Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufsausbildungskosten. Auszubildender, Umschüler
Leitsatz (amtlich)
Ein baugewerblicher Arbeitgeber hat auch dann einen Anspruch auf Erstattung von Ausbildungsvergütung gegen die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft nach § 19 des Tarifvertrages über die Berufsausbildung im Baugewerbe, wenn es sich bei dem in einem anerkannten Ausbildungsberuf Auszubildenden um einen Ausländer aus einem Nicht-EG-Staat handelt, dieser eine auf die Zeit der Ausbildung befristete Arbeitserlaubnis besitzt und dieser nach Beendigung der Ausbildung, wie von vornherein geplant, sofort in seine Heimat zurückkehrt.
Normenkette
BBTV/Bau § 1 Abs. 3, § 19 Abs. 1; TVG Auslegung § 1
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 05.03.1998; Aktenzeichen 5 Ca 1383/97) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 5. März 1998-5 Ca 1383/97 – hinsichtlich des Zinsausspruchs mit der Maßgabe abgeändert, daß Zinsen aus DM 16.333,15 (i.W.: Sechzehntausenddreihundertdreiunddreißig 15/100 Deutsche Mark) seit dem 24. März 1997 und aus DM 9.066,71 (i.W.: Neuntausendsechsundsechzig 71/100 Deutsche Mark) seit dem 13. Februar 1998 zu zahlen sind.
Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Erstattung von Ausbildungsvergütung nach den Tarifverträgen des Baugewerbes.
Der Beklagte ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er erstattet den ausbildenden Arbeitgebern nach Maßgabe des für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages über die Berufsbildung im Baugewerbe vom 29.01.1987 (BBTV) einen Teil der Ausbildungskosten. Die Mittel dafür werden durch einen Beitrag von allen Betrieben des Baugewerbes aufgebracht.
Am 01.12.1995 schloß die Klägerin, die ein Bauunternehmen betreibt, mit dem russischen Staatsangehörigen Nikolaj …, geb. am 25.11.1976. der nach dem Besuch der Mittelschule in Rußland als Hilfskraft in einem Getreidespeicher gearbeitet hatte und eine Arbeitserlaubnis für die zeit vom 01.12.1985 bis 30.11.1997 (Bl. 8 d.A.) besaß, einen vertrag zur Ausbildung von Herrn … als Maurer für die zeit vom 01.12.1995 bis 30.11.1997. Hinsichtlich des genauen Inhalts dieses Vertrages wird auf Bl. 7 d.A. Bezug genommen. Der Vertragsabschluß erfolgte im Rahmen eines handwerklichen Ausbildungsprogramms zum zwecke der wirtschaftlichen Stabilisierung der rußlanddeutschen Gemeinschaft in Rußland durch Ausbildung Rußlanddeutscher im Baugewerbe. Das Programm wurde vom Bundesministerium des Innern bezuschußt und vom Evangelischen Diakonieverein Roth e.V. in Zusammenarbeit mit der Handwerkskammer in Nürnberg durchgeführt. Während seiner Ausbildung nahm Herr … an verschiedenen überbetrieblichen Ausbildungsmaßnahmen nach der Verordnung über die Berufsausbildung in der Bauwirtschaft teil und besuchte als regulärer Schüler die Berufsschule in den Schuljahren 1995/96 und 1996/97. Das vertragsverhältnis zur Klägerin endete am 30.11.1997, anschließend kehrte Herr … nach Rußland zurück.
Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin vom Beklagten nach erfolgloser vorgerichtlicher Geltendmachung Erstattung der Ausbildungsvergütung für Herrn … in der sich nach dem BBTV unstreitig ergebenden Höhe von DM 25.399,36.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, der Beklagte sei aufgrund der tarifvertraglichen Vorschriften verpflichtet, die tarifvertraglich vorgeschriebenen Erstattungsleistungen zu erbringen.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin DM 25.399,36 nebst 4% Zinsen von DM 16.333,15 seit dem 24.03.1997 und von DM 9.066,21 seit dem 13.02.1998 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, bei dem vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und Herrn … habe es sich nicht um ein Ausbildungs-, sondern um ein vom BBTV nicht erfaßtes umschulungsverhältnis gehandelt. Im übrigen sei ungeschriebene Voraussetzung für eine tarifvertragliche Erstattung, daß der Auszubildende später in der Bundesrepublik Deutschland arbeiten wolle, was bei Herrn … niemals der Fall gewesen sei.
Das Arbeitsgericht hat mit urteil vom 05.03.1998 die Beklagte zur Zahlung von DM 25.399,36 nebst 4% Zinsen aus DM 16.333,15 seit 24.03.1997, aus DM 25.399.36 seit 13.02.1998 verurteilt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 38 – 45 d.A.) Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 10.08.1998 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.
Er wiederholt und vertieft sein vorbringen, wonach ein Erstattungsanspruch nach den tarifvertraglichen Vorschriften nicht gegeben sei und trägt vor, das Arbeitsgericht habe entgegen § 308 Abs. 1 ZPO der Klägerin bezüglich der Zinsen mehr zugesprochen, als diese gefordert habe.
Der Beklagte beantragt.
das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden...