Verfahrensgang
ArbG Darmstadt (Urteil vom 03.05.2000; Aktenzeichen 9 Ca 57/00) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts
Darmstadt vom 03.05.2000 – 9 Ca 57/00 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger aufgrund einer Altersteilzeitvereinbarung finanzielle Nachteile zu ersetzen, die sich aus dem Progressionsvorbehalt ergeben.
Der Kläger war seit dem 1.8.1988 bei der Beklagten als Controller beschäftigt, zuletzt mit einem Bruttoeinkommen von 11.165,– DM monatlich.
Mit Wirkung vom 1.5.1998 führten die Parteien das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fort; dieses endete am 30.11.2000. Wegen der Regelungen der „Altersteilzeitvereinbarung” wird auf die Anlage 1 zur Klageschrift, Blatt 5 ff der Akte Bezug genommen. Die Altersteilzeitvereinbarung beruht auf dem (Bundes-)tarifvertrag zur Förderung der Altersteilzeit vom 17. Juli 1996.
§ 4 der Altersteilzeitvereinbarung lautet:
Der Arbeitnehmer erhält zusätzlich eine Aufstockungszahlung in Höhe von 40 % des Arbeitsentgelts für die Altersteilzeitarbeit. Das Arbeitsentgelt ist jedoch auf mindestens 85 % des um die gesetzlichen Abzüge, die bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallen, verminderten Arbeitsentgelts, das der Arbeitnehmer ohne Eintritt in die Altersteilzeit erzielt hätte, aufzustocken. Für die Berechnung dieses Nettoarbeitsentgelts ist die auf das Altersteilzeitarbeitsverhältnis anzuwendende Steuerklasse maßgebend.
Der Vertragsänderung war eine für den Kläger erstellte „Vergleichsrechnung für Altersteilzeit” beigefügt, wegen deren Inhalts auf die Anlage 2 zur Klageschrift, Blatt 10 der Akte verwiesen wird. In dieser Vergleichsberechnung war ein Progressionsvorbehalt nicht berücksichtigt.
Vor Abschluss der Altersteilzeitvereinbarung wies die Beklagte den Kläger nicht darauf hin, dass Aufstockungsbeträge im Rahmen eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses dem Progressionsvorbehalt nach § 32 b EStG unterliegen.
Der Aufstockungsbetrag selbst floss dem Kläger – wie gesetzlich vorgesehen- unversteuert zu.
Für die Jahre 1998 und 1999 hatte der Kläger infolge erhöhter Steuerforderungen aufgrund des Progressionsvorbehalts einen Einkommenssteuernachteil in Höhe von 93,46 DM und 1.514,22 DM. zusammen 1.607,68 DM, da sich seine Einnahmen nach Steuern letztlich auf einen Betrag verminderten, der unterhalb 85 % des Nettoarbeitsentgelts lag.
Mit Schreiben vom 14.1.2000 forderte der Kläger die Beklagte – erfolglos – auf, ihm diesen Betrag zu erstatten.
Der Kläger ist der Ansicht gewesen, angesichts der Komplexität der Materie habe die Beklagte nicht davon ausgehen können, dass er über ausreichende steuerrechtliche Kenntnisse verfügte, um die ihm nachteiligen steuerlichen Folgen der Altersteilzeitvereinbarung abzusehen; um ihre vertragliche Verpflichtung zu erfüllen, müsse die Beklagte dafür Sorge tragen, dass die in der Altersteilzeitregelung vertraglich vereinbarte Mindestgrenze von 85 % des Nettoarbeitsentgelts eingehalten werde und ihm keine finanziellen Nachteile durch den Progressionsvorbehalt entstünden.
Der Kläger hat beantragt.
die Beklagte zu verurteilen, an ihn DM 1.607,68 nebst 4 % Zinsen seit 1.2.2000 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt.
die Klage abzuweisen.
Sie hat gemeint, § 4 des Altersteilzeitvertrags enthalte keine Nettolohn-Vereinbarung, mit der die Beklagte dem Kläger 85 % seines Nettoeinkommens während der Altersteilzeit garantiert habe. Sie sei nicht verpflichtet, dem Arbeitnehmer diejenigen steuerlichen Nachteile auszugleichen, die sich aus der Berücksichtigung eines steuerfreien Entgeltbestandteils für die Höhe des Steuersatzes nach § 32 b 1 EStG ergeben. Sie ist der Auffassung gewesen, dass eine Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers über alle Eventualitäten steuerrechtlicher Konsequenzen nicht bestehe; es sei dem Kläger auch ohne weiteres möglich gewesen, sich über die Problematik des Progressionsvorbehalts zu informieren, da unter anderem die Bundesanstalt für Arbeit in ihrem seit 1996 herausgegebenen Merkblatt „Das neue Altersteilzeitgesetz-Hinweise für Arbeitgeber und Arbeitnehmer” hierauf hinweise.
Das Arbeitsgericht hat d. Klage durch Urteil vom 3.5.2000 abgewiesen.
Das Urteil ist d. Kl. am 12.5.2000 zugestellt worden. D. Kl. hat am 25.5.2000 Berufung eingelegt und am 13.6.2000 begründet.
Der Kläger stützt sich in der Berufung, wie er auch im Kammertermin vor dem Landesarbeitsgericht erklärt hat, nur noch auf die Zusage in der Altersteilzeitvereinbarung selbst und nicht mehr auf eine Verletzung von Aufklärungspflichten. Er meint, die Altersteilzeitvereinbarung garantiere ihm nach ihrem Wortlaut während der Altersteilzeit 85 % seines Nettoarbeitsentgelts.
Er behauptet, bei der von der Beklagten vorgelegten Vergleichsberechnung sei der Progressionsvorbehalt schlicht vergessen worden, der von der Beklagten aber zahlenmäßig, nämlich nach den Daten des Klägers auf der Lohnsteuerkarte erken...