Entscheidungsstichwort (Thema)
Vor-GmbH
Leitsatz (amtlich)
1. Die Vorschrift des § 37 Abs. 2 GmbHG, wonach der Geschäftsführer einer GmbH gegenüber Dritten eine unbeschränkte Vertretungsmacht besitzt, kann auf den Geschäftsführer einer Vor-GmbH nicht angewendet werden.
2. Zur rechtsgeschäftlichen Erweiterung der Vertretungsmacht des Geschäftsführers einer Vor-GmbH.
Normenkette
GmbHG § 47 Abs. 2, § 11; TVG § 1
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 10.01.2001; Aktenzeichen 7 Ca 647/00) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 10. Januar 2001 – 7 Ca 647/00 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Zahlungsverpflichtungen der Beklagten nach den Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes.
Der Kläger ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes.
Durch notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrag vom 19.06.1996 (Bl. 29–46 d.A.) gründeten die Beklagte, Herr …, Herr … und Frau … die „… Altbausanierung GmbH”. Gegenstand des Unternehmens war die Führung eines Baubetriebes zur Sanierung von Altbauten insbesondere die Erbringung von Werkleistungen auf dem Gebiet des Putz-, Stuck- und Trockenbaus sowie aller damit im Zusammenhang stehender Geschäfte. Ihre Einlage in Höhe von DM 500,00 leistete die Beklagte zum Stammkapital von DM 50.000,00. Zur Geschäftsführerin wurde Frau … bestellt.
Nach Abschluss des notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrages wurden unter dem Namen der … Altbausanierung GmbH Bauaufträge durchgeführt, Arbeitnehmer beschäftigt und dem Kläger die monatlich angefallenen Bruttolohnsummen der beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer gemeldet.
Nachdem das Amtsgericht Ludwigsburg als zuständiges Registergericht mit Schreiben vom 26.08.1998 (Bl. 179 d.A.) und vom 26.01.1999 (Bl. 177/178 d.A.) Frau … auf Eintragungshindernisse hingewiesen und um Abhilfe gebeten hatte, wies das Registergericht mit Beschluss vom 02.03.1999 den Antrag auf Eintragung der GmbH zurück.
Mit seiner Klage nimmt der Kläger, der gegen Herrn … einen rechtskräftigen Vollstreckungsbescheid und gegen Herrn … ein mittlerweile rechtskräftiges Versäumnisurteil auf Zahlung von Beiträgen für gewerbliche Arbeitnehmer für die Monate Juli 1998 bis April 1999 in Höhe von jeweils DM 50.536,15 erwirkt hat – ein gleichgelagertes Verfahren gegen Frau … ist noch anhängig – die Beklagte auf Zahlung eben dieser Beiträge in Anspruch.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte hafte als Mitgesellschafterin der nicht zur Eintragung gelangten Vor-GmbH in voller Höhe für die Beiträge, da die Gesellschaft trotz offensichtlicher Aufgabe der Eintragungsabsicht noch im April 1999 tätig gewesen sei.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte als Gesamtschuldnerin neben Frau … Herrn … und Herrn … zu verurteilen, an den Kläger DM 50.536,15 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, eine Haftung ihrerseits komme nicht in Frage. Sie habe den Gesellschaftsvertrag aus Gefälligkeit ihrer Schwägerin Frau … gegenüber geschlossen und habe den Gesellschaftsanteil nur unter der Voraussetzung erworben, dass die Gesellschaft auch tatsächlich ins Handelsregister eingetragen werde. Erst im August 1999 habe sie vom beurkundenden Notar erfahren, dass die Gesellschaft ohne Eintragung agiert habe und sodann mit Schreiben an Frau … vom 30.08.1999 (Bl. 16 d.A.) das Gesellschaftsverhältnis gekündigt, alle Vollmachten widerrufen und der Geschäftsführerin ausdrücklich untersagt, in ihrem, der Beklagten, Namen aufzutreten und Erklärungen abzugeben.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 10.01.2001 die Klage im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, der Beklagten könne die Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit nach Aufgabe der Eintragungsabsicht nicht zugerechnet werden. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 134–139 d.A.) Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 13.08.2001 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.
Er trägt vor, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die der Geschäftsführerin erteilte Vollmacht nicht die Befugnis zur Fortführung des Betriebes nach Aufgabe der Eintragungsabsicht umfasst habe. Der notariell beurkundete Gesellschaftsvertrag sei darauf ausgerichtet gewesen, einen Geschäftsbetrieb auf Dauer zu führen, es hätte der Beklagten jederzeit freigestanden, die Vollmacht der Geschäftsführerin rechtzeitig zu widerrufen. Selbst wenn die Beklagte nicht in vollem Umfang haften sollte, hafte sie jedenfalls anteilig im Verhältnis ihrer Einlage zum Stammkapital persönlich, weil die Vor-GmbH, wie sich aus dem Schreiben des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 26.01.1999 ergebe, bereits am 26.01.1999 erheblich mit Sc...