Leitsatz (amtlich)
Sagt ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern Urlaub über die gesetzliche Mindesdauer von 18 Werktagen hinaus zu und verbindet er damit Klauseln (z. B. Zwölftelung auch beim Austritt in der 2. Jahreshälfte), die im Einzelfall zur Unterschreitung des gesetzlichen mindesturlaubs führen können, dann hat dies nicht die Unwirksamkeit der gesamten einzelvertraglichen Regelung zur Folge; vielmehr ist der Urlaubsanspruch nur dem gesetzlichen Mindestmaß anzupassen.
Normenkette
BUrlG § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1c), § 7 Abs. 4, § 13 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 30.11.1984; Aktenzeichen 2 Ca 3817/84) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am30. November 1984 verkündeteUrteil dasArbeitsgerichts Wiesbaden – 2 Ca 3817/84 – teilweise abgeändert.
Die Klage wird in Höhe von 1.061,54 DM (eintausendeinundsechzig 54/100 Deutsche Mark) brutto nebst Zinsen abgewiesen.
Im übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgzwiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 72 v.H. und die Beklagte 28 v. H. zu tragen.
Tatbestand
Die Beklagte ist ein Einzelhandelsunternehmen für Juwelierwaren und Uhren aller Art. Sie unterhält mehrere Filialen, darunter eine in Wiesbaden.
Die Klägerin war seit dem 1. November 1982 bei der Beklagten als Verkäuferin in der Filiale Wiesbaden beschäftigt. Dem Arbeitsverhältnis liegt ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 28. Oktober 1982 zugrunde, wegen dessen Einzelheiten auf die Fotokopie Bl. 10–13 d.A. verwiesen wird. § 7 enthält über den Urlaubsanspruch u. a. folgende Bestimmung:
Der Urlaubsanspruch richtet sich nach den jeweils geltenden Richtlinien der Firma, er beträgt zur Zeit 34 Werktage. Für das Jahr des Dienstantritts werden anteilig 6 Werktage gewährt. Bei Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses beträgt der Urlaubsanspruch für jeden abgelaufenen vollen Monat 1/12 des Jahresurlaubs.
Die Klägerin erhielt eine monatliche Vergütung von 2.200,– DM brutto.
Im Jahre 1984 standen der Klägerin 36 Urlaubstage zu. Hinzu kamen 6 Tage Resturlaub aus dem Jahre 1983. Von diesen insgesamt 42 Urlaubstagen erhielt die Klägerin 30 Tage. Aus Anlaß dieses Urlaubs zahlte die Beklagte der Klägerin ein zusätzliches Urlaubsgeld in Höhe von 965,– DM brutto.
Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete am 10. August 1984. Bei der Schlußabrechnung behielt die Beklagte vom letzten Lohnanspruch der Klägerin 414,– DM brutto ein mit der Begründung, insoweit habe die Klägerin zuviel Urlaubsgeld erhalten.
Mit der Klage (Mahnbescheid) vom 27./28. August 1984 hat die Klägerin Urlaubsabgeltung für 12 Urlaubstage in Höhe von 1.061,54 EM brutto sowie die Nachzahlung des von der Beklagten bei der Schlußabrechnung einbehaltenen Anteils des gezahlten Urlaubsgeldes in Höhe von 414,– DM brutto verlangt. Sie ist der Ansicht gewesen, die Beklagte müsse ihr den noch nicht gewährten Anteil des Urlaubs für das Jahr 1984 abgelten; für den teilweisen Einbehalt des bereits gewährten Urlaubsgeldes bestehe keine Rechtsgrundlage.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zur Zahlung von 1.475,54 IM brutto zuzüglich 4 % Zinsen seit 30. August 1984 zu verurteilen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht gewesen, der Klägerin habe für das Jahre 1984 nur ein Urlaubsanspruch von 7/12 von 36 Tagen zugestanden, weil sie in diesem Kalenderjahr nur 7 volle Kalendermonate gearbeitet habe. Insoweit hat sich die Beklagte auf die Regelung in § 7 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 28. Oktober 1982 berufen. Die Beklagte hat darüber hinaus gemeint, der Klägerin stehe nur ein dem Verhältnis ihres Urlaubsanspruches entsprechendes zusätzliches Urlaubsgeld zu; das von ihr gezahlte Urlaubsgeld sei eine freiwillige Leistung, auf die ein Rechtsanspruch nicht bestehe; aus diesen Gründen sei die Klägerin verpflichtet gewesen, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses das zuviel erhaltene Urlaubsgeld zurückzuzahlen.
Das Arbeitsgericht Wiesbaden hat im Urteil vom 20. November 1984 der Klage stattgegeben. Wegen der Einzelheiten dieser Entscheidung wird auf Bl. 19–22 d.A. Bezug genommen.
Mit der Berufung verfolgt die Beklagte ihr Begehren auf Klageabweisung weiter. Sie wiederholt im wesentlichen ihren Vortrag aus dem 1. Rechtszug und beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 20. November 1984 – 2 Ca 3817/84 – aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil ebenfalls unter Wiederholung ihres Vorbringens aus der 1. Instanz. Sie ist darüber hinaus der Ansicht, die Vertragsbestimmung § 7 Satz 3 des schriftlichen Arbeitsvertrages führe bei einem Gesamturlaubsanspruch von weniger als 36 Tagen dazu, daß … ein Arbeitnehmer, der im Verlaufe des Monats Juli eines Jahres ausscheide weniger als den in § 3 Abs. 1 BUrlG festgelegten Mindesturlaub erhalte, obwohl keine der Ausnahmebestimmungen des § 5 Abs. 1 BUrlG erfüllt seien; aus diesem Grunde müsse § 7 Satz 3 des Arbeitsvertrages über die Zwölftelung des Urlaubsanspruches im Jahr des Ausscheidens a...