Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 02.05.1996; Aktenzeichen 11 Ca 1859/96) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten im übrigen und unter Zurückweisung der Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt/M. vom 02.05.1996 – 11 Ca 1859/96 – teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefaßt:
Es wird festgestellt, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 14.11.1995, sondern durch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 14.11.1995 zum 30.06.1996 aufgelöst worden ist.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 3/4 und die Beklagte % zu tragen.
Die Revision wird für den Kläger zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den durch Kündigung des Arbeitgebers angegriffenen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und um die Weiterbeschäftigung des Klägers.
Der Kläger wurde seit dem 01.10.1990 auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages der Parteien vom 04.10.1990 (Bl. 14, 22 d. A.) als Co-Pilot auf dem Flugzeugmuster DC-9 beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft einzelvertraglicher Inbezugnahme die Firmentarifverträge der Beklagten in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.
Die Beklagte, eine Luftverkehrsgesellschaft mit ständig mehr als fünf vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern (§ 23 Abs. 1 KSchG), hörte mit Schreiben vom 08.11.1995 (Bl. 57 d. A.) die aufgrund Tarifvertrages gem. § 117 Abs. 2 BetrVG gewählte Personalvertretung zur beabsichtigten Kündigung an.
„Anhörung zur Kündigung von Herrn Matthias Decker
…
hiermit teilen wir Ihnen mit, daß Herrn … eine fristlose Kündigung, hilfsweise eine fristgerechte Kündigung, zum 31. März 1996 ausgesprochen werden soll.
Begründung: Herr … hat am 21. Oktober 1995 und am 03. November 1995 seine Überprüfungsflüge im Simulator nicht bestanden und verfügt somit über keine gültige Lizenz mehr. Die Überprüfung am 3. November 1995 fand in Gegenwart eines Vertreters (Herr Kapitän …) des LBA's statt. Aus diesen Gründen ist eine Weiterbeschäftigung des Herrn … für AEF nicht mehr tragbar. Gemäß § 22 Abs. 2 des MTV Bord und § 6 a Abs. 3 des Arbeitsvertrages vom 4. Oktober 1990 in Verbindung mit § 13 der „Betriebsordnung”, die Bestandteil des Arbeitsvertrages war, ist das Arbeitsverhältnis fristlos bzw. fristgerecht zu kündigen.
Die Personalvertretung wird gebeten der Kündigung zuzustimmen. Für den Fall, daß die Personalvertretung nicht zustimmt, wird sie gebeten, für die fristlose Kündigung binnen drei Tagen, für die fristgerechte Kündigung binnen einer Woche schriftlich ihre Bedenken gegen die Kündigung mitzuteilen.
Herr … (geb. 2. Mai 1950) ist seit dem 1. Oktober 1990 als Flugzeugführer bei … tätig.
Familienstand gemäß Eintrag auf der Lohnsteuerkarte 1995: ledig, keine Kinder.”
Die Personalvertretung gab am 13.11.1995 die Stellungnahme ab, daß die Kündigung(en) zur Kenntnis genommen werde.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 14.11.1995 (Bl. 7, 8 d. A.), dem Kläger zugegangen am 16.11.1995 fristlos, hilfsweise fristgerecht zum nächstmöglichen Termin; nach Berechnung der Beklagten sollte dies der 31.03.1996 sein.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 05.12.1995 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage.
Die Beklagte begründet die Kündigung mit dem zwischen den Parteien unstreitigen Umstand, daß der Kläger nach dem Nichtbestehen des zweiten Überprüfungsfluges vom 03.11.1995 im Rahmen der anstehenden erforderlichen Verlängerung seiner Verkehrsflugzeugführer-Erlaubnis nicht mehr über eine Erlaubnis zum Führen eines Verkehrsflugzeuges verfügt.
Die gesetzlichen Regelungen bezüglich des Führens eines Verkehrsflugzeuges als verantwortlicher Flugzeugführer oder Zweiter Flugzeugführer besagen hierzu, daß zum einen das Führen eines Verkehrsflugzeuges einer Erlaubnis des Luftfahrt-Bundesamtes (LBA) bedarf, und zum anderen, daß diese Erlaubnis nur befristet für zwölf Monate erteilt wird, und von der zuständigen Behörde – bezüglich Verkehrsflugzeugführern vom LBA – auf Antrag bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen wiederum um zwölf Monate verlängert wird.
Die gesetzlichen Rechtsvorschriften hierzu lauten:
Luftverkehrsgesetz
§ 4 [Luftfahrerlaubnis]
(1) Wer ein Luftfahrzeug führt oder bedient (Luftfahrer) bedarf der Erlaubnis. Die Erlaubnis wird nur erteilt, wenn
- der Bewerber das vorgeschriebene Mindestalter besitzt,
- der Bewerber seine Tauglichkeit nachgewiesen hat,
- keine Tatsachen vorliegen, die den Bewerber als unzuverlässig erscheinen lassen, ein Luftfahrzeug zu führen oder zu bedienen,
- der Bewerber eine Prüfung nach der Verordnung über Luftfahrtpersonal bestanden hat.
…
Verordnung über Luftfahrtpersonal
4. Verkehrsflugzeugführer
§ 17 Gültigkeitsdauer, Verlängerung und Erneuerung der Erlaubnis
(1) Die Erlaubnis wird erteilt
- für die Tätigkeit als Verkehrsflugzeugführer oder als Berufsflugzeugführer mit einer Gültigkeitsdauer von zwölf Monaten
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