Leitsatz (amtlich)
1. Übernimmt der Arbeitgeber die Auszubildenden nach dem Ende der Ausbildung nur in ein Teilzeit-Arbeitsverhältnis, so kann auch ein gemäß § 78 a BetrVG geschützter Auszubildender nur die Übernahme in ein Teilzeit-Arbeitsverhältnis verlangen.
2. Die Fiktion des § 17 BBiG wirkt nicht, wenn und soweit der AG seinen abweichenden Willen gegenüber dem Auszubildenden zum Ausdruck gebracht hat.
Normenkette
BetrVG § 78a; BBiG § 17
Verfahrensgang
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen dasUrteil desArbeitsgerichts Kassel vom03.09.1987 – 4 Ca 307/87 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob es sich die Klägerin als Jugendvertreterin gefallen lassen muß, daß sie nach beendetem Ausbildungsverhältnis von der Beklagten lediglich in ein unbefristetes Teilzeit-Arbeitsverhältnis übernommen wurde.
Die 1968 geborene, ledige Klägerin machte seit dem 1.9.1984 bei der Beklagten eine Berufsausbildung, zunächst als Verkäuferin, später als Einzelhandelskauffrau. Seit dem 30. 10.1985 gehörte sie der Jugendvertretung an.
Unter dem 27.2.1987 teilte die Beklagte der Klägerin mit (Bl. 15 d.A.), sie sei bereit, die Klägerin nach bestandener Abschlußprüfung als kaufmännische Angestellte in ein unbefristetes Teilzeit-Arbeitsverhältnis mit 80 % der tariflichen Arbeitszeit zu übernehmen.
Die Klägerin antwortete unter dem 15.4.1987 (Bl. 4 d.A.), sie verlange in ihrer Eigenschaft als Jugendvertreterin, nach Abschluß der Ausbildung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen zu werden. Sie gehe davon aus, daß hiermit das Schreiben der Beklagten vom 27.2.1987 erledigt sei.
Der Personalleiter Sch. der Beklagten lud die Klägerin darauf zu einem klärenden Gespräch am 23.4.1987. Die Klägerin verlangte, sie nach bestandener Abschlußprüfung in ein Vollzeit-Arbeitsverhältnis zu übernehmen. Sch. lehnte dies ab und teilte der Klägerin nochmals mit, die Beklagte sei nur bereit, die Klägerin wie die anderen Lehrlinge auch in ein Teilzeit-Arbeitsverhältnis mit 80 % der tariflichen Arbeitszeit zu übernehmen.
Mitte Mai 1987 kam es zu einer weiteren Besprechung zwischen der Klägerin und dem Personalleiter Sch. Dieser lehnte es abermals ab, die Klägerin demnächst in ein Vollzeit-Arbeitsverhältnis zu übernehmen, und verwies zur Begründung auf das Urteil des Berufungsgerichts vom 6.1.1987 – 7 Sa 1151/86 (Bl. 17 ff. d.A.).
Am 4.6.1987 bestand die Klägerin ihre Abschlußprüfung. Um diese Zeit beendeten weitere 22 Lehrlinge für den Beruf des Verkäufers bzw. dem des Einzelhandelskaufmanns ihre Ausbildung bei der Beklagten. Fünf von ihnen entschieden sich dafür, nicht mehr für die Beklagte arbeiten zu wollen. Die restlichen siebzehn beschäftigte die Beklagte als Verkäufer bzw. als Einzelhandelskaufleute auf der Grundlage eines Teilzeit-Arbeitsverhältnisses zu 80 % der tariflichen Arbeitszeit weiter.
Die Personalabteilung der Beklagten leitete auch der Klägerin einen schriftlichen Arbeitsvertrag zu, der eine Teilzeitbeschäftigung von 80 % vorsah. Nachdem die Klägerin nicht, wie erbeten, eine Zweitschrift des Arbeitsvertrags unterschrieben zurückgereicht hatte, erfuhr der Personalleiter Sch. von der Klägerin, daß diese seit dem 4.6.1987 mit der vollen tariflichen Arbeitszeit in der Haushaltswarenabteilung der Beklagten tätig gewesen sei. Die Klägerin beschränkte ihren Arbeitsumfang erst dann auf denjenigen einer Teilzeitkraft, als ihr Sch. Ende Juni 1987 für den Fall einer weiteren Zuwiderhandlung arbeitsrechtliche Maßnahmen angedroht hatte.
Die Klägerin hat vorgetragen:
Als Jugendvertreterin könne sie gem. § 78 a BetrVG verlangen, in einem unbefristeten Vollzeit-Arbeitsverhältnis von der Beklagten beschäftigt zu werden. Davon abgesehen sei auch gem. § 17 BBiG dadurch ein Vollzeitarbeitsverhältnis begründet worden, daß sie von der Beklagten ab dem 5.6.1987 über mehrere Wochen tatsächlich mit der vollen tariflichen Arbeitszeit beschäftigt worden sei.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, sie
(Klägerin) über den 2.7.1987 hinaus als Vollzeitkraft mit einer tariflichen Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen:
Für einen Anspruch auf Vollzeitbeschäftigung der Klägerin gebe es keine Rechtsgrundlage. Die Klägerin könne nicht allein deshalb, weil sie Jugendvertreterin sei, im Unterschied zu sämtlichen anderen übernommenen Lehrlingen auf der Beschäftigung in einem Vollzeitarbeitsverhältnis bestehen. Ein Vollzeitarbeitsverhältnis sei auch nicht gem. § 17 BBiG zustandegekommen. Soweit die Klägerin vom 5. bis zu. 30. 6.1987 tatsächlich voll gearbeitet habe. Sei dies ohne Wissen der Personalleitung und gegen deren erklärten Willen geschehen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 3.9.1987 (Bl. 44 – 57 d.A.) Bezug genommen.
Mit der Berufung vertieft die Klägerin ...