Entscheidungsstichwort (Thema)

Allgemeiner arbeitsrechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz. Differenzierungsklausel. Zulässige zwischen Tarifvertragsparteien schuldrechtlich vereinbarte Differenzierungsklausel mit Umsetzungsweg über gewerkschaftsnahen Verein. Differenzierungsklausel und allgemeiner Gleichbehandlungsgrundsatz

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet es dem Arbeitgeber, Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleich zu behandeln und verbietet damit nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung.

2. Eine zwischen Tarifvertragsparteien schuldrechtlich vereinbarte Differenzierungsklausel mit Umsetzungsweg über gewerkschaftsnahen Verein ist zulässig und verletzt nicht den allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.

 

Normenkette

BGB § 611; GG Art. 9

 

Verfahrensgang

ArbG Darmstadt (Entscheidung vom 08.12.2011; Aktenzeichen 10 Ca 154/11)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 21.05.2014; Aktenzeichen 4 AZR 120/13)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 08. Dezember 2011, 10 Ca 154/11, abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Zahlungsansprüche.

Die Kläger sind bei der durch formwechselnde Umwandlung der A entstandenen Beklagten in deren Betrieb in B als Arbeitnehmer beschäftigt. Auf ihre Arbeitsverhältnisse finden kraft vertraglicher Bezugnahme die zwischen dem Verband der Metall- und Elektro-Unternehmen C e.V. und der Industriegewerkschaft Metall Bezirksleitung D abgeschlossenen Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie für das Land C Anwendung. Die Beklagte ist Mitglied des Arbeitgeberverbands, die Kläger sind nicht Mitglieder der IG Metall, sondern der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM).

Am 31. Mai 2010 schlossen die Beklagte, seinerzeit noch in der Rechtsform einer GmbH (bezeichnet als A), die mittlerweile auf die Beklagte bzw. die seinerzeitige A als übernehmende Rechtsträger verschmolzenen Gesellschaften E, F und G, die H, die I, der Verband der Metall- und Elektro-Unternehmen C e.V., der Verband der Metall- und Elektro-Industrie J e.V., der Verband der K Metall- und Elektro-Industrie e.V., der Verband der Metall- und Elektro-Industrie L e.V., die Betriebsräte B, M, N und des Testzentrums O der Beklagten, der Betriebsrat P, die IG Metall, Bezirksleitungen D und J eine als Master Agreement bezeichnete Vereinbarung (Bl. 36 f d.A.), die auszugsweise wie folgt lautet:

Abschnitt I

Arbeitnehmerbeiträge und Beschäftigungssicherung

Den Parteien ist bewusst, dass Personalreduzierungen notwendig sind. Über den standortspezifischen Umfang des von der Geschäftsleitung als erforderlich angesehenen Personalabbaus, wurden die Betriebsräte informiert. ...

Nach Umsetzung dieser Personalreduzierungen wird die A bis zum 1.1.2015 keine betriebsbedingten Kündigungen aussprechen.

Die Parteien legen dabei eine Personalkostenreduzierung in Höhe von durchschnittlich 176,8 Mio. € p.a. in Deutschland (265 Mio. in Europa) zugrunde und verpflichten sich dazu. ...

Den Zugeständnissen der Arbeitnehmerseite zur Kostenreduzierung stehen Zusagen der Arbeitgeberseite zu Investitionen, Produktinnovationen, zur Beschäftigungssicherung, Regelung zur Unternehmensmitbestimmung und der zu ändernden Rechtsform der A gegenüber. Die Kernpunkte einer solchen zukünftigen Übereinkunft sind in dieser Vereinbarung geregelt.

Abschnitt II

Aufschiebende Bedingung

Sämtliche unter Abschnitt IV A und B genannten Zusagen aller Parteien stehen unter der aufschiebenden Bedingung, dass die Parteien Vereinbarungen zu den Punkten

- Gewinnbeteiligung

- Sicherheiten

- Tarifvertrag Engineering

bis zum 1.9.2010 abschließen.

Um trotz der dargestellten zeitlichen Dimension die Kostenreduzierung gemäß Abschnitt IV B zu ermöglichen werden die Tarifvertragsparteien eine Verschiebung der Fälligkeit der tariflichen Einmalzahlung 2010 und des derzeitigen Urlaubsgeld Anspruches für 2010 in Höhe von 50 % bis zum 30.09.2010 vereinbaren. Diese Zahlungen entfallen anschließend im Falle des Eintritts der Bedingungen.

...

Abschnitt IV

Gewinnbeteiligung und Sicherheiten

...

B.) Personalkostenreduzierungen

Die jeweils zuständigen Parteien werden bis zum 01.09.2010 eine Betriebsvereinbarung/Betriebsvereinbarungen und einen Tarifvertrag/Tarifverträge mit dem nachfolgenden beschriebenen Inhalt abschließen:

1. Einmalzahlungen

Die für den Zeitraum vom 1. Mai 2010 bis zum 31. März 2011 vorgesehene tarifliche Einmalzahlung i.H.v. insgesamt 320,- € brutto für Arbeitnehmer sowie i.H.v. insgesamt 120,- € brutto für Auszubildende entfällt.

2. Nichtweitergabe der Tariferhöhung bis zum 31.01.2012

Die durch die Tarifabschlüsse für die Metall- und Elektroindustrie im Februar 2010 vorgesehene Erhöhung der Tarifentgelte ab dem 1. April 2...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge