Entscheidungsstichwort (Thema)
Verdachtskündigung
Leitsatz (redaktionell)
Der Verdacht der Entwendung und Wiederveräußerung von Bordverkaufswaren ist grundsätzlich geeignet, eine außerordentliche, fristlose Kündigung zu rechtfertigen.
Normenkette
BGB § 626
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 6 Ca 4096/03) |
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen Kündigung.
Der am 07. Oktober 1965 geborene, verheiratete und zwei Kindern zur Leistung von Unterhalt verpflichtete Kläger war bei der Beklagten, die früher als Lufthansa Service GmbH (LSG) firmierte, seit dem 21. Mai 1984 als Hubwagenfahrer und Flugzeugausrüster im Bereich Transport des Betriebes ZE mit einem monatlichen Bruttogehalt von zuletzt EUR 3.855,78 beschäftigt. Gemäß Ziffer 3) des Arbeitsvertrages (Bl. 6 d.A.) ergeben sich die Rechte und Pflichten des Mitarbeiters aus den gültigen Tarifverträgen, den Betriebsvereinbarungen und Regeln der LSG.
Die Beklagte ist eine Catering-Gesellschaft, die Fluggesellschaften wie die Deutsche Lufthansa AG beliefert. Alleinige Aktionärin der Beklagten ist die Lufthansa AG. Die Beklagte beschäftigt regelmäßig weit mehr als fünf Arbeitnehmer; ein Betriebsrat ist bei ihr gebildet.
Die von den Fluggesellschaften während der Flüge angebotenen Bordverkaufswaren – wie Parfüms, Uhren etc. – werden von den Herstellern an die Beklagte geliefert, die diese Waren in Zolllagern im Betrieb ZD vorhält. Vor den anstehenden Flügen werden die jeweiligen Bordverkaufswagen von der Beklagten mit den entsprechenden Verkaufsartikeln bestückt, die bei den einzelnen Flügen variieren können, und mittels eines Shuttles in den sogenannten Bereitstellungszonen im Betrieb ZE zur Abholung bereitgestellt. Sodann werden die Bordverkaufswaren mit einem Hubwagen abgeholt und zum Verladen zu den entsprechenden Flugzeugen gebracht. Diese Tätigkeit verrichtete der Kläger für die Beklagte. Für den Kläger bestand, wie für andere Mitarbeiter auch, da sie bei den Fahrten von der Bereitstellungszone zu den Flugzeugen oftmals alleine sind, die Möglichkeit des Zugriffs auf die Bordverkaufswaren.
Ende 2002 traten bei den von der Beklagten belieferten Fluggesellschaften Deutsche Lufthansa AG und Hapag Lloyd erhebliche Verluste an Bordverkaufswaren auf, die die sonst übliche Verlustmenge weit überschritten. Die Konzernsicherheit der Deutschen Lufthansa AG nahm daraufhin Ermittlungen auf, in deren Zuge auch das Angebot der „elektronischen Auktion” der Internetseite www.ebay.de genauer überprüft wurde. Dabei stellt sich heraus, dass über diese Internetseite von einem Verkäufer mit dem anonymisierten Namen „master.gr.” zahlreiche Verkaufsartikel angeboten wurden, die sich ebenfalls im Bordverkauf der von der Beklagten belieferten Fluggesellschaften befinden (u.a. hochwertige Damen- und Herrenarmbanduhren). Insgesamt wurden Verkaufstransaktionen im Gesamtwert von ca. EUR 9.000,– über den Verkäufer „master.gr.” abgeschlossen. Aufgrund einer von der Beklagten erstatteten Strafanzeige konnte der Kläger als Verkäufer der Artikel ermittelt werden. Am 13. März 2003 kam es zu einer Hausdurchsuchung beim Kläger. Dabei wurden Gegenstände im Gesamtwert von rund EUR 16.000,– sichergestellt/beschlagnahmt. Wegen der Gegenstände im Einzelnen wird auf Bl. 85–90 des Anlagenbandes zur Gerichtsakte und auf Bl. 207–208 d.A. Bezug genommen. Es befanden sich darunter u.a. 12 hochwertige Damen- und Herrenarmbanduhren der Marken Nomos, Longines und Movado. Anhand der eingravierten Seriennummern der Hersteller konnten die Uhren als Exemplare identifiziert werden, die ursprünglich an die Beklagte zum Zwecke des Bordverkaufs ausgeliefert worden waren.
Mit Schreiben vom 14. März 2003 suspendierte die Beklagte den Kläger vom Dienst und forderte ihn zur Teilnahme an einem Personalgespräch am 19. März 2003 auf. Nach dem Urlaub des Klägers fand mit ihm am 31. März 2003 das Gespräch im Beisein seines Prozessbevollmächtigten statt. Der Kläger wurde mit dem Sachverhalt der festgestellten Bordverkaufsunregelmäßigkeiten und den bei ihm aufgefundenen bzw. verkauften Gegenständen und dem daraus resultierenden Verdacht des Diebstahls bzw. der Unterschlagung von Bordverkaufswaren konfrontiert. Von der eingeräumten Gelegenheit zur Stellungnahme machte der Kläger keinen Gebrauch; er äußerte sich zu den Vorwürfen, insbesondere zur Herkunft der Waren nicht.
Mit Schreiben vom 07. April 2003 (Bl. 31–34 d.A.) hörte die Beklagte den bei ihr gebildeten Betriebsrat zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Klägers an, zu der dieser am 10. April 2003 seine Zustimmung erteilte. Mit Schreiben vom selben Tag (Bl. 17 d.A.) kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger außerordentlich fristlos mit sofortiger Wirkung.
Das gegen den Kläger eingeleitete Strafverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Termin zur Hauptverhandlung hat das Amtsgericht Frankfurt am Main für den 23. und 30. Juli 2004 angesetzt.
Mit seiner am 16. April 2004 bei dem Arbeitsgericht Frank...