Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Bestimmtheit einer sowohl Schadensersatz- als auch Erfüllungsansprüche hinsichtlich eines vertraglich vereinbarten Bonus geltend machenden Klage. Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs gegen den Arbeitgeber wegen verspäteter Zielvorgabe
Leitsatz (amtlich)
1. Macht der Kläger im Hinblick auf einen vertraglich vereinbarten Bonus sowohl Schadensersatz- als auch Erfüllungsansprüche geltend, ist die Klage nur zulässig, wenn er die Ansprüche in ein Stufenverhältnis stellt. Da es sich um unterschiedliche Streitgegenstände handelt, ist die Klage andernfalls nicht hinreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
2. Ein Schadensersatzanspruch wegen verspäteter Zielvorgabe scheidet jedenfalls aus, wenn der Arbeitgeber sich insoweit nicht in Verzug befunden hat, weil die Vorgabe vom Arbeitnehmer weder angemahnt wurde noch für sie eine Zeit nach dem Kalender bestimmt war.
3. Es konnte offenbleiben, ob bei nicht erfolgter Zielvorgabe trotz entsprechender arbeitsvertraglicher Verpflichtung nach Ablauf der Zielperiode ein Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1, 3 iVm §§ 283, 249, 252 BGB entstehen kann, wie das BAG ihn für die unterbliebene Zielvereinbarung annimmt. Ein hierdurch entstandener Schaden war nach den Umständen des Einzelfalls nicht anzunehmen (§ 287 ZPO).
Normenkette
ZPO § 253; BGB § 280 Abs. 2, §§ 286, 249, 252, 280 Abs. 1, § 283
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 10.10.2018; Aktenzeichen 14 Ca 2926/18) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 10. Oktober 2018 – 14 Ca 2926/18 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten zweitinstanzlich betreffend das dritte und vierte Quartal des Bonusjahres 2017/2018 sowie betreffend das erste Quartal des Bonusjahres 2018/2019 um Ansprüche des Klägers auf variable Vergütung sowie teilweise um Schadensersatzansprüche in diesem Zusammenhang.
Die Beklagte ist eine rechtlich eigenständige Konzerngesellschaft der A, einem weltweit agierenden Telekommunikationskonzern, mit Firmensitz in B und in der Regel ca. 30 Beschäftigten. Bei der Beklagten besteht ein Betriebsrat.
Die Kläger war auf Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrags (Bl. 4 ff. d.A.) vom 1. Juni 2015 bis zum 31. Mai 2018 bei der Beklagten an deren Firmensitz in B als Senior Manager Enterprise Sales beschäftigt.
Neben einem Festgehalt i.H.v. 96.000 € brutto jährlich regelt Ziff. 2. des Arbeitsvertrages:
„2.2. Der Arbeitnehmer nimmt am jeweils gültigen Company’s Sales Comission Scheme teil. Die jährliche Zielprovision beträgt bis zu 67 % des Grundgehalts gemäß Ziff. 2 Abs. 1 für 100 % Zielerreichung (sog. Basiswert).
Die weiteren Details der Zielprovision und etwaiger Auszahlungen richtet sich nach dem jeweils anwendbaren und jeweils gültigen Company’s Sales Comission Plan sowie sonstigen anwendbaren Regelungen der Gesellschaft.“
Für den Sales-Bereich, dem der Kläger angehörte, wurde für das Geschäftsjahr 2017/2018 der Global Sales Group Inncentive Plan FY 2017/2018 (künftig: SIP FY 2017/2018; vgl. Anl. B1 Anlagenband) beschlossen und hierüber von den Betriebspartnern der Beklagten die als Anl. B 3 eingereichte Betriebsvereinbarung geschlossen, die den SIP FY 2017/2018 für die Beklagte modifiziert (künftig: BV Änderungsvereinbarung, Anlage B3 Anlagenband).
Ziff. 4.6 des SIP FY 2017/2018 lautet auszugsweise:
„Die Verwaltung von SIP berechnet eine vom Teilnehmer erzielte ACV-Bruttoquote sowie die während des Quartals erzielten Gesamteinnahmen. Vorbehaltlich anders lautender Angaben in einer für ein spezielles Team spezifischen Anlage muss in einem Quartal auf Kalenderjahrgrundlage ein Mindestziel von 50 % der ACV- Bruttoquote für einen Teilnehmer erzielt werden, um einen Anspruch auf eine ACV- Bruttoprovisionszahlung zu erhalten. Vorbehaltlich anders lautender Angaben muss in einem Quartal auf Kalenderjahrgrundlage ein Mindestziel von 80 % der Einkommensquote für einen Teilnehmer erzielt werden, um einen Anspruch auf eine Einnahmeprovisionszahlung zu erhalten.
a) Zeitpunkt der Provisionszahlungen
Das Unternehmen informiert einen Teilnehmer vierteljährlich schriftlich über die von ihm oder ihr erwirtschafteten Provisionszahlungen, falls zutreffend. Diese Zahlungen werden zusammen mit der normalen Gehaltsabrechnung des entsprechenden Monats ausgezahlt. Im Hinblick jedoch auf die Prüfung, Berechnung und Verifizierung, die am Ende jedes Quartals durchgeführt werden müssen, findet die eigentliche Auszahlung mit der Gehaltsabrechnung im zweiten Monat nach Abschluss eines Quartals und normalerweise am oder um folgendes Zeitfenster statt: August für Kalenderjahr bis Juni, November für Kalenderjahr bis September, Februar bis Kalenderjahr bis Dezember und Juni für Kalenderjahr bis März. Provisionszahlungen für das vierte Quartal des Planzeitraums können erst berechnet und gezahlt werden, wenn der Board of Directors von A die Geschäftsergebnisse des Unternehmens...