Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachwirkung einer gekündigten Betriebsvereinbarung. Parallelentscheidung zum Urteil des Gerichts vom 15.03.2010, 7 Sa 1547/09, das vollständig dokumentiert ist. Entscheidung über Prämienanspruch nach Zurückverweisung durch Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 23. Juni 2009 – 1 AZR 215/08
Verfahrensgang
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Limburg vom 09. November 2006 – 2 Ca 341/06 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Revision vor dem Bundesarbeitsgericht in Sachen 1 AZR 215/08 zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über eine in der Vergangenheit aufgrund einer Betriebsvereinbarung gezahlte Prämie.
Die Beklagte stellt in ihren Betrieben in A mit ca. 135 Arbeitnehmern sowie in B mit ca. 95 Arbeitnehmern Wellpappe her. Für beide Betriebe sind Betriebsräte errichtet, die einen Gesamtbetriebsrat gebildet haben.
Die Klägerin ist seit dem 22. März 1990 als Maschinenarbeiterin im Betrieb B beschäftigt. In ihrem Arbeitsvertrag vom 21. März 1990 heißt es u.a.:
„Prämiengruppe: IV – KV.
Die jeweilige Leistungsprämie kommt aus berechnungstechnischen Gründen im jeweiligen Folgemonat zur Auszahlung.”
Die Beklagte wendet auf die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer die Tarifverträge der Papier erzeugenden Industrie an. Sie war und ist Mitglied im Arbeitgeberverband der Papier erzeugenden Industrie von C. Dieser gehört zur Vereinigung der Arbeitgeberverbände der Deutschen Papierindustrie (VAP). Der von ihm und den anderen Arbeitgeberverbänden geschlossene Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der Papierindustrie in der Bundesrepublik einschließlich Berlin enthielt und enthält in seiner jeweils gültigen Fassung mindestens seit dem Jahre 1975 in § 17 unter der Überschrift „Leistungslohn” u.a. Regelungen zur Prämienvergütung. Diese ermöglichen Betriebsvereinbarungen über die Prämienbedingungen und die Prämiensätze sowie die Abgrenzung des an den Prämiensystemen zu beteiligenden Personenkreises.
Am 16. Dezember 1975 wurde „zwischen der Geschäftsleitung und dem Betriebsrat der Firma D eine „Betriebsvereinbarung zur Leistungsentlohnung” (Betriebsvereinbarung 1975) geschlossen. Unterzeichnet ist sie von der „Geschäftsleitung” und dem „Betriebsrat”. Nach ihrem Einleitungssatz „umfasst” sie „die Bereiche Papierfabrik, Wellpappenwerk, Papierverarbeitung und das Wellpappenwerk N.”. Hinsichtlich der Prämienhöhe enthält die Betriebsvereinbarung 1975 im Abschnitt A unter VI folgende Regelung:
„5. Prämienhöhe
- Die Höhe der Prämie richtet sich nach dem erreichten Leistungsergebnisgrad, der Prämiengruppe, dem Gütegrad und den prämienfähigen Stunden.
Der Prämienbetrag in D-pf. je Stunde ist der Prämientabelle zu entnehmen.
Die Prämie beträgt derzeit mindestens 10% des tariflichen Zeitstundenlohnes bei Erreichen der vereinbarten Bezugsleistung.
- Die Prämientabelle wird nach ihrer Verabschiedung und nach der Unterzeichnung der Rahmen-Betriebsvereinbarung als Anlage 3 Bestandteil dieser Vereinbarung”
Wegen der übrigen Regelungen wird auf Bl. 17 – 20 d.A. Bezug genommen. Die Betriebsvereinbarung 1975 wurde zu einem nicht näher festgestellten Zeitpunkt gekündigt. Am 12. Januar 1989 wurde „zwischen der Geschäftsleitung und dem Betriebsrat” eine Vereinbarung (Betriebsvereinbarung 1989) geschlossen, nach deren Nr. 1 „die Rahmenbetriebsvereinbarung zur Leistungsentlohnung vom 16. Dezember 1975 … rückwirkend wieder in Kraft gesetzt” wird und nach deren Nr. 3 ab dem 01. Januar 1989 „die als Anlage beiliegende Prämiengeldtabelle” (Prämiengeldtabelle 1989) gilt. Die Betriebsvereinbarung 1989 und die Prämiengeldtabelle 1989 sind von der „Geschäftsleitung” und vom „Betriebsrat” unterzeichnet. Für den Betriebsrat unterschrieb S. L.. Dieser war zum damaligen Zeitpunkt sowohl Vorsitzender des Betriebsrats in A als auch des Gesamtbetriebsrats. Eine Prämiengeldtabelle wurde letztmals am 25. Mai 2004 mit Wirkung ab 01. Mai 2004 vereinbart (Prämiengeldtabelle 2004 – Bl. 23 d.A.). Diese Prämiengeldtabelle 2004 ist von der „Geschäftsleitung” der Beklagten und vom „Gesamtbetriebsrat” in Gestalt von S… L… unterzeichnet. Sie unterscheidet zwischen vier Prämiengruppen. Die Prämiengruppe I sieht ausgehend von 12,43 EUR pro Stunde bei 100% eine Prämie von 1,24 EUR, ab 121% eine solche von 1,50 EUR vor; die Prämiengruppe IV reicht ausgehend von 10,37 EUR pro Stunde von 1,04 EUR bis 1,25 EUR.
In den Jahren 1993 und 1994 fanden verschiedene Gespräche zwischen dem Geschäftsführer der Beklagten und den Betriebsräten beider Betriebe statt, bei denen es um die Leistungsermittlungen und die jeweilige Festlegung der Prämienhöhe ging. Folge dieser Gespräche, deren Inhalt und Ergebnis nicht schriftlich niedergelegt wurde, war, dass ab...