Revision zugelassen

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorruhestand im Baugewerbe

 

Leitsatz (amtlich)

Vorruhestandsleistungen aufgrund des Tarifvertrages über dem Vorruhestand im Baugewerbe vom 26.09.1984 die den Arbeitnehmern für die Zeit nach Konkurseröffnung zustehen, sind Masseschulden nach § 59 Abs. 1 Nr. 1 KO

 

Normenkette

KO § 59 Abs. 1 Nr. 1; VRG § 2; VRTV-Bau §§ 2-3, 10, 11 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Urteil vom 19.10.1989; Aktenzeichen 4 Ca 1300/89)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 19. Oktober 1989 – 4 Ca 1300/89 – abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 26.172,39 zu zahlen.

Es wird festgestellt, daß der Beklagte verpflichtet ist an die Klägerin monatlich zahlbar jeweils am Ersten des Folgemonats für den Leistungsmonat, für die Monate November 1990 bis Juli 1991 pro Monat DM 608,64, für den Monat August 1991 DM 617,77

 

Tatbestand

Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes, dem tarifvertraglich unter anderem die Aufgabe der Erstattung von Vorruhestandsleistungen an die Arbeitgeber des Baugewerbes zugewiesen ist und der nach tariflicher Maßgabe im Falle des Konkurses des Arbeitgebers die tariflichen Vorruhestandsleistungen an die ausgeschiedenen Arbeitnehmer erbringt.

Am 6. März 1987 wurde über das Vermögen der Gemeinschuldnerin, die einen baugewerblichen Betrieb unterhielt, das Konkursverfahren eröffnet und der Beklagte zum Konkursverwalter bestellt.

Am 10. März 1987 kündigte der beklagte Konkursverwalter den gewerblichen Arbeitnehmern der Gemeinschuldnerin W., geb. am 16.01.1929, und R., geb. am 28.08.1928, zum 30.06.1987. Dem Mitarbeiter M., geb. am 29.01.1929, kündigte er zum 30.09.1907. Nach Ausspruch der Kündigung vereinbarte der Konkursverwalter mit den früheren Arbeitnehmern W. und R. die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den 30.06.1987 hinaus bis zum 31.07.1987.

Der Kläger gewährte den drei früheren Mitarbeitern der Gemeinschuldnerin ab dem 01.08.1987 Vorruhestandsleistungen nach dem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag über den Vorruhestand im Baugewerbe (VRTV-Bau) vom 26. September 1984. Alle drei Arbeitnehmer erfüllten zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen zum Bezug von Vorruhestandsgeld nach den tariflichen Vorschriften.

Mit der Klage verlangt der Kläger vom Beklagten 10 % der an die Arbeitnehmer R. und M. – für die Zeit von August 1987 bis Juli 1989, und an den im August 1988 verstorbenen früheren Arbeitnehmer W. bis dahin gezahlte Vorruhestandsgelder in der unstreitigen Höhe von insgesamt 17.150,67 DM, sowie die Feststellung, daß der Beklagte für die zukünftige Zeit des Vorruhestandes der Arbeitnehmer R. und M. 10 % des geleisteten Vorruhestandsgeldes zu zahlen hat. Er ist der Auffassung, bei den auf ihn nach tariflicher Maßgabe übergegangenen Ansprüchen der Arbeitnehmer gegen die Gemeinschuldnerin handele es sich um eine Masseschuld nach § 59 Abs. 1 Nr. 1 KO.

Der Kläger hat beantragt,

  1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 17.150,67 DM zu zahlen;
  2. festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger monatlich, zahlbar jeweils am 1. des Folgemonat für den Leistungsmonat, für die Monate August 1989 bis Juli 1990 pro Monat 599,65 DM, für die Monate August 1990 bis Juli 1991 pro Monat 608,64 DM, für den Monat August 1991 617,77 DM sowie für die Monate September 1991 bis Januar 1992 je 364,30 DM zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, der klägerische Anspruch scheitere schon an der Beendigung der Arbeitsverhältnisse aufgrund erfolgter Kündigungen. Daran ändere die Verlängerung der Arbeitsverhältnisse mit den Arbeitnehmern W. und R. nichts. Im übrigen handele es sich bei den geltend gemachten Beträgen um Konkursforderungen nach § 61 KO.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 19. Oktober 1989 die Klage abgewiesen.

Der Kläger hat gegen dieses ihm am 12. Dezember 1989 zugestellte Urteil am 11. Januar 1990 Berufung eingelegt und diese nach rechtzeitiger Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 22. März 1990 am 22. März 1990 begründet.

Der Kläger vertieft sein Vorbringen in der ersten Instanz.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 19.10.1909 (4 Ca 1300/89) abzuändern und

  1. den Beklagten kostenpflichtig zu verurteilen, an den Kläger DM 26.172,39 zu zahlen;
  2. festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger monatlich, zahlbar jeweils am Ersten des Folgemonats für den Leistungsmonat, für die Monate November 1990 bis Juli 1991 pro Monat DM 608,64, für den Monat August 1991 DM 617,77 sowie für die Monate September 1991 bis Januar 1992 je DM 364,30 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

 

Entscheidungsgründe

Eine nach dem Beschwerdewert statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig und begründet.

I.

Laut dem Arbeitsgericht ist zunächst davon auszugehen, daß für das Feststellungsbegehren das...

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