Entscheidungsstichwort (Thema)
Fristlose außerordentliche Kündigung wegen Konkurrenztätigkeit. Entbehrlichkeit einer Abmahnung. Versehentliche Eintragung als Geschäftsführer
Leitsatz (redaktionell)
Einem Arbeitnehmer ist während des rechtlichen Bestehens eines Arbeitsverhältnisses grundsätzlich jede Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt.
Normenkette
BGB § 626; HGB § 15 Abs. 3; KSchG § 13
Verfahrensgang
ArbG Offenbach am Main (Entscheidung vom 15.05.2012; Aktenzeichen 1 Ca 296/11) |
Tenor
1.) Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Offenbach am Main vom 15. Mai 2012, Az: 1 Ca 296/11, wird zurückgewiesen.
2.) Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
3.) Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung sowie über verschiedene Zahlungsansprüche.
Bei der Beklagten handelt es sich um ein bundesweit tätiges Dienstleistungsunternehmen der Immobilienwirtschaft mit Sitz in A. Sie und ihre Tochtergesellschaft, die B, die ebenfalls in A ansässig ist, betreiben die Verwaltung von Miet- und Wohnungseigentumsanlagen. Mit jeweils 15 oder deutlich mehr betreuten Objekten liegt der räumliche Schwerpunkt dieser Geschäftstätigkeit im Rhein-Main-Gebiet, C, D und E.
Der im Jahr 1964 geborene Kläger ist seit dem 01. Februar 2001 bei der Beklagten beschäftigt. Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitsvertrag vom 13. Dezember 2000 nebst Nachträgen (Bl. 9 - 17 und 22 - 23 d. A.). In dem Arbeitsvertrag wurde keine Konkurrentenschutzklausel vereinbart. Der Kläger ist gegen ein durchschnittliches Bruttomonatsgehalt in Höhe von Euro 5.380,- zuzüglich eines Arbeitgeberanteils zu den vermögenswirksamen Leistungen in Höhe von Euro 40,- sowie eines Beitrages zu seiner Direktversicherung in Höhe von Euro 25,56 bei der Beklagten als Leiter der Abteilung WEG-/Mietverwaltung für die Beklagte tätig. In seiner Eigenschaft als EDV-Administrator hat der Kläger weiterhin Zugriff auf den Server der Beklagten. Mit Wirkung zum 27. Januar 2009 wurde dem Kläger eine Einzelprokura verliehen (vgl. 4. Nachtrag zum Arbeitsvertrag, Bl. 22 d. A.). In einem Gespräch am 05. Juli 2011 teilte der Kläger dem Geschäftsführer der Beklagten F mit, dass er das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zum 31. Dezember 2011 beenden wolle. Der Geschäftsführer F versuchte, den Kläger von diesem Ansinnen abzubringen. Der weitere Inhalt des Gespräches ist zwischen den Parteien streitig.
Zur Vergrößerung ihres Betreuungsgebietes beabsichtigte die Beklagte, die G mit Sitz in H (nachfolgend "G") zu erwerben, die ebenfalls auf dem Gebiet der Immobilienverwaltung tätig ist. Die Ende 2009/Anfang 2010 begonnenen Vertragsverhandlungen zwischen der Beklagten und der G brach deren Geschäftsführerin I ab, in dem sie der Beklagten am 12. Juli 2011 per E-Mail u. a. mitteilte, dass ein "Verkauf für mich mit den dann gegebenen Umständen nicht (mehr) in Frage kommt" (Bl. 101 d. A.). Mit Schreiben vom 25. Juli 2011 kündigte der Kläger sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist zum 31. Dezember 2011 (Bl. 25 d. A.). Am 28. Juli 2011 beantwortete der Geschäftsführer F die E-Mail der Geschäftsführerin I, in dem er ihr u. a. schrieb "Dennoch Ihre Entscheidung nehme ich zur Kenntnis und lege die Akte im Archiv ab." (Bl. 128 d. A.). Am 10. August 2011 sandte der Kläger dem Geschäftsführer F den Entwurf für eine Abschieds-E-Mail an seine Kolleginnen und Kollegen, in dem er private und gesundheitliche Gründe für seine Entscheidung anführte, das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu beenden (Bl. 126 d. A.). Am 19. August 2011 beantragte der Kläger bei der Bundesagentur für Arbeit die Gewährung eines Gründungszuschusses zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit nach § 57 SGB III, in dem er u.a. erklärte:
"Ich werde am 02.01.2012 eine selbständige, hauptberufliche Tätigkeit als Immobilienverwalter/Geschäftsführer in H, J aufnehmen und beantragte hierfür einen Gründungszuschuss."
Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Antrages wird auf Bl. 31 - 32 d. A. verwiesen. Am 21. September 2011 vervollständigte der Kläger seinen Antrag auf Gewährung eines Gründungszuschusses, in dem er durch einen von ihm beauftragten Wirtschaftsprüfer eine Stellungnahme einer fachkundigen Stelle zur Tragfähigkeit der Existenzgründung zu den Akten reichte (Bl. 33 - 34 d. A.). Am 26. Oktober 2011 schlossen der Kläger und die Geschäftsführerin der G I einen notariellen Kauf- und Abtretungsvertrag, in dem die Geschäftsführerin I dem Kläger einen Geschäftsanteil an der G aufschiebend bedingt nach vollständiger Kaufpreiszahlung mit Wirkung zum 02. Januar 2012 abtrat. Der Kaufpreis sollte gemäß § 2 Nr. 2 dieses Kauf- und Abtretungsvertrages am 02. Januar 2012 fällig und zahlbar sein. Ferner wurde der Kläger zum weiteren Geschäftsführer der Gesellschaft G bestellt (vgl. § 4 des Kauf- und Abtretungsvertrages). In § 5 des Kauf- und Abtretungsvertrag vereinbarten die Parteien...