Entscheidungsstichwort (Thema)
Annahmeverzug. Direktionsrecht. Rücksichtnahmepflicht. Schadensersatz. Unmöglichkeit. Urlaubsabgeltung. Urlaubsgewährung. Unbegründete Klage auf Vergütungszahlung hilfsweise Abschluss eines Änderungsvertrages auf einen Bodenarbeitsplatz wegen angeblich von der Arbeitgeberin verschuldeter Flugdienstunfähigkeit sowie auf Urlaubsgewährung für Zeiten der Leistungsunfähigkeit, hilfsweise Urlaubsabgeltung während fortbestehenden Arbeitsverhältnisses. Schadensersatz wegen Annahmeverzug bei Leistungsunmöglichkeit auf Seiten des Arbeitnehmers. Darlegungs- und Beweislast bei durch den Arbeitgeber herbeigeführten Leistungsunfähigkeit. Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsanspruch
Leitsatz (redaktionell)
1. a) Schadensersatz wegen Annahmeverzug des Arbeitgebers setzt Leistungsfähigkeit des Schuldners (§§ 615, 297 BGB) voraus, woran es fehlt, wenn ein Flugzeugführer fluguntauglich ist.
b) Annahmeverzug lässt sich auch nicht damit begründen, dass der Arbeitgeber im Wege der Neuausübung des Direktionsrechts dem Arbeitnehmer keine andere Tätigkeit als die eines Flugzeugführers zu der i.S.d. § 294 BGB zu bewirkenden Arbeitsleistung bestimmt hat.
2. Behauptet der Arbeitnehmer, die Unmöglichkeit der geschuldeten Arbeitsleistung gehe auf eine schuldhafte Pflichtverletzung des Arbeitsgebers zurück, reicht es grundsätzlich aus, wenn der Arbeitnehmer, der durch die Schutzpflichtverletzung des Arbeitgebers einen Personenschaden erlitten hat, beweist, dass ein ordnungswidriger Zustand vorgelegen hat, der geeignet war, den eingetretenen Schaden herbeizuführen; es ist dann Sache des Arbeitgebers zu beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft.
b) Besteht der eingetretene Schaden in der eingetretenen Flugdienstuntauglichkeit, muss der Arbeitnehmer darlegen, worauf diese konkret zurückzuführen ist.
3. a) Ein Anspruch auf Urlaubsgewährung besteht nur dann, wenn dessen Erfüllung ist zurzeit möglich ist; dies ist bei Leistungsunfähigkeit jedoch nicht der Fall.
b) Urlaubsabgeltung kann nach § 7 Abs. 4 BUrlG nur verlangt werden, wenn der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht gewährt werden kann.
Normenkette
BetrVG §§ 7, 1; BGB § 241 Abs. 2, § 280 Abs. 1, § 326 Abs. 2, § 615; GewO § 106; SGB § 104 Abs. 7
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 12.01.2011; Aktenzeichen 16 Ca 669/09) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 12. Januar 2011, 16 Ca 669/09 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten auch im Berufungsrechtszug um Vergütungsansprüche für Mai 2009, um die Frage, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger eine Vertragsänderung mit der Beschäftigung auf einem Bodenarbeitsplatz anzubieten, sowie um Urlaubsansprüche. Streit besteht in diesem Zusammenhang auch darüber, ob die beim Kläger festgestellte Flugdienstuntauglichkeit von der Beklagten verursacht wurde und sie hieran ein Verschulden trifft. Wegen des unstreitigen Sachverhalts, des Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen (Bl. 645 bis 650 d.A.).
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat die Klage durch am 12. Januar 2011 verkündetes Urteil, 16 Ca 669/09, abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Vergütungsansprüche des Klägers für Mai 2009 unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges bestünden ebenso wenig wie ein Schadensersatzanspruch wegen entgangener Vergütung. Annahmeverzug bestehe nicht, denn der Kläger sei in dem im Streit stehenden Zeitraum flugdienstuntauglich, damit nicht als Flugzeugführer einsetzbar und damit außerstande gewesen, die geschuldete Leistung zu bewirken. Das Angebot des Klägers, am Boden beschäftigt zu werden, habe die Beklagte nicht in Annahmeverzug versetzt. Das Angebot einer "leidensgerechten" Arbeit sei ohne Belang, solange der Arbeitgeber nicht durch Neuausübung seines Direktionsrechts diese zu der zu bewirkenden Arbeitsleistung bestimmt habe. Ein Schadensersatzanspruch wegen entgangener Vergütung bestehe nicht, weil die Beklagte mit der unterbliebenen Zuweisung eines Bodenarbeitsplatzes ihre Rücksichtnahmepflicht nicht verletzt habe. Im Rahmen des Direktionsrechts habe die Beklagte dem Kläger keine ihm mögliche anderweitige Tätigkeit zuweisen können. Sie sei auch nicht verpflichtet gewesen, den Kläger jenseits der Grenzen ihres Direktionsrechts einzusetzen. Sie sei nicht allein aufgrund allgemeiner Rücksichtnahmepflicht auf Initiative des Klägers zur Mitwirkung an einer Vertragsänderung verpflichtet. Eine entsprechende Verpflichtung folge nicht aus tarifvertraglichen Regelungen. Eine solche Verpflichtung folge auch nicht daraus, dass sie die Flugdienstuntauglichkeit des Klägers zu vertreten hätte. Zum Einen habe der Kläger keinen seiner Leistungsfähigkeit entsprechenden Arbeitsplatz dargele...