Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 20.01.1992; Aktenzeichen 15 Ca 301/91) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main von 20. Jan. 1992 – AZ: 15 Ca 301/91 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Zahlung eines tariflichen Urlaubsgeldes für Zeiten der Inanspruchnahme von Erziehungsurlaubs.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft Parteivereinbarung die Firmen-Tarifverträge der Beklagten Anwendung. Der Firmen-Manteltarifvertrag vom 06. April 1989 regelt die Auszahlung des Urlaubsgeldes für den streitgegenständlichen Zeitraum. Die maßgebliche Tarifnorm lautet auszugsweise wie folgt:
„§ 10 Urlaubsgeld
Die Angestellten erhalten ein Urlaubsgeld. Es beträgt für das volle Urlaubsjahr 100 % eines Monatsgehalts, unabhängig von der Dauer des Jahresurlaubs.
Bei Eintritt oder Ausscheiden im Laufe eines Kalenderjahres werden für jeden Monat der Betriebszugehörigkeit im Kalenderjahr 1/12 des Urlaubsgeldes gezahlt. Ab 16 Tage Betriebszugehörigkeit im Monat zählen als voller Monat.
…
Das Urlaubsgeld ist mit dem Juni-Gehalt fällig, auf Wunsch des Angestellten auch bei früherem Urlaubsantritt.”
Wegen des weiteren Inhaltes des Firmen-Manteltarifvertrages wird auf die zu den Akten gereichte Abschrift Bezug genommen.
Die Klägerin machte für das ganze Kalenderjahr 1991 von ihrem Recht auf Erziehungsurlaub Gebrauch. Die Beklagte übte im entsprechenden Umfang ihre gesetzliche Kürzungsbefugnis nach § 17 Abs. 1 BErzGG aus und kürzte den Erziehungsurlaub der Klägerin für das Kalenderjahr 1991.
Die Beklagte zahlte der Klägerin weiter für das Kalenderjahr 1991 kein tarifliches Urlaubsgeld.
Die Klägerin hat die Zahlung des tariflichen Urlaubsgeldes in voller Höhe geltend gemacht. Sie hat die Auffassung vertreten, daß nach dem Tarifwortlaut das Urlaubsgeld unabhängig von der Urlaubsdauer zugesagt sei, so daß auch bei geringerer Urlaubsnahme bzw. bei gänzlichem Wegfall des Urlaubsanspruchs die volle Urlaubsgeldzahlung geschuldet sei. Sie hat weiter gemeint, das Urlaubsgeld weise Gratifikationscharakter auf.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie DM 3.996,– brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit 16.09.1991 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat gemeint, das Urlaubsgeld sei Entgelt im engerem Sinne. Dies ergäbe sich daraus, daß die Zahlung an keine weiteren anspruchsbegründenden Voraussetzungen gebunden sei. Es bestünde keine Stichtagsregelung und keine Rückzahlungsklausel, aus denen auf einen Gratifikationscharakter geschlossen werden könnte. Soweit in § 10 des Manteltarifvertrages geregelt sei, daß Urlaubsgeld unanhängig von der Dauer des Jahresurlaubs gezahlt werde, so beziehe sich dieses auf die unterschiedliche Urlaubsdauer je nach Dauer der Betriebszugehörigkeit gem. § 8 Manteltarifvertrag.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und seine Entscheidung damit begründest, daß die tarifliche Urlaubsgeldzahlung auch Gratifikationsmerkmale aufweise. Dieser Gratifikationscharakter komme darin zum Ausdruck, daß, nach der tariflichen Regelung das Urlaubsgeld nicht zwingend zusammen mit dem Urlaubsentgelt zu zahlen ist, und daß das Urlaubsgeld unabhängig vom Umfang des Jahresurlaubs in Höhe eines Monatsgehaltes geschuldet sei. Wegen weiterer Einzelheiten der erstinstanzlichen Entscheidung wird auf deren Tatbestand und Entscheidungsgründe (Bl. 44–50 d.A.) Bezug genommen.
Gegen dieses ihr am 23. März 1992 zugestellte Urteil richtet sich die am 21. April 1992 eingelegte und am 5. Mai 1992 begründete Berufung der Beklagten.
Die Beklagte wiederholt ihr erstinstanzliches Vorbringen und meint, daß die höchstrichterliche Rechtsprechung den Gratifikationscharakter einer Leistung ausnahmslos aus der Existenz von Stichtagsregelungen, Wartezeiten oder Rückzahlungsklauseln hergeleitet habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichtes Frankfurt/Main vom 20. Jan. 1992 – Az.: 15 Ca 301/91 – abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung ist zulässig.
Sie ist auch begründet. Das angefochtene Urteil ist abzuändern und die Klage abzuweisen, weil sie unbegründet ist. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf tarifliches Urlaubsgeld für das Kalenderjahr 1991.
Die Auslegung der tariflichen Regelung über die Gewährung des Urlaubsgeldes im Firmen-Manteltarifvertrag der Beklagten ergibt, daß es sich bei dieser Sonderzahlung um Arbeitsentgelt handelt, das sich nur hinsichtlich des Fälligkeitszeitpunktes von den übrigen Arbeitsentgeltteilen unterscheidet, indem e...