Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Befristung eines Arbeitsverhältnisses im Hochschulbereich
Leitsatz (amtlich)
1. Lehrkräfte für besondere Aufgaben nach § 66 HHG (juris: HSchulG HE 2010) gehören zum "wissenschaftlichen Personal" im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG, wenn sie wissenschaftliche Dienstleistungen erbringen und diese zeitlich überwiegen oder zumindest das Arbeitsverhältnis prägen.
2. Es reicht aus, dass die Tätigkeit als solche mit wissenschaftlichem Gepräge geeignet war (so wie bereits LAG Hamburg, Urteil vom 31. Oktober 2012 - 3 Sa 66/12); auf die genauere tatsächliche Ausgestaltung durch die Lehrkraft für besondere Aufgaben kann es regelmäßig nicht ankommen.
Orientierungssatz
Wissenschaftliche Tätigkeit ist alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist. Sie ist nach Aufgabenstellung und anzuwendender Arbeitsmethode darauf angelegt, neue Erkenntnisse zu gewinnen und zu verarbeiten, um den Erkenntnisstand der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin zu sichern oder zu erweitern. Zur wissenschaftlichen Dienstleistung kann auch die Vermittlung von Fachwissen und praktischen Fertigkeiten an Studierende und deren Unterweisung in der Anwendung wissenschaftlicher Methoden gehören. Wissenschaftliche Betätigung ist eine Lehrtätigkeit aber nur dann, wenn dem Lehrenden die Möglichkeit zur eigenständigen Forschung und Reflexion verbleibt.
Normenkette
WissZeitVG § 2 Abs. 1 Sätze 1, 4, Abs. 5 Nr. 3, § 1 Abs. 1 S. 1; HSchulG HE §§ 66, 32 Abs. 3 Nr. 3
Verfahrensgang
ArbG Gießen (Entscheidung vom 26.04.2013; Aktenzeichen 10 Ca 166/12) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 26. April 2013 - Aktenzeichen 10 Ca 166/12 - wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug weiterhin über die Wirksamkeit einer Befristung im Hochschulbereich und für den Fall des Obsiegens um Weiterbeschäftigung.
Die 36-jährige (geboren am ...) verheiratete Klägerin, Mutter eines Kindes, ist studierte Sprachwissenschaftlerin (Kroatistik/Serbistik sowie germanistische Linguistik). Sie wurde bei dem beklagten Land ab dem 1. April 2009 an der a...-Universität b... im Rahmen von zunächst zwei befristeten Arbeitsverträgen beschäftigt. Zuerst schlossen die Parteien unter dem Datum des 30. März 2009 einen für die Zeit vom 1. April 2009 bis zum 31. März 2010 befristeten Arbeitsvertrag (Bl. 9 - 11 d. A.), wonach die Klägerin als vollbeschäftigte Angestellte auf bestimmte Zeit nach SR 2y BAT iVm. § 2 Abs. 1 WissZeitVG eingestellt wurde; zur eigenen wissenschaftlichen Qualifizierung sah der Arbeitsvertrag in § 1 einen Anteil im Umfang von 25 % der Arbeitszeit vor. Im Anschluss schlossen die Parteien unter dem Datum des 26. Februar 2010 einen für die Zeit vom 1. April 2010 bis zum 31. März 2011 befristeten Arbeitsvertrag (Bl. 7 und 8 d. A.), wonach die Klägerin als Vollzeitbeschäftigte weiterbeschäftigt wurde auf bestimmte Zeit nach § 40 Nr. 8 TV-H iVm. § 2 Abs. 1 WissZeitVG zur eigenen wissenschaftlichen Qualifizierung, wofür wiederum ein Anteil von 25 % der Arbeitszeit vereinbarungsgemäß zur Verfügung stand.
In der Zeit vom 22. Juli 2010 bis zum 4. November 2010 befand sich die Klägerin im Mutterschutz und anschließend in der Zeit vom 5. November 2010 bis zum 31. März 2011 in Elternzeit.
Unter dem 1. Februar 2011 schlossen die Parteien einen weiteren Arbeitsvertrag, hinsichtlich dessen nähere Einzelheiten auf Bl. 4 bis 6 verwiesen wird und der in § 1 und auszugsweise in § 6 wie folgt lautet:
§ 1
(1) Die Obengenannte wird als vollzeitbeschäftigte Lehrkraft für besondere Aufgaben ab 01.04.2011 bis zum 02.12.2011 weiterbeschäftigt auf bestimmte Zeit nach § 40 Nr. 8 TV-H i. V. m. § 2 Abs. 1 WissZeitVG zur eigenen wissenschaftlichen Qualifizierung. Hierfür stehen 25 % der Arbeitszeit zur Verfügung.
(2) ...
(3) Art und Umfang der wahrzunehmenden Aufgaben richten sich nach der Ausgestaltung des Dienstverhältnisses sowie nach der Funktionsbeschreibung der Stelle. Die Festlegung steht unter dem Vorbehalt einer Überprüfung in angemessenen Abständen.
§ 6
Es werden folgende Nebenabreden vereinbart:
...
Es besteht Einvernehmen, dass die Vertragsverlängerung in Anwendung des § 2 Abs. 5 Nr. 3 WissZeitVG (Vertragsverlängerung um Zeiten einer Inanspruchnahme von Elternzeit und Zeiten eines Beschäftigungsverbotes nach §§ 3, 4, 6 und 8 des Mutterschutzgesetzes) erfolgt.
...
Mit Schreiben vom 2. Februar 2011 (Bl. 42 d. A.) beantragte die Klägerin beim beklagten Land die Verlängerung ihrer Elternzeit bis zum 31. August 2011, die ihr gewährt wurde.
Mit weiterem Schreiben vom 14. November 2011 (Bl. 43 d. A.) wandte sich die Klägerin anschließend wie folgt an das beklagte Land:
"Sehr geehrte Herren,
hiermit möchte ich Sie bitten, meiner Weiterbeschäftigung wegen der Inanspruchnahme der restlichen ...