinteressen seiner Arbeitnehmer bestehe, grundsätzlich aber innerhalb der vertraglichen Beziehungen jede Partei für die Wahrnehmung ihrer Interessen selbst zu sorgen habe. Der Kläger sei daher gehalten gewesen, hinsichtlich der Zusammensetzung der erfolgten Zahlung nachzufragen oder notfalls eine Auskunftsklage zu erheben, wie er es ja für das Geschäftsjahr 2010 auch getan habe. Wegen der Begründung im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.
Der Kläger hat gegen das ihm am 23. Januar 2017 zugestellte Urteil am 23. Februar 2017 Berufung eingelegt und diese nach rechtzeitig beantragter Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 24. April 2017 an diesem Tag begründet.
Der Kläger ist weiterhin der Ansicht, ihm stehe unter Anwendung der Vorschrift des § 216 Abs. 3 S. 1 AktG eine weitere dividendenabhängige Tantieme für das Geschäftsjahr 2005 zu. Dieser Anspruch sei auch nicht verjährt. Die Verjährungsfrist habe erst begonnen, als er mit der Auskunft der Beklagten im Februar 2015 von der Tatsache Kenntnis erlangt habe, dass erfolgte Kapitalerhöhungen von dieser bei der Berechnung der dividendenabhängige Tantieme nicht berücksichtigt worden seien. Es habe auch keine grob fahrlässige Unkenntnis vorgelegen, Nachforschungsobliegenheiten hätten nicht bestanden, nachdem er keinerlei Anhaltspunkte dafür gehabt habe, dass die Beklagte in der Vergangenheit ihm zustehende dividendenabhängige Tantieme fehlerhaft abgerechnet habe. Er habe darauf vertrauen können, dass die Beklagte seine Tantieme korrekt berechne. Ein solches Vertrauen in das rechtmäßige Verhalten des eigenen Arbeitgebers könne nicht als grobe Sorgfaltspflichtverletzung gewertet werden. Die Beklagte sei zumindest verpflichtet gewesen, ihm die Berechnungsgrundlage für die Ermittlung der ausgezahlten dividendenabhängigen Tantieme darzulegen, nur dann wäre er in der Lage gewesen, schon im Jahr 2006 zu erkennen, dass die Beklagte be...