Entscheidungsstichwort (Thema)
Regelmäßig Beschäftigte. Nicht ganzjährig Beschäftigte
Leitsatz (redaktionell)
1. Für die Bestimmung der Zahl der regelmäßig Beschäftigten ist nicht entscheidend, wie viele Arbeitnehmer dem Betrieb zufällig zu einem bestimmten Zeitpunkt angehören. Vielmehr ist auf die normale Zahl der Beschäftigten abzustellen, also auf die Personalstärke, die für den Betrieb im Allgemeinen kennzeichnend ist. Dies erfordert regelmäßig sowohl einen Rückblick als auch eine Prognose.
2. Nicht ständig beschäftigte Aushilfskräfte sind bei der Bestimmung der regelmäßig Beschäftigten mitzuzählen, wenn eine bestimmte Anzahl solcher Arbeitnehmer regelmäßig für einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten im Jahr beschäftigt worden ist und auch, wenn mit einer derartigen Beschäftigung in Zukunft gerechnet werden kann.
Normenkette
BetrVG § 113 Abs. 1, 3, §§ 111, 9
Verfahrensgang
ArbG Limburg a.d. Lahn (Urteil vom 28.08.2002; Aktenzeichen 1 Ca 349/02) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Limburg vom 28.08.2002 (Az.: 1 Ca 349/02) wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger trat am 01. August 1969 als Maurer in die Dienste der Beklagten. Sein monatlicher Verdienst betrug EUR 2.363,– brutto.
Am 31. Januar 2002 teilte der Inhaber der Beklagten den Mitarbeitern auf einer Versammlung mit, er habe am 15. Januar 2002 den Entschluss gefasst, das Unternehmen zu liquidieren und den Betrieb zum 31. Oktober 2002 einzustellen.
Am 25. Februar 2002 hörte die Beklagte den Betriebsrat zur beabsichtigten Kündigung der Arbeitnehmer an. Dem Betriebsrat wurde eine Liste mit Namen von 21 Arbeitnehmern übergeben, in der die Ehefrau des Inhabers der Beklagten, R. R., deren Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zum 28. Februar 2002 durch Kündigung beendet wurde, sowie der am 30. August 1983 geborene Auszubildende S. J., dessen Berufsausbildungsverhältnis durch Kündigung zum 15. Februar 2002 von der Beklagten fristlos gekündigt worden war, enthalten waren. Der Betriebsrat widersprach den beabsichtigten Kündigungen mit Schreiben vom 01. März 2002 und verlangte den Abschluss eines Sozialplans. Dies lehnte die Beklagte ab. Eine Massenentlassungsanzeige gemäß § 17 KSchG nahm die Beklagte nicht vor.
In den Jahren 1997 bis 2001 war ein Mitarbeiter L. vom 09. April bis 31. Oktober 1997, vom 17. August bis 18. Dezember 1998, vom 14. April bis 30. November 1999, vom 03. April bis 30. November 2000 und vom 17. April bis 12. Oktober 2001 beschäftigt.
Mit Schreiben vom 19. März 2002 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 31. Oktober 2002. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Klage und begehrt hilfsweise eine Abfindung nach § 113 Abs. 3 BetrVG.
Der Kläger hat behauptet, bei der Beklagten seien am 15. Januar 2002 noch 21 Arbeitnehmer beschäftigt gewesen, so dass mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich hätte verhandelt werden müssen.
Der Kläger hat beantragt,
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 19.03.2002 nicht beendet wird;
2. im Falle des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Maurer weiter zu beschäftigen; hilfsweise
4. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine Abfindung nach § 113 Abs. 3 BetrVG zu zahlen, deren Höhe ein Monatsarbeitsentgelt je Beschäftigungsjahr nicht unterschreiten soll.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat behauptet, die Auftragslage habe sich seit dem Jahre 2001 stark verschlechtert. Um eine Kostenersparnis vorzunehmen, sei im September 2001 das Arbeitsverhältnis mit der Ehefrau des Inhabers mit Wirkung zum 28. Februar 2002 gekündigt worden. Da Anfang des Jahres 2002 erkennbar gewesen sei, dass sich die Auftragslage nicht bis zum Sommer oder Herbst 2002 verbessern würde und der Kreditrahmen bei der Bank ausgeschöpft gewesen sei, die Bank nicht bereit gewesen sei, das Kreditvolumen auszuweiten, habe die Beklagte am 15. Januar 2002 beschlossen, den Betrieb zum 31. Oktober 2002 einzustellen. Die Beklagte habe ihren langjährig beschäftigten Mitarbeitern die Möglichkeit geben wollen, sich aus einem ungekündigten Arbeitsverhältnis zu bewerben und deshalb sich entschlossen, allen Mitarbeitern zum Stilllegungszeitpunkt zu kündigen. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, eine Massenentlassungsanzeige sei nicht erforderlich gewesen, auch habe eine Pflicht zur Verhandlung über einen Interessenausgleich nicht bestanden, da zum Zeitpunkt der Stilllegungsabsicht lediglich 20 Mitarbeiter regelmäßig beschäftigt gewesen seien.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird verwiesen.
Gegen das ihm am 24. Oktober 2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 12. November 2002 Berufung eingelegt und am 12. Dezember 2002 die Berufung begründet.
Der Kläger ist der Auffassung, der Mi...