Entscheidungsstichwort (Thema)

Begriff der Erbringung von baulichen Leistungen im Sinne von § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 39 VTV. Teilnahme eines Transportunternehmens für Gussasphalt mittels eines Gussasphaltkochers am Sozialkassenverfahren des Baugewerbes

 

Leitsatz (amtlich)

1. Gussasphaltkocher sind Baumaschinen i.S.d. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 39 VTV (Anschluss an BAG 13.11.2013 < 10 AZR 842/12).

2. Das Merkmal “zur Erbringung von baulichen Leistungen„ i.S.v. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 39 VTV ist allerdings nur dann erfüllt, wenn die Verwendung der Baumaschine (unmittelbar) auf das Bauwerk einwirkt. Daran kann es fehlen, wenn nach dem Anliefern des Gussasphalts auf der Baustelle sich nicht der Einbau unmittelbar anschließt, sondern ein “Zwischentransport„ mittels sog. Dumper oder Schubkarren erforderlich ist.

 

Normenkette

VTV § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 39

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 08.09.2011; Aktenzeichen 4 Ca 1999/10)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 8. September 2011 - 4 Ca 1999/10 - abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits - einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens - hat der Kläger zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger Beiträge zum Sozialkassenverfahren des Baugewerbes zu zahlen.

Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er zieht nach näherer tariflicher Maßgabe die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes ein. Auf der Grundlage des allgemeinverbindlichen Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 20. Dezember 1999 bzw. vom 18. Dezember 2009 (VTV) hat der Kläger erstinstanzlich von der Beklagten im Wege einer sog. Mindestbeitragsklage - ausgehend von durchgehend mindestens drei gewerblichen Arbeitnehmern im Klagezeitraum - in zunächst vier getrennten Verfahren, die das Arbeitsgericht zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander verbunden hat, die Zahlung von Beiträgen für gewerbliche Arbeitnehmer für den Zeitraum Dezember 2005 bis Dezember 2010 geltend gemacht. Dabei handelt es sich um eine Gesamtsumme in Höhe von 102.267 Euro.

Die Beklagte betreibt einen Gewerbebetrieb und verfügt über eine Erlaubnis für den gewerblichen Güterkraftverkehr. Sie ist seit 1971 Mitglied in der Berufsgenossenschaft Transport und Verkehrswirtschaft. In den Kalenderjahren 2005 bis 2010 beschäftigte sie 23 gewerbliche Arbeitnehmer. Wegen der Anzahl der in den einzelnen Monaten beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 05. Dezember 2011 (Bl. 161 der Akte) Bezug genommen.

Während des Klagezeitraums transportierten die im Betrieb der Beklagten beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer zu mehr als 50 % ihrer jeweiligen persönlichen Arbeitszeit, die zusammen auch mehr als 50 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit ausmachte, Gussasphalt vom Herstellungsbetrieb bzw. von der Mischanlage mittels sog. Gussasphaltkocher zu den Baustellen von Kunden bzw. Straßenbauunternehmen. Der Gussasphalt wurde nicht von der Beklagten, sondern vom Kunden direkt beim Hersteller erworben. Während des Transports hatte der Fahrer der Beklagten dafür Sorge zu tragen, dass der Gussasphalt durch den unter dem Gefäß befindlichen Brenner sowie das Rührwerk erhitzt und flüssig gehalten wurde. Die Verarbeitungstemperatur von Gussasphalt liegt bei ca. 230 Grad. Er muss heiß ankommen, weil er ansonsten vom Kunden nicht weiterverarbeitet werden kann.

Auf der Baustelle wurde der Asphalt sodann von den Arbeitnehmern des jeweiligen Straßenbauunternehmens abgenommen. Ob die entsprechenden Schieber bzw. Schalter durch eigene Mitarbeiter der Beklagten oder durch Arbeitnehmer der Auftraggeber betätigt wurden, steht zwischen den Parteien im Streit.

Mit Bescheid vom 17. August 2011 stellte die Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Hessen, fest, dass der Betrieb nicht überwiegend baugewerbliche Arbeiten ausführte. Auf den Prüfbericht Bl. 106 bis 109 der Akte wird Bezug genommen.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei verpflichtet, am Sozialkassenverfahren der Bauwirtschaft teilzunehmen. Der Transport von Gussasphalt mittels Gussasphaltkochern vom Herstellungsbetrieb bzw. der Mischanlage zur Baustelle vor Ort sei entsprechend der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts eine baulichen Leistung, da das Tatbestandsmerkmal der Vermietung von Baumaschinen mit Bedienpersonal des § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 39 VTV, darüber hinaus die Tatbestandsmerkmale von § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 32 VTV (Straßenbau) und von § 1 Abs. 2 Abschn. II VTV erfüllt seien.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 102.267 Euro zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, sie unterfalle im Klagezeitraum nicht dem Geltungsbereich des VTV, da sie keinen Betrieb des Baugewe...

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