Entscheidungsstichwort (Thema)

Auswirkung der Lehrzeitabkürzung auf die Ausbildungsvergütung

 

Leitsatz (amtlich)

Nach der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (in AP Nr. 1 zu § 29 BBiG) ist generell davon auszugehen, daß bei einer Verkürzung der Ausbildung nach § 29 Abs. 2 BBiG der Auszubildende mit Beginn seiner Ausbildung nicht in ein bereits fortgeschrittenes Ausbildungsverhältnis eintritt, sondern seine Ausbildung mit dem ersten Lehrjahr beginnt. Die Lehrzeitabkürzung nach § 29 Abs. 2 BBiG führt mithin nicht dazu, daß die Ausbildungsvergütung des 2. bzw. 3. Ausbildungsjahres bereits um den Verkürzungszeitraum früher gezahlt werden soll.

Im Streitfalle sind auch die Vorschriften zu § 2.2.1 des Tarifvertrag Berufsbildung im Baugewerbe – mangels Vorliegens der dort näher bestimmten Voraussetzungen („… Besuch einer anderen Ausbildungsstätte … usw.”) als weitere Anspruchsgrundlage nicht in Betracht gekommen.

 

Normenkette

BBiG § 29 Abs. 2; TV Berufsbildung im Baugewerbe § 2.2.1

 

Verfahrensgang

ArbG Darmstadt (Urteil vom 27.11.1986; Aktenzeichen 2 Ca 241/86)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 27.11.1986 – Az: 2 Ca 241/86 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Hinsichtlich der im ersten Rechtszug vorgebrachten tatsächlichen Behauptungen der Parteien sowie wegen der vom Arbeitsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird gem. § 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 543 Abs. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils vom 27.11.1986 (Bl. 48/49 d.A.) Bezug genommen

Gegen diese, ihm am 17.2.1987 zugestellte Entscheidung des Arbeitsgerichts, auf deren nähere Gründe (Bl. 49– 51 d.A.) gleichfalls verwiesen wird, hat der Kläger mit einem am 10.3.1987 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 5.3.1987 Berufung eingelegt und sein Rechtsmittel mit einem weiteren, am 2.4.1987 eingegangenen Schriftsatz im einzelnen begründet. Darin beanstandet der Kläger vorab, daß der Tatbestand des angefochtenen Urteils lückenhaft sei. Er habe nämlich nach den Besuch der Hauptschule in den Jahren 1980 bis 1982 die H. E. M.-Schule in D. eine berufsbildende Schule (Handelsschule), besucht und dort täglich 6 Stunden Unterricht in den allgemeinen sowie kaufmännischen Schulrächern erhalten. Im Anschluß daran habe er für die Dauer von 15 Monaten seinen Grundwehrdienst absolviert und sodann – vor Abschluß des hier in Rede stehenden Berufsausbildungsvertrages – ein 4-monatiges Praktikum bei der Beklagten absolviert.

Nach Ansicht des Klägers kann, sich die Beklagte auch nicht darauf berufen, daß sie von seiner vorzeitigen Anmeldung zur Prüfung nichts gewußt habe, da letzteres nicht ohne Wissen des Ausbilders erfolgen könne. Vielmehr sei die Beklagte – aufgrund der beiderseitigen Organisationszugehörigkeit – gehalten gewesen, im Hinblick auf die Ausbildungsvergütung tarifliches Recht anzuwenden und insofern die höhere Ausbildungsvergütung zu zahlen, da er, wie dargetan, eine berufsbildende Schule besucht habe.

Schließlich vertritt der Kläger die Ansicht, daß ein tariflicher Verfall der jetzt verfolgten Nachzahlungsansprüche nach dem einschlägigen Tarifwerk für die Berufsbildung im Baugewerbe (= TV Berufsbildung) nicht eingetreten sei.

Der Kläger beantragt daher,

die Beklagte in Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts in Darmstadt vom 27.11.1986 – Az.: 2 Ca 241/86 – zu verurteilen, an den Kläger DM 6.626,25 brutto nebst 4 % Zinsen seit 11.6.1986 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt demgegenüber,

die Berufung zurückzuweisen und das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 27.11.1986 – Az.: 2 Ca 241/86 – zu bestätigen.

Sie verteidigt die angefochtene „Entscheidung als zutreffend und hebt nochmals hervor, die seitens der Handwerkskammer im Berufsausbildungsvertrag verfügte Lehrzeit-Abkürzung sei anschließend von beiden Parteien gebilligt worden.

Unabhängig davon verweist die Beklagte darauf, daß der – vom Kläger jetzt erstmals vorgebrachte – zweijähringe Besuch einer kaufmännischen Handelsschule nicht ausreiche, um das Klagebegehren nach den hier einschlägigen Tarifwerk zu rechtfertigen. Der TV Berufsbildung nehme vielmehr Bezug auf die Anrechnungsverordnung vom 17.7.1978 (= Anrechnunqs-VO), welche indes in ihren §§ 2 und 3 eine Anrechnung auf die Ausbildung nur zulasse, wenn die besuchte Berufsfachschule fachbezogene Fächer unterrichtet habe. Ebenso wenig sei die vom Kläger besuchte Handelsschule als eine „andere Ausbildungsstätte” i. S. des TV Berufsbildung anzusehen, wie sich aus der vom Arbeitsgericht eingeholten Stellungnahme des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes im einzelnen ergebe.

Schließlich macht die Beklagte noch geltend, der Kläger habe auch während seines vorausgegangenen Praktikums bei ihr keine fachbezogenen Tätigkeiten verrichtet.

Wegen des gesamten sonstigen wechselseitigen Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Sitzungsprotokoll vom 14.10.1987 (Bl. 79/80 d.A.) Bezug ge...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge