Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingescannte Unterschrift auf Berufungsbegründungsschriftsatz nicht ausreichend. Rechtsprechung zu Unterschriften beim Computerfax auf Mail-to-Fax-Verfahren nicht übertragbar
Leitsatz (amtlich)
1. Eine im E-Mail-to-Fax-Verfahren übermittelte Berufungsbegründungsschrift genügt den gesetzlichen Formanforderungen an eine Berufungsbegründungsschrift Anforderungen grundsätzlich nicht, wenn sie lediglich eine eingescannte Unterschrift enthält.
2. Die Rechtsprechung des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 5. April 2000 (- GmS-OGB 1/98 - BGHZ 144, 160) zum Computerfax, wonach dann, wenn ein bestimmender Schriftsatz inhaltlich den prozessualen Anforderungen genügt, die Person des Erklärenden in der Regel dadurch eindeutig bestimmt sei, dass seine Unterschrift eingescannt oder der Hinweis angebracht sei, dass der benannte Urheber wegen der gewählten Übertragungsform nicht unterzeichnen könne (so auch BGH 26. Januar 2021 - VI ZB 46/20 - Rn. 8; BFH 22. Juni 2010 - VIII R 38/08 - Rn. 17, BFHE 230, 115; BAG 5. August 2009 - 10 AZR 692/08 - Rn. 22 ff.), sind auf das Mail-to-Fax-Verfahren nicht übertragbar.
Normenkette
ZPO §§ 130, § 233 ff., §§ 519-520; GG Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; ZPO §§ 294, 296 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Offenbach am Main (Entscheidung vom 30.09.2020; Aktenzeichen 11 Ca 409/20) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Offenbach am Main vom 30. September 2020 - 11 Ca 409/20 - wird als unzulässig verworfen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um eine Versorgungszusage und sich daraus - aus Sicht des Klägers - ergebende Zahlungsansprüche gegen die Beklagte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts, des Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 78 - 79 d.A.) Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat die Klage mit Urteil vom 30. September 2020 (11 Ca 409/20) als unbegründet abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 79 RS - 80 RS d.A.) Bezug genommen.
Gegen dieses ihm am 5. Oktober 2020 (Bl. 87 d.A.) zugestellte Urteil hat der Kläger am 27. Oktober 2020 zweimal per Fax (im E-Mail-to-Fax-Verfahren) und zusätzlich per beA Berufung eingelegt (Ausdrucke Bl. 87 f., Bl. 90 - 92 sowie Bl. 93a f. d.A.) und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist auf rechtzeitigen Antrag hin bis zum 5. Januar 2021 (Bl. 94 d.A.) - am 5. Januar 2021 per Fax (im E-Mail-to-Fax-Verfahren) begründet (Bl. 98 -106 d.A.). Bei den Unterschriften unter dem per beA eingereichten Berufungseinlegungsschriftsatz und der per Fax eingereichten Berufungsbegründungsschrift handelt es sich lediglich um eingescannte Unterschriften.
Am 1. Februar 2021 ist dem Vorsitzenden im Rahmen der Bearbeitung der Akte aufgefallen, dass die Unterschriftenzüge unter dem per beA eingereichten Berufungseinlegungsschriftsatz und der per Fax eingereichten Berufungsbegründungsschrift in diesem Verfahren und in dem Parallelverfahren mit dem Az. 6 Sa 1249/21 identisch sind und es sich daher wohl lediglich um eingescannte Unterschriften handele. Mit Hinweisbeschluss vom selben Tag (sh. Bl. 156 - 156 RS d.A.), der dem Kläger am 4. Februar 2022 (sh. EB = Bl. 157 d.A.) zugestellt worden ist, hat der Vorsitzende hierauf und auf die (mögliche) Unzulässigkeit der Berufung hingewiesen.
Mit Schriftsatz vom 4. Februar 2022 (Bl. 158 - 180 d.A.) hat der Kläger zu dem gerichtlichen Hinweisbeschluss vom 4. Februar 2022 Stellung genommen und ausgeführt, dass der Berufungsbegründungsschriftsatz im sog. E-Mail-to-Fax-Verfahren an das Hessische Landesarbeitsgericht übermittelt worden sei (zu den Einzelheiten dieses Verfahrens sh. S. 2 des vorgenannten Schriftsatzes = Bl. 160 d.A.). Er hat die Auffassung vertreten, dass es sich dabei um ein Computerfax handele, das auch mit nur eingescannter Unterschrift zulässig sei. Zudem hat er unter gleichzeitiger Einreichung der Berufungsbegründung per beA (sh. Bl. 172 - 180 d.A.) vorsorglich einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt und diesen damit begründet, dass er den bereits am 31. Dezember 2020 fertiggestellten Berufungsbegründungsschriftsatz in diesem Verfahren - wie auch im Parallelverfahren - dreimal ausgedruckt und jeweils das Original und die beglaubigte Abschrift unterschrieben habe und am 4. Januar 2021 gegen 15:00 Uhr und damit vor der Leerungszeit (16:00 Uhr) in den Briefkasten vor der Postfiliale am xxx in A eingeworfen habe (sh. zu den Einzelheiten S. 7 f. des Schriftsatzes vom 4. Februar 2022 = Bl. 165 f. d.A.). Diese Angaben hat der Klägervertreter anwaltlich versichert und gemeint, dass der per Post übermittelte Umschlag mit den Berufungsbegründungsschriftsätzen wohl auf dem Postweg ohne...