Entscheidungsstichwort (Thema)
außerordentliche Kündigung, ordentliche verhaltensbedingte Kündigung. Arbeitsverweigerung, laufendes Kündigungsschutzverfahren
Leitsatz (amtlich)
Ein fristlos gekündigter Arbeitnehmer ist in der Zeit zwischen dem Ausspruch der Kündigung und der Rechtskraft seiner Kündigungsschutzklage grundsätzlich nicht verpflichtet, einem Weiterbeschäftigungsangebot des Arbeitgebers nachzukommen, wenn dieser an der an der Rechtswirksamkeit seiner Kündigung auch nach Erlass eines erstinstanzlich klagstattgebenden Urteils festhält.
Das Verhalten des Arbeitnehmers stellt keine Arbeitsverweigerung dar und berechtigt weder zum Ausspruch einer außerordentlichen noch zum Ausspruch einer ordentlichen Kündigung.
Normenkette
BGB § 626; KSchG § 1 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Teilurteil vom 10.03.2003; Aktenzeichen 10 Ca 9255/98) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 12. März 2003 verkündete Teilurteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main – 10 Ca 9255/98 – wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen. Der Streithelfer hat seine Kosten selbst zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz um die Wirksamkeit einer von der Beklagten ausgesprochenen außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung.
Die Beklagte, bei der 1998 mehr als 160 Personen beschäftigt waren, plante komplexe industrielle Chemieanlagen. Unter der Geschäftsführungsebene waren die Bereichsleiter für die verschiedenen Regionen angesiedelt, denen u.a. die Kostenplanung, Einhaltung der Budgetierungen und Berichterstattung an die Geschäftsführung oblag. Der am 22. Dezember 1946 geborene, verheiratete und zwei Kindern gegenüber unterhaltsverpflichtete Kläger arbeitete seit 1. Juli 1988 bei der Beklagten, nachdem er zuvor bereits seit Mai 1985 als sogenannter freier Mitarbeiter für diese tätig war. Dem Arbeitsverhältnis der Parteien lag zuletzt der Arbeitsvertrag vom 1. Juli 1995 mit Zusatzvereinbarung über ein auch privat uneingeschränkt nutzbares KFZ zugrunde, wegen dessen Einzelheiten auf die Kopien Bl. 91–96 d.A. Bezug genommen wird. Am 7. Oktober 1997 schlossen die Parteien darüber hinaus eine Zusatzvereinbarung über die Mitnutzung einer Wohnung (Bl. 98 d.A.), die der Kläger nach Absprache allein und uneingeschränkt auch als Ferienwohnung für seine Familie nutzte. Der Kläger arbeitete zuletzt von Frankfurt am Main aus für die Beklagte als Bereichsleiter Süd zu einem monatlichen Bruttogehalt von DM 10.000,00 (Bl. 97 d.A.), wobei er mit einem erheblichen Anteil seiner Arbeitszeit für Projekte bei dem Kunden B. der Beklagten tätig war. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit außerordentlicher hilfsweise ordentlicher Kündigung vom 10. Dezember 1997. Die Parteien führten im Hinblick auf die Wirksamkeit dieser Kündigungen unter dem Aktenzeichen 10 Ca 10166/97 vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main eine Kündigungsschutzklage, der erstinstanzlich mit Urteil vom 23. September 1998 stattgegeben wurde. Die gegen dieses Urteil gerichtete Berufung wurde mit Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 12. März 2002 (Aktenzeichen 15 Sa 2681/98) zurückgewiesen. Die Beklagte zahlte für Dezember 1997 eine Vergütung in Höhe von DM 3.333,33 brutto an den Kläger, der ihr auf Aufforderung hin den ihm überlassenen Firmenwagen am 18. Dezember 1997 zurückgab und die Wohnung räumte.
Nachdem erstinstanzlich die Unwirksamkeit der Kündigung vom 10. Dezember 1997 festgestellt worden war, forderte, der Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 26. Oktober 1998 auf, ihm die rückständige Vergütung und den Dienstwagen zur Verfügung zu stellen und drohte gegebenenfalls Klage an. Mit Schreiben vom 4. November 1998 forderte die Beklagte ihrerseits den Kläger auf, am 9. November 1998 gegen 10.00 Uhr zur Arbeit zu kommen, erklärte jedoch gleichzeitig, an den Kündigungen festhalten zu wollen. Wegen der Einzelheiten der Schreiben wird auf die Kopien (Bl. 33 f., 35 d.A.) Bezug genommen. Am 6. November telefonierte der damalige Klägervertreter mit dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten über die Art der vom Kläger zu verrichtenden Tätigkeit. Am 9. November 1998 fand ein Gespräch zwischen dem Kläger und der Mitarbeiterin J. und dem Mitarbeiter A., der Handlungsbevollmächtigter der Beklagten ist, statt. Hierbei wurde dem Kläger angeboten, im Innendienst in Süddeutschland für Neukunden ausschließlich von Frankfurt am Main aus schriftlich akquisitorisch tätig zu werden. Kundenbesuche sollten vorher mit dem Geschäftsführer oder dem Prokuristen abgesprochen werden. Der genaue Gesprächsinhalt ist zwischen den Parteien streitig. Der Kläger lehnte das Angebot der Beklagten mit Schreiben vom 13. November 1998 ab, wies auf die ausstehende Vergütung und ein zu seinen Gunsten bestehendes Zurückbehaltungsrecht hin; wegen der Einzelheiten des Schreibens wird auf Bl. 41 f d.A. verwiesen. Die Beklagte forderte ihn mit Fax vom 16. November 1998 zur Arbeitsaufnahmen am 18. November 1...