keine Angaben zur Rechtskraft
Entscheidungsstichwort (Thema)
selbständige Betriebsabteilung. Arbeitnehmerentsendung. Urlaubskasse
Leitsatz (amtlich)
1. Es bestehen keine rechtliche Bedenken dagegen, dass der Gesetzgeber in den ab 01. Januar 2004 geltenden Fassungen von § 1 Abs.1 AEntG den Begriff des Betriebes und der selbständigen Betriebsabteilung durch Verweis auf die tarifliche Definition dieser Begriffe in den für allgemeinverbindlich erklärten tariflichen Bestimmungen des Baugewerbes über den fachlichen (betrieblichen) Geltungsbereich normiert hat.
2. Eine danach als selbständige Betriebsbabteilung geltende Gesamtheit von Arbeitnehmern, die außerhalb der stationären Betriebsstätte eines nicht von den Abschnitten I bis IV des § 1 Abs.2 VTV/Bau erfassten Betriebes bugewerbliche Arbeiten durchführt, liegt vor, wenn mehrere baugewerbliche Arbeitnehmer in koordinierter Form außerhalb der vom Betriebsinhaber zur Erreichung betrieblicher Zwecke unterhaltenen ortsfesten Einrichtung oder Anlage überwiegend bauliche Arbeiten verrichten. Eine Baustelle ist keine stationäre Betriebsstätte, wohl aber eine örtlich lokalisierbare Verwaltungseinheit.
Normenkette
AEntG 1; VTV/Bau 1 II Abschn. VI
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 16.01.2007; Aktenzeichen 8 Ca 2026/05) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 16. Januar 2007 – 8 Ca 2026/05 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Frage, ob die Klägerin verpflichtet ist, in der Zeit vom 01. Januar 2004 bis zum 31. Dezember 2005 am bautariflichen Urlaubskassenverfahren teilzunehmen.
Der Beklagte ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er hat nach den für allgemeinverbindlich erklärten tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes (Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe [BRTV/Bau]; Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe [VTV]) insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütung zu sichern. Zu diesem Zweck haben die den Bautarifverträgen unterfallenden Arbeitgeber monatliche Beiträge in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Bruttolohnsumme der beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer an den Kläger zu zahlen.
Die Klägerin ist eine juristische Person polnischen Rechts mit Sitz in Xxxxxxxxxxxx (Polen). Auf der Grundlage eines Werkvertrages mit einem österreichischen Unternehmen mit Niederlassung in der Bundesrepublik Deutschland führte sie in den Jahren 2004 und 2005 mit ca 12 aus Polen nach Deutschland entsandte Arbeitnehmern Arbeiten im Rahmen der Herstellung eines Autobahntunnels im Kreis Göttingen (Heidkopftunnel) Tunnelbauarbeiten durch. In der gleichen Zeit bestand die betriebliche Tätigkeit der Klägerin in Polen darin, mit ca 150 Arbeitnehmern unter Tage Streckenvortriebsarbeiten in Steinkohlebergwerken vorzunehmen.
Nachdem die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 23. September 2005 erfolglos aufgefordert hatte, sie von der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen zum bautariflichen Urlaubskassenverfahren freizustellen, begehrt die Klägerin mit Ihrer Klage die Feststellung, dass sie für die Jahre 2004 und 2005 nicht zur Teilnahme am Urlaubskassenverfahren verpflichtet sei.
Die Klägerin hat vorgetragen, sie erbringe nicht überwiegend bauliche Leistungen. Bei ihrem Betrieb handele es sich vielmehr um einen solchen des Bergbaus. Im Klagezeitraum habe sie in Polen mit ca 150 Arbeitnehmern unter Tage Streckenvortriebsarbeiten in Steinkohlebergwerken vorgenommen. Diese von ihr in Polen durchgeführten Arbeiten, die in den beiden Jahren arbeitszeitlich weit überwogen hätten, seien unmittelbar der Rohstoffgewinnung zuzurechnen, so dass sie keinen Baubetrieb unterhalten habe. In Deutschland habe auch keine selbständige Betriebsabteilung existiert, weil die gesamte Tätigkeit, auch die in Deutschland, von ihrem Hauptbetrieb in Polen gesteuert werde. Ihre vertretungsberechtigte Mitarbeiterin habe sich nur vorübergehend in Deutschland aufgehalten.
Die Klägerin hat beantragt,
festzustellen, dass sie nicht verpflichtet ist, am Urlaubskassenverfahren des Beklagten im Zeitraum vom 01. Januar 2004 bis 31. Dezember 2005 teilzunehmen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei zur Teilnahme am Urlaubskassenverfahren verpflichtet. In Deutschland habe sie mit der Durchführung von Arbeiten zur Herstellung eines Straßentunnels bauliche Tätigkeiten ausgeführt. Nur auf diese Tätigkeiten komme es an. Zum einen habe die Beklagte, wie die Gewerbeanmeldung belege, in Deutschland eine selbständige Betriebsabteilung unterhalten, weil aufgrund der räumliche Entfernung zwischen den Arbeiten in Polen und Deutschland von einer eigenständigen Leistungsstruktur hinsichtlich der in Deutschland durchgeführten Arbeiten auszugehen sei. Zum anderen handelt es sich bei den in Deutschland tätigen Arbeitnehmern ohnehin um eine Gesamtheit von Arbei...