Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderungskündigung. betriebsbedingt. Teilbetriebsübergang

 

Leitsatz (redaktionell)

Die eine ordentliche Änderungskündigung sozial rechtfertigenden dringenden betrieblichen Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 S. 1, § 2 KSchG setzen voraus, dass das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb zu den bisherigen Bedingungen entfallen ist. Darüber hinaus ist das Änderungsangebot des Arbeitgebers daran zu messen, ob der Arbeitgeber sich bei einem an sich anerkennenswerten Anlass zur Änderungskündigung darauf beschränkt hat, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss.

 

Normenkette

KSchG §§ 2, 1 Abs. 2-3; BetrVG § 102

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 09.03.2005; Aktenzeichen 17/5 Ca 7370/04)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 9. März 2005 – 17/5 Ca 7370/04 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Änderungskündigung.

Der am X.X. 1951 geborene verheiratete Kläger (zwei Kindern gegenüber unterhaltspflichtig) war bei der Beklagten seit dem 01. September 1988 als Sachbearbeiter Kurierabfertigung beschäftigt. Das Bruttomonatsgehalt des Klägers betrug im Juni 2004 3.489,27 EUR. In dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 27. August 1985, wegen dessen weiterer Einzelheiten auf die zu den Gerichtsakten gereichte Kopie (Blatt 79/80 d.A.) verwiesen wird, heißt es u. a.:

„Der Arbeitsvertrag richtet sich nach den Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) einschließlich der für die A. geltenden Zusatzbestimmungen, den betriebsüblichen Regelungen und den Dienstvorschriften.”

Die Beklagte beschäftigt regelmäßig etwa 13.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Sie betrieb u. a. die Abfertigung von Luftfracht am Flughafen B. in der Abteilung Bodenverkehrsdienste – Fracht (BVD-F), in der ca. 600 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – darunter der Kläger – beschäftigt waren. Die Beklagte nahm in dieser Abteilung zum einen mit eigenem Personal die von Frachtführern im Auftrag von Luftverkehrsgesellschaften angelieferte Luftfracht entgegen, lagerte sie zwischen, kommissionierte die Luftfracht nach Angaben der Luftverkehrsgesellschaft, verwog sie und stellte sie zur Verladung in Flugzeuge bereit (so genannter Export). Zum anderen übernahm die Beklagte Luftfracht auf Paletten oder in Containern von Luftverkehrsgesellschaften, die aus Flugzeugen entladen worden war. Die Beklagte lagerte auch diese Fracht vorübergehend ein, bis sie von einem Frachtführer oder einem Endkunden der Luftverkehrsgesellschaft abgeholt wurde (so genannter Import). Zu der Tätigkeit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Abteilung BVD-F gehörte weder die Verladung der Fracht in die Flugzeuge noch die Entladung der Flugzeuge. Für diese Flugzeugabfertigung bestand und besteht bei der Beklagten eine eigene Abteilung.

Die Abteilung BVD-F besaß eine große Halle auf dem Flughafengelände mit Lager- und Büroraum sowie eine Wiegestation direkt vor der Halle zwischen der Halle und dem Vorfeld mit Büro- und Unterkunftscontainern. Sie besaß Flurförderfahrzeuge, insbesondere Gabelstapler zum Transport von Packstücken, Paletten und Containern vornehmlich innerhalb der Halle, Lagereinrichtungen in der Halle sowie eine übliche Büroausstattung und ein EDV-System zur administrativen Abwicklung der Frachtabfertigung.

Am 14. April 2003 beschloss der Vorstand der Beklagten zur Vermeidung sich erhöhender Verluste, den Bereich BVD-F in die hundertprozentige Tochter der Beklagten C. zu verlagern. Während die Beklagte durch Verbandsmitgliedschaft an den BAT und den BMT-G gebunden ist und mit allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in den Arbeitsverträgen die Geltung dieser Tarifwerke zwecks Gleichstellung vereinbart, unterliegt die Tochtergesellschaft nicht diesen Bindungen und kann daher auf dem Markt kostengünstiger auftreten. Der konzerninternen Verlagerung stimmte der Aufsichtsrat am 24. September 2003 zu.

Auf Grund der innerbetrieblichen Diskussion und der Verhandlungen mit dem Betriebsrat zeichnete sich jedoch ab, dass die Mehrzahl der Beschäftigten der Abteilung BVD-F einem Betriebsübergang widersprechen werde. Die Beklagte richtete daher in dem Bereich Bodenverkehrsdienste die neue Abteilung Frachtservice ein (BVD-FS). In dieser Abteilung sollten die Beschäftigten aus der Abteilung BVD-F aufgefangen werden, die einem Betriebsübergang widersprechen würden. Die in der neuen Abteilung BVD-FS beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten dann im Wege der Arbeitnehmerüberlassung bei der C. eingesetzt werden. Zwischenzeitlich hat die C. umfirmiert und heißt heute D..

Mit Schreiben vom 27. Oktober 2003 unterrichtete die Beklagte den Kläger und alle anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Abteilung BVD-F über den bevorstehenden Betriebsübergang. Der Kläger widersprach – wie 544 we...

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