Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeugnis

 

Leitsatz (amtlich)

Bewertet der Arbeitgeber die Leistungen eines Arbeitnehmers im Zeugnis mit „zu unserer Zufriedenheit”, so bringt er damit zum Ausdruck, der Arbeitnehmer habe unterdurchschnittliche aber ausreichende Leistungen erbracht.

 

Normenkette

BGB § 630

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Urteil vom 31.10.1986; Aktenzeichen 7 Ca 2661/86)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 31. Oktober 1986 – 7 Ca 2661/86 – teilweise abgeändert.

Die Klage wird vollen Umfangs zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits in vollem Umfang.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Verpflichtung der Beklagten, das dem Kläger unter dem Datum des 14.4.1986 erteilte Zeugnis (Bl. 4 d.A.) im beurteilenden Textteil von „zu unserer Zufriedenheit” in „stets zu unserer vollen Zufriedenheit” zu ändern und so neu zu erteilen.

Wegen des hierzu erstinstanzlich vorgetragenen Streitstoffs und des Antrages des Klägers wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 43, 44 d.A.) verwiesen. Das Arbeitsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben, die Beklagte zur Neuerteilung des Zeugnisses mit der Leistungsbeurteilung „zu unserer vollen Zufriedenheit” verurteilt und im übrigen die Klage abgewiesen. Wegen der hierfür gegebenen Begründung wird auf das angefochtene Urteil (Bl. 44–46 d.A.) verwiesen.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung verfolgt die Beklagte ihr auf völlige Klageabweisung gerichtetes Prozeßziel weiter. Sie meint, das Arbeitsgericht habe den von ihr vorgetragenen Sachverhalt nicht voll gewürdigt. Eine Leistungsbeurteilung mit „gut” komme nach der dem Kläger am 9.2.1984 erteilten – im Parallelverfahren 7 Ca 422/85 ArbG Wiesbaden streitbefangen gewesenen – Abmahnung nicht in Betracht. Im übrigen sei es auch rechtlich verfehlt anzunehmen, eine Leistung sei schon deshalb im Zeugnis mit „gut” zu bewerten, weil sie ohne eine Abmahnung des Arbeitgebers geblieben sei. „Abmahnungen” seien ein Recht des Gläubigers, nicht aber eine Pflicht. Im übrigen sei nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) die Leistung des Klägers zutreffend als „befriedigend” bewertet, Zudem müsse sich der Kläger entgegenhalten lassen, die gleiche Note im Zwischenzeugnis vom 8.8.1985 (Bl. 12 d.A.) klaglos akzeptiert zu haben. Auch habe der Kläger keine Tatsachen dafür vorgetragen, daß er eine zur vollen Zufriedenheit gereichende überdurchschnittliche Leistung erbracht habe.

Der Kläger bittet um Zurückweisung der Berufung und verteidigt das Ersturteil mit dem Hinweis, er habe rügelos gearbeitet und könne daher zumindest die auf „volle Zufriedenheit” lautende Leistungsbeurteilung verlangen.

Er hat die von ihm eingelegte unselbständige Anschlußberufung im Termin vom 10.9.1987 zurückgenommen (Sitzungsniederschrift vom 10.9.1987, S. 11 = Bl. 125 d.A.).

Das Landesarbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeuginnen Frau W. (Sitzungsniederschrift vom 1.9.1987, S. 2–9 = Bl. 116–123 d.A.) und Frau Sch. (Sitzungsniederschrift vom 10.9.1987, S. 10–11 = Bl. 124–125 d.A.).

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift und zur Ergänzung des Tatbestandes auf den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist zulässig und begründet.

Die Berufungsrichter folgen – auch wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme – dem Erstgericht weder im Ergebnis noch in den Gründen.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist die Klage in vollem Umfang unbegründet. Der Kläger kann keine bessere als die ihm erteilte Leistungsbeurteilung („zu unserer Zufriedenheit”) verlangen.

Im einzelnen:

1.) Wegen der zugrundezulegenden Rechtsgrundsätze folgen die Berufungsrichter im Ausgangspunkt der Rechtsprechung des BAG.

a) Verlangt der Arbeitnehmer „Berichtigung” eines erteilten Zeugnisses, indem er eine andere Fassung desselben verlangt, so macht er in Wahrheit einen Erfüllungsanspruch aus § 630 BGB geltend, der auf Erteilung eines richtigen Zeugnisses geht. Wendet demgegenüber der Arbeitgeber ein, das erteilte Zeugnis sei inhaltlich richtig und er habe es ordnungsgemäß erfüllt, so ist er für letzteres als Schuldner beweispflichtig (BAG, Urt.v. 23.6.1960 – 5 AZR 560/58 – AP Nr. 1 zu § 73 HGB (zu 5 c d.Gr.); BAG, Urt.v. 24.3.1977 – 3 AZR 232/76 – AP Nr. 12 zu § 630 BGB (zu I d.Gr.); zum Streitstand: LAG Düsseldorf, Urt.v. 26.2.1985 – 8 Sa 1873/84 – DB 1985, 2692).

b) Ob darüberhinaus dem Arbeitnehmer dann die Darlegungs- und Beweislast obliegt, wenn er behauptet, eine überdurchschnittliche Leistung erbracht zu haben, und er demgemäß eine überdurchschnittliche Leistungsnote verlangt, kann vorliegend offen bleiben (hierzu: LAG Düsseldorf, Urt.v. 12.3.1986 – 15 Sa 13/86 – LAG E § 630 BGB Entsch. 2). Darauf kommt es nach der Zurücknahme der klägerischen Anschlußberufung nicht mehr an.

c) Grundsätzlich hat der Arbeitgeber bei der Beurteilung der Leistungen des Arbeitnehmers im Zeugnis einen Beurteilungsspiel...

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