Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung der Gründungsgesellschafter
Leitsatz (amtlich)
1. Es bleibt unentschieden, ob der neueren Rspr. von BGH und BAG, wonach die Haftung der Gründunsgesellchafter einer Vor-GmbH für Verbindlichkeiten der Vor-GmbH (hier: aus den Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes) zu folgen ist.
2. Eine unmittlebare Inanspruchnahme der Gründungsgesellschafter einer Vor-GmbH (Außenhaftung) ist Jedenfalls dann möglich, wenn ein Konkursantrag über das Vermögen der Vor-GmbH mangels Masse abgelehnt worden ist,
3. Soweit Gründungsgesellschafter für Verbindlichekeiten der Vor-GmbH unmittelbar im Aussenverhältnis haften,
Normenkette
GmbHG § 11
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 29.02.1996; Aktenzeichen 4 Ca 2036/95) |
Tenor
Die Berufungen des Beklagten gegen dieUrteile des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 29. Februar 1996-4 Ca 303/95 und 4 Ca 2036/95 – werden auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen
Tatbestand
Die Partejen streiten in zwei, vom Berufungsgericht zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtsstreiten um Beitragsverpflichtungen des Beklagten nach den Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes für den Zeitraum September 1993 bis Mai 1994.
Der Kläger ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes.
Durch notariell beurkundeten Gesellschaftsvertrag vom 24.09.1993 gründeten der Beklagte, der … ist, und der frühere Beklagte zu 2. des Ursprungsrechtsstreits 16 Sa 937/96, Herr … die … Gegenstand des Unternehmens war die Ausführung von Bauvorhaben im Hochbaubereich, einschließlich Stahlbau, sowie alle verwandten Geschäfte, der Gesellschaftsbeginn wurde auf den 01.08.1993 festgelegt. Wegen des genauen Inhalts des Gesellschaftsvertrages wird im übrigen auf Bl. 45 – 61 d.A. 16 Sa 1135/96 Bezug genommen. In der anschließenden Gesellschafterversammlung wurde Herr … zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer bestellt. Ferner wurde beschlossen, „etwa vor Eintragung der Gesellschaft für diese vorgenommenen Geschäfte und Handlungen gelten als für Rechnung der Gesellschaft vorgenommen”. Im übrigen wird hinsichtlich des genauen Inhalts der gefaßten Beschlüsse auf Bl. 61 d.A. 16 Sa 1135/96 Bezug genommen.
Zu einer Eintragung der Gesellschaft (künftig: Vor-GmbH) kam es nicht. Ein Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der Vor-GmbH wurde durch Beschluß des Amtsgerichts Bad Kreuznach vom 27.07.1994 (3 N 51/94; Bl. 84 d.A. 16 Sa 937/96) abgelehnt, mit Schreiben vom 20.09.1994 wurde durch den Notar der Antrag auf Eintragung ins Handelsregister zurückgezogen.
Der Kläger hat in beiden vor dem Arbeitsgericht getrennt geführten Rechtsstreiten (4 Ca 303/95 und 4 Ca 2036/95) vorgetragen, die Vor-GmbH habe ab September 1993 Arbeitnehmer beschäftigt gehabt, die Hochbauarbeiten verrichtet hätten. Entsprechend sei die Vor-GmbH durch den Steuerberater mit Schreiben vom 01.06.1994 (Bl. 19 d.A. 16 Sa 1135/96) bei ihm angemeldet worden. Mit der Aufnahme der Geschäftstätigkeit durch die Vor-GmbH bereits vor deren Eintragung ins Handelsregister sei der Beklagte einverstanden gewesen. Für den Zeitraum September 1993 bis April 1994 seien an Beiträgen für gewerbliche Arbeitnehmer DM 49.624,40 und für Angestellte DM 522,90 gemeldet worden, für Mai 1994 bestehe eine Beitragsverbindlichkeit der Vor-GmbH entsprechend der vom Arbeitsamt ermittelten Bruttolohnsumme (Bl. 3 d.A. 16 Sa 937/96) in Höhe von DM 10.605,45. Für diese Beiträge hafte der Beklagte als Mitgesellschafter der Vor-GmbH persönlich.
In dem arbeitsgerichtlichen Verfahren 4 Ca 303/95 (Beitragsforderungen für Arbeiter und Angestellte von September 1993 bis April 1994) hat der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn DM 50.147,30 zu zahlen.
In dem arbeitsgerichtlichen Verfahren 4 Ca 2036/95 (Beitragsforderungen für gewerbliche Arbeitnehmer für Mai 1994) hat der Kläger, nachdem er im arbeitsgerichtlichen Termin vom 23.11.1995 gegen den Beklagten und den mitverklagten Herrn … ein beide als Gesamtschuldner zur Zahlung von DM 10.605,45 verurteilendes Versäumnisurteil erwirkt und der Beklagte gegen dieses Versäumnisurteil fristgerecht Einspruch eingelegt hatte, beantragt,
das Versäumnisurteil vom 23.11.1995 bezüglich des Beklagten zu 1. aufrechtzuerhalten.
Der Beklagte hat jeweils beantragt,
die Klage abzuweisen, in 4 Ca 2036/95 unter Aufhebung des ihn betreffenden Versäumnisurteils.
Er hat jeweils vorgetragen, ihm sei eine Aufnahme der Betriebstätigkeit durch die Vor-GmbH nicht bekannt gewesen.
Das Arbeitsgericht hat – im Verfahren 4 Ca 303/95 nach Vernehmung von Herrn … und der Ehefrau des Beklagten als Zeugen – mit Urteilen vom 29.02.1996 entsprechend den Anträgen des Klägers entschieden. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe der angefochtenen Urteile (Bl. 104-112 d.A. 16 Sa 1135/96 und Bl. 26 – 33 der Ursprungsakten 16 Sa 937/96) B...