keine Angaben zur Anfechtbarkeit
Entscheidungsstichwort (Thema)
Entgeltfortzahlung. Arbeitsunfähigkeit. Verschulden. Hormonbehandlung
Leitsatz (amtlich)
Arbeitsunfähigkeit, die infolge Erkrankungen auftritt, die auf eine Hormonbehandlung zur Behandlung einer Unfruchtbarkeit zurückzuführen sind, ist nicht verschuldet iSd Vorschriften des EntgeltFZG
Normenkette
EFZG 3
Verfahrensgang
ArbG Marburg (Urteil vom 11.04.2008; Aktenzeichen 2 Ca 450/07) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Marburg vom 11. April 2008 – 2 Ca 450/07 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Entgeltfortzahlungsansprüche im Krankheitsfall. Die klagende Arbeitgeberin leistete an die Klägerin für die nachfolgenden Zeiträume Entgeltfortzahlung:
17.02. – 28.02.2003 |
EUR |
541,70 netto |
22.08. – 07.09.2003 |
EUR |
765,68 netto |
23.09. – 05.10.2003 |
EUR |
583,63 netto |
18.12. – 05.01.2004 |
EUR |
797,34 netto |
Diese Zahlungen hält die Klägerin nunmehr für ohne Rechtsgrund geleistet und fordert sie nach § 812 BGB zurück. Die Klägerin meint dabei, die Erkrankungen, die zur Arbeitsunfähigkeit der Klägerin führten, welche gemäß Auskunft der Xxxxxx BKK die nachfolgenden waren:
17.02. – 28.02.2003 |
– |
Synovitis und Tenosynovitis (Entzündung der Gelenkschmiere) |
22.08. – 07.09.2003 |
– |
Aszites (Bauchwassersucht) |
23.09. – 30.09.2003 |
– |
Tubargravidität |
(Eileiterschwangerschaft) |
– |
Schmerzen mit Lokalisation in unteren Teilen des Unterbauches |
18.12. – 05.01.2004 |
– |
Schmerzen mit Lokalisation in unteren Teilen des Unterbauches |
|
– |
fertilisationsfördernde Maßnahme |
seien auf eine Hormonbehandlung zurückzuführen. Die Hormonbehandlung habe die Beklagte aber freiwillig durchgeführt und diese sei auch nicht zur Gesundung einer etwaigen Krankheit Unfruchtbarkeit erfolgt, sondern habe lediglich der Verwirklichung des höchst persönlichen Kinderwunsches der Beklagten gedient. Die Klägerin meint deshalb, die Beklagte treffe ein Verschulden an den zur Arbeitsunfähigkeit führenden Erkrankungen der oben genannten Zeiträume, da diese auf der freiwilligen und der Verwirklichung des höchst persönlichen Kinderwunsches der Beklagten dienenden Hormonbehandlung beruhten. Im Übrigen bestreitet die Klägerin die Erforderlichkeit einer Hormonbehandlung, da die Beklagte ihr zweites Kind ohne eine Hormonbehandlung zur Welt brachte.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, die Arbeitnehmerin treffe kein die Entgeltfortzahlung ausschließendes Verschulden, wenn sie sich bei tatsächlich oder vermeintlicher, durch Ärzte festgestellter Unfruchtbarkeit einer hormonellen Behandlung unterziehe im Hinblick auf sich aus dieser Hormonbehandlung ergebender und zur Arbeitsunfähigkeit führender Erkrankungen. Die Durchführung einer Hormonbehandlung bei ärztlich festgestellter Unfruchtbarkeit stelle keinen groben Verstoß gegen das von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhalten dar, welches als die Entgeltfortzahlung ausschließendes Verschulden anzusehen wäre. Dass die Motive der Beklagten für die Hormonbehandlung privater Natur seien, sei demgegenüber unbeachtlich. Die Rechtsprechung habe auch Verletzungen und Erkrankungen, die sich Arbeitnehmer bei Freizeitaktivitäten zuziehen, grundsätzlich nicht als verschuldet im Sinne der Entgeltfortzahlungsregelungen angesehen. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien, der dort gestellten Anträge sowie der Erwägungen des Arbeitsgerichts wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin innerhalb der zur Sitzungsniederschrift der Sitzung des Berufungsgerichts vom 26. November 2008 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.
Die Klägerin rügt zunächst, dass das Arbeitsgericht davon ausgegangen sei, dass die behandelnden Ärzte der Beklagten zu dem Ergebnis gekommen seien, dass eine Unfruchtbarkeit der Beklagten vorgelegen habe, und dass deshalb die Hormonbehandlung erforderlich gewesen sei. Die Klägerin meint, beides sei reine Spekulation des Arbeitsgerichts und von der Beklagten im Rahmen des Verfahrens nicht vorgetragen. Die Beklagte hält auch weiter für erheblich, ob tatsächlich eine Unfruchtbarkeit bei der Beklagten vorlag. Sie meint, wenn keine Unfruchtbarkeit vorgelegen habe, sei die Hormonbehandlung nicht erforderlich gewesen und dann könnte aufgrund einer nicht erforderlichen Behandlung eingetretenen Erkrankung auch kein Entgeltfortzahlungsanspruch bestehen.
Die Klägerin meint weiter, dass nicht erheblich sei, ob eine Unfruchtbarkeit eine Erkrankung darstelle oder nicht. Die Erkrankung die zur Arbeitsunfähigkeit der Beklagten führte, hätte sich nämlich nicht aus einer Unfruchtbarkeit der Beklagten ergeben sondern sei unmittelbare Folge der Hormonbehandlung. Die Hormonbehandlung selbst sei aber allein Ausfluss des Kinderwunsches der Beklagten und eben keine Heilbehandlung zur Heilung der Unfruchtbarkeit. Ein Verschulden könne aber auch in der...