Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung. Gruppenleiter in einer Werkstatt für Behinderte
Leitsatz (amtlich)
Eine einzelvertragliche Vereinbarung, daß bestimmte für das Arbeitsverhältnis geltende Regelungen an einen Tarifvertrag „angelehnt” sind, stellt in der Regel keine Verweisung auf einen Tarifvertrag (sog. Wiederspiegelungsklausel) dar.
Normenkette
BGB § 611 Abs. 1; BAT § 22 Anl. 1a Vg Vb (Tatifverträge vom 19.06.1970 und vom 24.04.1991, Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst – VkA); BAT § 22 Anl. 1a Vg IVb (Tatifverträge vom 19.06.1970 und vom 24.04.1991, Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst – VkA)
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 13.06.1995; Aktenzeichen 2 Ca 4468/93) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts in Wiesbaden vom 13. Juni 1995 – 2 Ca 4468/93 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die richtige tarifliche Vergütungsgruppe (Vg), nach der die Arbeit der Klägerin für den Beklagten zu vergüten ist.
Die am 19. Januar 1942 geborene Klägerin ist Kindergärtnerin. Sie war in der Zeit von 1985 bis 1989 Mitglied der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr. Der Beklagte ist Mitglied des Hessischen Arbeitgeberverbandes der Gemeinden und Kommunalverbände, der seinerseits Mitglied der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VkA) ist. Aufgrund des unter ihrem damaligen Namen D. geschlossenen Arbeitsvertrags vom 04. Juli 1983 (AV, Bl. 113 d. A.) steht sie seit dem 01. Juli 1983 in einem Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten als Gruppenleiterin in einer der von dem Beklagten in W. und dem R. unterhaltenen Werkstätten für Behinderte, nämlich einer Eingangs- und Trainingsgruppe in der Werkstatt in W.. In dieser Gruppe befinden sich nach Darstellung des Beklagten regelmäßig 6 bis 8, nach der der Klägerin 8 bis 16 Behinderte für die Dauer von zwei Jahren, die in dieser Gruppe an die Arbeit in der Werkstatt herangeführt werden. Es werden jeweils im Herbst und im Frühjahr neue Behinderte in die Gruppe aufgenommen, nach Behauptung der Klägerin im Durchschnitt 6 Personen. Sinn und Ziel, personelle und räumliche Ausstattung des Eingangs- und Trainingsbereichs ergeben sich aus dem von dem Beklagten erstellten Konzept (Bl. 25 – 29 d. A.), Einzelaufgaben aus der Aufzeichnung der Klägerin vom 04. Januar 1994 (Bl. 30 u. 31 d. A.). Die Klägerin nimmt am Aufnahmegespräch teil, in dem sie den Behinderten und seine Bezugspersonen kennenlernt.
Dabei wird der Entwicklungsstand des Behinderten in psychischer und physischer Hinsicht festgehalten. Alsdann findet eine Orientierung des Behinderten im neuen räumlichen und sozialen Umfeld statt. Dazu gehören das Vertrautmachen mit den neuen Bezugspersonen, den Gruppenmitgliedern, den Gruppen- und Werkstattregeln, den Arbeits- und Pausenzeiten. Es werden Angebote neben der Arbeit gemacht und Gruppengespräche zur Förderung der Akzeptanz organisiert. Ferner werden einfache Arbeitsvorgänge erlernt. Daran schließt sich der Grundkurs an, in dem die Behinderten, abgestimmt auf ihre Möglichkeiten und Fertigkeiten, die verschiedenen Arbeiten kennenlernen. Einschränkungen der Fähigkeiten werden, soweit möglich, durch Schaffung individueller Arbeitshilfen kompensiert. Es finden kurze Arbeitserprobungen im Arbeitsbereich statt. Es folgt der Aufbaukurs, in dem die erlernten Fähigkeiten und Fertigkeiten verfestigt und erweitert werden. Ob in der Gruppe für die Behinderten ein Eingangsverfahren im Sinne von § 3 Dritte Verordnung zur Durchführung des Schwerbehindertengesetzes vom 13. August 1980 (Werkstättenverordnung Schwerbehindertengesetz – SchwbWV, BGBl. I S. 1365) durchgeführt wird, ist streitig. Über jeden Behinderten wird in der Eingangs- und Trainingsgruppe anhand eines arbeitspädagogischen Beobachtungs- und Bewertungsbogens und eines Beurteilungsbogens ein Entwicklungsbericht erstellt (Vordrucke Bl. 50 – 65 d. A.). Bei dem Beklagten gibt es in anderen Werkstätten für Behinderte noch eine oder zwei andere Eingangs- und Trainingsgruppen; die in der Werkstatt für Behinderte in B. wird von der Arbeitnehmerin T. geleitet. Der Arbeitsvertrag der Klägerin lautet, soweit hier von Interesse, wie folgt:
„…
§ 2
Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach den für Werkstätten für Behinderte vom Landeswohlfahrtsverband Hessen erlassenen Richtlinien. Die Gehalts- und Urlaubsregelungen sind an die Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) vom 23.02.1961 und den diesen ergänzenden oder ändernden Tarifverträgen angelehnt.
§ 3
Die Angestellte wird in die Vergütungsgruppe VI b … eingestuft.
…”
Mit später eingetretenen Arbeitnehmern hat der Beklagte vereinbart, daß sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen bestimmt. Seit dem 01. Januar 1991 erhält die Klägerin Vergütung nach Vg V b BAT. Bis zum 31. Januar 1990 hatte die Anlage 1 a – Vergütu...