Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Einreichung eines Schriftsatzes als elektronisches Dokument
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Form des § 130a Abs. 3 ZPO ist nicht mehr gewahrt, wenn die qualifizierte elektronische Signatur nur an dem an das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) übermittelten Nachrichtencontainer angebracht ist.
2. Es gereicht dem Prozessbevollmächtigten zum Verschulden, wenn er keine Kenntnis von den seit dem 01.01.2018 gem. § 4 Abs. 2 ERVV geltenden erhöhten Anforderungen an die qualifizierte elektronische Signatur eines per EGVP bei Gericht einzureichenden Schriftsatzes hat.
Orientierungssatz
Einzelfall einer unzulässigen Berufung wegen nicht formgerechter Einreichung der Berufungsbegründung - Verwendung einer Container-Signatur; Erfolglosigkeit eines Wiedereinsetzungsantrages mangels Darlegung und Glaubhaftmachung einer unverschuldeten Fristversäumung und mangels Verletzung einer gerichtlichen Hinweispflicht
Normenkette
ZPO § 130a Abs. 3; ERVV § 4 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 22.11.2017; Aktenzeichen 7 Ca 5453/17) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 22. November 2017 - 7 Ca 5453/17 - wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe einer an den Kläger zu zahlenden Ergebnisbeteiligung für das Kalenderjahr 2015 und die Zahlung einer Pauschale nach § 288 Abs. 5 BGB.
Der Kläger ist bei der Beklagten als Flugbegleiter beschäftigt. Auf sein Arbeitsverhältnis findet kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme insbesondere der Tarifvertrag Ergebnisbeteiligung für das Kabinenpersonal vom 31. Juli 2013. Nach den Regelungen dieses Tarifvertrages ist die Zahlung einer Ergebnisbeteiligung u.a. daran geknüpft, dass die Mitarbeiter des Kabinenpersonals "während des Bezugsjahres im A-Konzern aktiv beschäftigt waren". Ausgehend von dieser Formulierung kürzte die Beklagte die Ergebnisbeteiligung des Klägers für das Kalenderjahr 2015 anteilig um Zeiten, in denen der Kläger arbeitsunfähig erkrankt war, ohne einen Entgelt- oder Entgeltersatzanspruch zu haben. Gegen diese Kürzung hat der Kläger sich gewandt und erstinstanzlich die Zahlung einer weiteren Ergebnisbeteiligung von 1.614,50 € brutto nebst Zinsen und Verzugspauschale iSv. § 288 Abs. 5 BGB geltend gemacht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts, des Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 61 - 62 d.A.) Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit am 22. November 2017 verkündetem Urteil überwiegend stattgegeben. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 62 - 65 d.A.) Bezug genommen.
Gegen dieses am 18. Dezember 2017 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 12. Januar 2018 Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist am 15. Februar 2018 als elektronisches Dokument über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (im Folgenden: EGVP) an das Hessische Landesarbeitsgericht übermittelt worden. Die qualifizierte elektronische Signatur (im Folgenden: qeS) bezog sich nach dem Transfervermerk (Bl. 83 d.A.) nicht auf das elektronische PDF-Dokument selbst, sondern auf den "Nachrichtencontainer" (sog. Container-Signatur). Die Berufungsbegründung trägt den Unterschriftszug der Prozessbevollmächtigten der Beklagten. Dem Dokument wurde eine eingescannte Unterschrift der Prozessbevollmächtigten hinzugefügt. Das Original der Berufungsbegründung wurde nicht handschriftlich unterzeichnet.
Am 16. Februar 2018 hat der Vorsitzende der zur Entscheidung berufenen Kammer einen Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt und weitere Verfügungen zur Ladung der Parteien und Zustellung der Berufungsbegründung an die Klägerseite getroffen (Bl. 92 d.A.).
Mit Schriftsatz vom 7. September 2018 hat die Beklagte Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist beantragt und zugleich die Berufung erneut begründet. Die Beklagte greift das angegriffene erstinstanzliche Urteil in der Sache unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens an. Wegen der Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Beklagten wird auf die Berufungsbegründung vom 15. Februar 2018 und gleichlautend vom 7. September 2018 (Bl. 84 - 91; 135 - 142 d.A.) Bezug genommen.
Die Beklagte ist der Ansicht, ihr sei Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist zu gewähren. Die Berufungsbegründung sei am 15. Februar 2018 mit gültigem qualifiziertem Zertifikat signiert und ausweislich der Empfangsbestätigung des Landesarbeitsgerichts fehlerfrei per EGVP übermittelt worden. Die Gültigkeit des Zertifikats und Eingang der Berufungsbegründung beim richtigen Adressaten seien noch am 15. Februar 2018 von der zuständigen Rechtsanwaltsfachangestellten überprüft worden. Weder der Prozessbevollmächtigten der Beklagten noch der gewissenhaft arbeitenden R...