Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsrente
Leitsatz (amtlich)
Einzelfall
Normenkette
BetrAVG
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 28.04.1987; Aktenzeichen 5 Ca 1971/87) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 28.4.1987 – 5 Ca 1971/87 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Streitwert für die Berufungsinstanz: 25.020.– DM.
Tatbestand
Der am 1. Juli 1955 bei der Beklagten eingetretene und am 30.9.1977 aufgrund eigener Kündigung ausgeschiedene Kläger macht im Hinblick auf eine am 19.7.1979 eingetretene Erwerbsunfähigkeit eine Rente geltend, die nach der einschlägigen Betriebsrentenordnung der Beklagten vom Dezember 1974 unter der Voraussetzung zugesagt ist, daß das Ausscheiden infolge Erwerbsunfähigkeit nach mindestens 25-jähriger ununterbrochener Beschäftigung erfolgt.
Wegen des Tatbestandes im einzelnen wird auf das angefochtene klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 28.4.1987 verwiesen (§ 543 Abs. 1 ZPO).
Gegen dieses ihm am 15.6.1987 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit der am 9.7.1987 eingelegten und am 24.7.1987 begründeten Berufung.
Er vertritt die Auffassung, angesichts des Zurücklegens von über 24 Jahren seit Eintritt in das Arbeitsverhältnis bis zur Invalidität sei die Verweigerung der Erwerbsunfähigkeitsrente unbillig. Die Festlegung der Länge der Wartezeit sei nicht allein Sache des Arbeitgebers. Vielmehr könne nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Wartezeit höchstens auf 20 Jahre festgelegt werden, andernfalls werde die Zusage einer Invalidenrente praktisch entwertet.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des angefochtenen Urteils zur Zahlung vom 67.415.–DM nebst 4 % Zinsen zu verurteilen, sowie festzustellen, daß die Beklagte zur Zahlung einer monatlichen Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von 695.– DM ab 1. September 1987 bis zum 31. August 1998 verpflichtet ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil mit Rechtsausführungen.
Wegen des Parteivorbringens im einzelnen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegt und begründete Berufung ist zulässig; in der Sache ist das Rechtsmittel jedoch nicht erfolgreich.
Dem Kläger steht eine Erwerbsunfähigkeitsrente nach der Versorgungsordnung der Beklagten nicht zu, da die Erwerbsunfähigkeit vor Ablauf der vorgesehenen 25-jährigen Wartezeit eingetreten ist.
Soweit die Versorgungsordnung der Beklagten eine Versorgung im Falle von Erwerbsunfähigkeit erst nach einer Wartezeit von 25 Jahren abdeckt, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden, wie das angefochtene Urteil zutreffend ausführt.
Wartezeiten für Leistungen aus einer betrieblichen Alters- oder Invalidenversorgung kann der Arbeitgeber grundsätzlich beliebig lang festsetzen und damit die Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme wesentlich herabsetzen. Das Bundesarbeitsgericht hat in ständiger Rechtsprechung erkannt, daß ein Arbeitgeber frei darin ist, den begünstigten Personenkreis festzulegen. Hierzu gehöre auch die Frage, nach welcher Wartefrist Versorgungsleistungen in Betracht kommen und an welche Betriebstreue also eine Vergütung geknüpft werden soll (vgl. BAG vom 12.6.1975 – 3 ABR 13/74 – AP Nr. 1 zu § 87 BetrVG 1972 Altersversorgung; BAG vom 7.7.1977 – 3 AZR 570/76 – BB 1977, 1251; BAG vom 14.1.1986 – 3 AZR 456/84 – BB 1987, 1535). Damit wird der Überlegung Rechnung getragen, daß es dem Arbeitgeber freistehen muß, unterschiedliche Versorgungsrisiken je nach den Erfordernissen und Möglichkeiten unterschiedlich abzudecken. Da der Arbeitgeber frei ist, ob er überhaupt Versorgungszusagen erteilen will, kann ihm auch nicht verwehrt werden, bestimmte Risiken nur unter bestimmten Voraussetzungen in die Versorgung einzuschließen.
Wie das angefochtene Urteil zutreffend weiter darlegt, berührt das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19.12.1974 (BGBl. I S. 3610 -BetrAVG) die Zulässigkeit derartiger Wartezeiten nicht, soweit mit ihnen der begünstigte Personenkreis abgegrenzt wird. § 1 Abs. 1 Satz 4 BetrAVG bestimmt nur, daß Wartezeiten auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfüllt werden können, wenn sie nach Eintritt der Unverfallbarkeit nicht erreicht sind. Um eine solche Fallgestaltung handelt es sich aber vorliegend nicht, da die Erwerbsunfähigkeit bereits vor Ablauf der festgelegten Wartezeit von 25 Jahren eingetreten ist und die Voraussetzungen für den Bezug einer Erwerbsunfähigkeitsrente somit selbst für den Fall nicht erfüllt waren, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers bei der Beklagten weiter fortbestanden hätte.
Auch das Berufungsgericht sieht keinen Grund, die Dauer der vorgesehenen Wartezeit von 25 Jahren zu beanstanden. Wie das angefochtene Urteil zutreffend ausfuhrt, war die Behandlung der in den Versorgungszusagen üblichen Wartezeiten bei der Schaffung des BetrAVG im Hinblick auf die Unverfallbarkeit zunächst so gedacht, daß bestimmt werden sollte...