Entscheidungsstichwort (Thema)

Abmahnung. Personalakte. Zeitablauf

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Abmahnung kann infolge Zeitablaufs nicht nur kündigungsrechtlich wirkungslos werden, sondern ist darüberhinaus aus der Personalakte zu entfernen, wenn ihrem Verbleib nicht schutzwürdige Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen (solche würden im Streitfall bei einem geringfügigen Vertragsverstoß nach 2 ½ Jahren beanstandungslosen Verhaltens verneint). Tritt diese Wirkung im Laufe des Rechtsstreits ein, der eine auf Entfernung der Abmahnung gerichtete Klage zum Gegenstand hat, ist die Abmahnung mit Wirkung dieses Zeitpunktes aus der Personalakte zu entfernen, wodurch sich der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt.

 

Normenkette

BGB §§ 611, 242, 1004

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 21.01.1998; Aktenzeichen 9 Ca 1898/97)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 21. Januar 1998 – 9 Ca 1898/97 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten auch zweitinstanzlich um die Entfernung zweier Abmahnungen aus der Personalakte des Klägers.

Der 55 Jahre alte Kläger ist seit dem 1. Juni 1977 bei der Beklagten beschäftigt. In der Zeit von September 1993 bis April 1996 wurde er überwiegend in U. eingesetzt. Mit Vertrag vom 27. Juni 1996 regelten die Parteien das Aufgabengebiet des Klägers neu. Er ist seitdem insbesondere für die EDV, die Buchhaltung, das Rechnungswesen sowie die Aufsichtsratssitzungen und Gesellschafterversammlungen der ausländischen Tochtergesellschaften der Beklagten zuständig. Wegen der Einzelheiten der ihm übertragenen Aufgaben wird auf die Arbeitsplatzbeschreibung vom 27. Juni 1996 (Bl. 7, 8 d. A.) verwiesen.

Die Beklagte erteilte dem Kläger mit Schreiben vom 2. Dez. 1996 eine Abmahnung. Sie wirft ihm darin vor, er habe die am 6. Dez. 1996 stattfindende Aufsichtsrats- und Kreditausschußsitzung der C. L., einer der ausländischen Tochtergesellschaften der Beklagten mit Sitz in P. nicht frist- und ordnungsgemäß vorbereitet. Insbesondere bemängelte sie, er habe die Frist für die Zusendung von Tagesordnung, Anlagen und Beschlußvorlagen an die Teilnehmer nicht eingehalten. Bis zum 2. Dez. 1996 hätten „keinerlei Vorlagen vorgelegen”, weshalb zur Sitzung nicht ordnungsgemäß eingeladen worden sei. Ferner heißt es: „daß die nicht fristgemäße Vorlage ein unerträgliches Versäumnis ist und uns Schaden zufügen kann”. Wegen des weiteren Inhalts der Abmahnung wird auf Bl. 9 d. A. verwiesen.

Die Geschäftsordnung des Unternehmens C. L. sieht eine Einladungsfrist von 14 Tagen für die Sitzungen des Aufsichtsrates vor. Mit der Einladung sind danach auch die Gegenstände der Tagesordnung sowie die dazugehörigen Unterlagen zu übermitteln. Der Kläger verschickte die Einladungen zur Aufsichtsratssitzung einschließlich der Tagesordnung am 21. Nov. 1996 vorab per Telefax sowie am 20. Nov. 1996 per Brief an die Sitzungsteilnehmer. Die von der Geschäftsleitung der C. L. zu den einzelnen Punkten der Tagesordnung zu erstellenden Unterlagen waren bis zum 21. Nov. 1996 noch nicht fertiggestellt und konnten daher nicht mit der Einladung versandt werden. Die Unterlagen wurden der Beklagten erst am 2. Dez. 1996 per Telefax von der C. L. übermittelt und an die Herren F., W. und V. bei der Beklagten verteilt. Am gleichen Tag wurden die Unterlagen per Telefax direkt durch die C. L. an die übrigen Aufsichtsratssitzungsteilnehmer versandt. Die Geschäftsleitung weigerte sich nicht, die angemahnten Unterlagen rechtzeitig zu übersenden. Der ehemalige Geschäftsführer P. äußerte am Telefon gegenüber dem Kläger, die Aufsichtsratssitzungen kämen immer sehr plötzlich, man sähe es mit der Fertigstellung der Unterlagen immer sehr souverän.

Die Sitzung am 7. Dez. 1996 war die erste Aufsichtsratssitzung, die der Kläger vorbereitete. Die Verfahrensweise des Klägers war in der Vergangenheit bei der Beklagten üblich. Die Unterlagen zu den jeweiligen Tagesordnungspunkten waren meistens im Zeitpunkt der Versendung der Einladungen noch nicht fertiggestellt. Daher wurden die Unterlagen regelmäßig erst nach der Einladung einige Tage vor dem Sitzungstermin mit gesonderter Post verschickt. Das vorformulierte Einladungsschreiben der Beklagten enthielt daher den Standardsatz, „daß die Unterlagen zu den Tagesordnungspunkten in den nächsten Tagen mit separater Post” zugehen.

Mit Schreiben vom 3. April 1997 sprach die Beklagte eine weitere Abmahnung aus. Darin wird dem Kläger vorgeworfen, er sei bei einem Besuch der C. L. in P., der in der Zeit vom 17.–19. Febr. 1997 stattfand, seinem wesentlichen Auftrag, nämlich die Geschäftsführung in der Umsetzung der vom Aufsichtsrat beschlossenen Maßnahmen zu beraten und zu unterstützen, nicht nachgekommen. Es habe weder eine Unterredung und Abstimmung mit den Geschäftsführern noch mit dem Wirtschaftsprüfer stattgefunden. Eine über ein Gespräch zwischen dem Abschlußprüfer C. & L. sowie der Geschäftsführung der C. L. erhalte...

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