Leitsatz (amtlich)
1. Die Herausnahme von sog. Werkstudenten aus dem persönlichen Geltungsbereich der VW-Haustarife MTV und Entgelt TV ist gleichheitswidrig und nichtig.
2. Anspruch auf Gleichbehandlungsgrundsatz, so behandelt zu werden, als sei die Geltung eines Tarifvertrages einzelvertraglich vereinbart.
Verfahrensgang
ArbG Kassel (Urteil vom 22.01.1998; Aktenzeichen 6 Ca 577/97) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 22.01.1998 – 6 Ca 577/97 – teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 776.41 DM (i. W. siebenhundertsechsundsiebzig 41/100 Deutsche Mark brutto nebst 4 % Zinsen aus dem verbleibenden Nettobetrag seit 01.01.1997 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Von den Kosten des ersten Rechtszugs trägt die Klägerin 63 %, die Beklagte 37 %.
Von den Kosten des Berufungsrechtszugs trägt die Klägerin 53 %, die Beklagte 47 %.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Entgeltansprüche aus einem zwischenzeitlich beendeten Arbeitsverhältnis.
Die Klägerin ist Studentin. Sie war vom 30.09.1996 bis 30.12.1996 bei der Beklagten als „Werkstudentin im Vertrieb Ersatzteile” gegen einen vereinbarten Stundenlohn von DM 23.00 beschäftigt. Die Klägerin war und ist nicht Mitglied der IG Metall.
Die Beklagte hat mit der IG Metall Haustarifverträge abgeschlossen. Von deren persönlichem Geltungsbereich, insbesondere dem des Manteltarifvertrages und des Monatsentgelttarifvertrages, sind u. a. Werkstudenten seit langem ausdrücklich ausgenommen. Die vom persönlichen Geltungsbereich der Haustarifverträge erfaßten Arbeiter im Bereich „Vertrieb Ersatzteile” erhalten dort jedenfalls in den ersten Monaten tarifvertragliche Vergütung gem. Entgeltniveau E/3, welches sich während der Beschäftigungszeit der Klägerin auf DM 27,90 brutto je Stunde belief. Bei Erreichen der entsprechenden Qualifikationen werden diese Arbeiter danach in F/4 umgruppiert. Mit nicht tarifgebundenen nichtstudentischen Mitarbeitern wird die Geltung der Haustarifverträge einzelvertraglich vereinbart.
In den zurückliegenden Jahrzehnten erhielten Werkstudenten jedenfalls den gleichen Stundenlohn wie vergleichbare andere neu eingestellte Mitarbeiter. Bei der Beklagten entstand am 15.05.1996 eine Gesamtbetriebsvereinbarung zur Regelung der Beschäftigungsbedingungen von Werkstudenten, in der auch die Höhe des Arbeitsentgelts mit DM 23,00 brutto geregelt wird.
Mit ihrer am 08.04.1997 zugestellten Klage vom 27.03.1997 hat die Klägerin Zahlung von Differenzvergütung à DM 4.95 für 268 Arbeitsstunden in der Zeit vom 30.09. – 30.12.1996 sowie weitere Urlaubsabgeltung für 7,5 Tage in Höhe von DM 838,50 abzüglich erhaltener DM 460.00 gefordert. Mit am 16.09.1997 zugestellter Klageerweiterung vom 11.09.1997 hat sie die geforderte Stundenvergütung auf DM 29.26 erhöht und weitere sich hieraus ergebende Differenzen geltend gemacht.
Die Klägerin hat insbesondere gemeint, die Herausnahme von Werkstudenten aus den Haustarifverträgen verstoße gegen den Gleichheitssatz, die Vorenthaltung der tarifvertraglichen Vergütung sei gleichbehandlungswidrig und überdies werde gegen das Verbot der Schlechterstellung von Teilzeitkräften verstoßen; die Gesamtbetriebsvereinbarung sei ohnehin aus Rechtsgründen nichtig.
Die Klägerin hat vorgetragen, sämtliche Differenzierungskriterien, mit denen die Beklagte die Schlechterstellung von Werkstudenten zu rechtfertigen suche, seien unbehelflich. Sachlich falsch, und ohnehin rechtlich gar nicht relevant, sei bereits die Behauptung, die Klägerin sei nur im Bereich Warenausgang-Einzelhandel, nicht aber bei Volumenaufträgen, Vertriebszentren-Schnellaufträgen, Seefracht und Luftfracht eingesetzt gewesen. Sie habe vielmehr alle Arten der Ersatzteilversendung beherrscht und auch bearbeitet. Auch im sog. Rückkauf, also bei Rücklauf von Falschlieferungen, habe die Klägerin gearbeitet. Es sei auch unrichtig, wenn behauptet werde, den Studenten werde eine besondere Flexibilität bei der Arbeitszeitgestaltung ermöglicht. Bei Vertragsbeginn müßten vielmehr bestimmte Einsatz-Werktage pro Woche angegeben und dann auch eingehalten werden. Es bleibe den einzelnen Meistern überlassen, Freigabewünschen von Studenten wegen Semesterarbeiter o.ä. zu entsprechen, was teilweise sogar regelmäßig verweigert worden sei.
Die Klägerin hat schließlich gemeint, die tarifvertragliche Ausschlußfrist sei auf die vorliegend geltend gemachten Ansprüche deshalb nicht anzuwenden, weil es sich nicht eigentlich um tarifvertragliche Ansprüche, sondern um Schadenersatzansprüche wegen Ungleichbehandlung von Teilzeitkräften handele.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie DM 2.095,48 brutto (i.W.: Zweitausendfünfundneunzig 48/100 Deutsche Mark) zu zahlen nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 01. Januar 1997.
Die Beklagte hat beant...