Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugehörigkeit eines in Tschechien ansässigen Unternehmens zum Sozialkassenverfahren im Baugewerbe. Begriff der selbständigen Betriebsabteilung i.S. von § 1 Abs. 2 Abschn. VI Unterabs. 1 S. 3 VTV
Leitsatz (redaktionell)
1. Zwar handelt es sich um eine baugewerbliche Tätigkeit, wenn Arbeitnehmer Container und Raummodule errichten und betriebsfertig machen. Diese Tätigkeit unterfällt jedoch dann nicht dem Sozialkassenverfahren im Baugewerbe, wenn es sich nicht um eine selbständige Betriebsabteilung i.S. von § 1 Abs. 2 Abschn. VI Unterabs. 1 S. 3 VTV handelt.
2. Die Montage selbst hergestellter Container und anderer Bauteile stellt eine Nebentätigkeit zu einer zeitlich überwiegenden baufremden betrieblichen Tätigkeit dar, wenn die Montagetätigkeit neben der Herstellung der Container zeitlich nicht ins Gewicht fällt. Das gilt insbesondere dann, wenn die eingesetzten Arbeitnehmer sowohl in der Produktion als auch in der Montage eingesetzt wurden.
Normenkette
VTV § 1 Abs. 2 Abschn. 6 Unterabs. 1 S. 3
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 20.06.2013; Aktenzeichen 10 Ca 1031/12) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 20. Juni 2013 - 10 Ca 1031/12 - wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten, einer AG nach tschechischem Recht, für bestimmte Monate in der Zeitspanne von Oktober 2009 bis September 2012 Beiträge zum Urlaubskassensystem der Bauwirtschaft.
Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes. Er hat nach den für allgemeinverbindlich erklärten tarifvertraglichen Regelungen des Baugewerbes (Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe [BRTV-Bau], Tarifvertrag für das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe [VTV]) insbesondere die Aufgabe, die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütungen zu sichern. Zu diesem Zweck haben die den Bautarifverträgen unterfallenden Arbeitgeber monatliche Beiträge in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes der Bruttolohnsumme der beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer an den Kläger zu zahlen.
Die Beklagte ist eine Aktiengesellschaft nach tschechischem Recht mit Sitz in A, Tschechien. Sie stellt am Unternehmenssitz Container her. Was genau in welchem Umfang produziert wird, ist zwischen den Parteien streitig.
In den Jahren 2009 bis 2012 entsandte die Beklagte als Subunternehmer gewerbliche Arbeitnehmer nach Deutschland, welche auf Baustellen Container zu Wohn- und Unterbringungszwecken errichteten. Die Beklagte beantragte für diese Arbeitnehmer Arbeitsgenehmigungen-EU. Sie gab gegenüber dem Kläger keine Meldungen ab und zahlte keine Beiträge.
Der Kläger hat die Beklagte mit am 05. Dezember 2012 bei dem Arbeitsgericht Wiesbaden eingegangener Klage auf Beiträge für die Monate Oktober 2009, November 2009, Januar 2010, Februar 2010, September 2010 bis Dezember 2010, Januar 2011 bis April 2011 und September 2012 in Anspruch genommen. In den übrigen Monaten der Zeitspanne von Oktober 2009 bis September 2012 beschäftigte die Beklagte keine Arbeitnehmer in Deutschland.
Die Beitragsforderung des Klägers beruht auf einer Schätzung. Er ist davon ausgegangen, dass die Arbeitnehmer der Beklagten an allen Arbeitstagen eingesetzt wurden, für welche eine Arbeitserlaubnis-EU beantragt wurde. Pro Arbeitstag ist er auch von einer Arbeitszeit von 8 h täglich ausgegangen. Weiter hat der Kläger angenommen, dass 85% der Arbeitnehmer nach der Lohngruppe 2 und 15% der Arbeitnehmer nach der Lohngruppe 1 des jeweils anwendbaren Tarifvertrags zur Regelung der Mindestlöhne im Baugewerbe im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV Mindestlohn) vergütet werden mussten. Die sich daraus ergebene Berechnung hat der Kläger tabellarisch in der Anlage zur Klageschrift zusammengefasst (Bl. 6-8 d.A.).
Die Klage wurde der Beklagten am 08. Januar 2013 zugestellt.
Nach Bürgenzahlungen reduzierte der Kläger die Klageforderung auf 7.825,53 € und nahm die Klage im Übrigen zurück. Auf Grund der Bürgenleistungen forderte er keine Beiträge mehr für die Monate Januar 2011 und April 2011. Wegen der Zusammensetzung der Restforderung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 17. Januar 2013 verwiesen (Bl. 11 f. d.A.).
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Errichtung und Montage von Raummodulen sei eine Tätigkeit iSd. § 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 9, 13 und 37 VTV. Er hat behauptete, bei der Beklagten handele es sich insgesamt um einen baugewerblichen Betrieb. Zumindest bildeten aber die nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer eine Gesamtheit von Arbeitnehmern gemäß § 1 Abs. 2 Abschn. VI Unterabs. 1 S. 3 VTV, unabhängig von den im Heimatland ausgeführten Arbeiten. Diese Arbeitnehmer hätten in koordinierter Form, d.h. unter Aufsicht und Anleitung, die Container errichtet und ausgebaut.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 7.825,53 € nebst Zinsen in Höhe von...