Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch eines Arbeitnehmers auf Verteilung der verkürzten Arbeitszeit während der Elternzeit
Leitsatz (amtlich)
An das objektive Gewicht der Ablehnungsgründe nach § 15 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BEEG sind erhebliche Anforderungen zu stellen. Das verdeutlicht der Begriff "dringend". Mit ihm wird ausgedrückt, dass eine Angelegenheit notwendig, erforderlich oder sehr wichtig ist. Die entgegenstehenden betrieblichen Interessen müssen zwingende Hindernisse für die beantragte Verkürzung (bzw. hier: Verteilung) der Arbeitszeit sein.
Normenkette
BEEG § 15 Abs. 7
Verfahrensgang
ArbG Kassel (Entscheidung vom 07.05.2015; Aktenzeichen 3 Ca 43/15) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 07.05.2015 - 3 Ca 43/15 - abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt die Arbeitszeit des Klägers bis zum 17.03.2017 ab dem 17.05.2015 wie folgt festzulegen:
Montags und dienstags,
wahlweise 08:00 bis 16:45 Uhr (Sonderschicht), 09:45 bis 18:30 Uhr (Frühschicht) oder 11:15 bis 20:00 Uhr (Spätschicht) und mittwochs 16:00 bis 20:00 Uhr (Spätschicht in Teilzeit).
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Festlegung der verringerten Arbeitszeit nach § 15 Abs. 7 BEEG.
Die Beklagte betreibt einen Möbelmarkt in A und beschäftigt dort unabhängig von der Anzahl der Personen in Berufsbildung in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer. Der Kläger ist dort seit 1. Oktober 2008 als Verkäufer in der Polsterabteilung beschäftigt. Er ist verheiratet und hat 3 Kinder, wobei das jüngste Kind am 17. März 2014 geboren wurde. Seine Ehefrau ist ebenfalls im Einzelhandel (in einer Parfümerie) mit einer Arbeitszeit von 130 h monatlich beschäftigt.
Mit Schreiben vom 29. April 2014 (Bl. 25 d.A.) beantragte der Kläger Elternzeit für die Zeit vom 18. März 2015 bis 17. März 2017 und eine Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit mit 20 Wochenstunden vom 18. Mai 2015 bis 17. März 2017 und gab die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit wie folgt an: Montags und dienstags wahlweise 8:00 Uhr bis 16:45 Uhr, 9:45 Uhr bis 18:30 Uhr, 11:15 Uhr bis 20:00 Uhr sowie mittwochs von 16 bis 20:00 Uhr. Mit E-Mail vom 13. Januar 2015 (Bl. 26 d.A.) teilte er der Beklagten mit, dass die Elternzeit bereits am 17. März 2015 und die Elternteilzeit am 17. Mai 2015 anfangen soll. Mit Schreiben vom 26. Januar 2015 (Bl. 27 d.A.) stimmte die Beklagte der Herabsenkung der Arbeitszeit auf 20 h wöchentlich zu, nicht jedoch der vom Kläger gewünschten Verteilung der verringerten Arbeitszeit.
Mit seiner am 11. Februar 2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klageschrift begehrt der Kläger die Verurteilung der Beklagten zu der von ihm gewünschten Verteilung der verringerten Arbeitszeit.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts, des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien und der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der Entscheidung des Arbeitsgerichts (Bl. 109 bis 111 d.A.) Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe das Interesse des Klägers, seine Arbeitszeit so zu verteilen, dass ihm die Erfüllung seiner beruflichen wie familiären Aufgaben ermöglicht wird, durch ihre Bereitschaft die Arbeitszeit des Klägers auf 3 Werktage zu beschränken hinreichend berücksichtigt. Angesichts der Teilzeittätigkeit seiner Ehefrau sei es dem Kläger möglich, sich mit dieser bzw. deren Arbeitgeber so abzustimmen, dass die jeweilige Betreuung der Kinder durch die Eheleute selbst gewährleistet werde. Die Beklagte habe betriebliche Gründe glaubhaft gemacht, die jeweiligen Arbeitszeiten des Klägers flexibel zu gestalten. Es sei nachvollziehbar, dass ein erhöhter Arbeitsbedarf an den umsatzstarken Tagen Freitag und Samstag bestehe, so dass ein grundsätzliches Herausnehmen des Klägers von der Arbeitspflicht an diesen Tagen betrieblichen Interessen entgegenliefe. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass ansonsten andere Arbeitnehmer häufiger zur Samstagsarbeit eingeteilt werden müssen. Schließlich falle ins Gewicht, dass die Personaleinsatzplanung der Beklagten mit einem zeitlichen Vorlauf erfolge, so dass auch die Ehefrau des Klägers eine entsprechende Arbeitszeitregelung mit ihrem Arbeitgeber treffen könne.
Dieses Urteil wurde der Klägervertreterin am 22. Mai 2015 zugestellt. Sie hat dagegen mit einem am 15. Juni 2015 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese am 14. Juli 2015 begründet.
Der Kläger rügt, das Arbeitsgericht verkenne, dass die Beklagte keinerlei Festlegung der Verteilung der Arbeitszeit des Klägers getroffen habe. Sie habe dem Kläger zudem nicht bestätigt oder zugesagt, dass dieser während der Dauer seiner Elternteilzeit lediglich an 3 Werktagen eingesetzt werde. Das Arbeitsgericht berücksichtige nicht, dass der Montag der zweitstärkste Tag hinsichtlich des Umsatzes bei der Beklagten ist. Der Kläger sei, um die Betreuung seiner 3 Kinder sicherzustellen, auf eine verlässliche Arbeitszeitein...