Leitsatz (amtlich)
Im Rahmen der Prüfung eines personenbedingten Kündigungsgrundes wegen Wegfalls der für die Erbringung der Arbeitsleistung erforderlichen öffentlich – rechtlichen Erlaubnis (Luftfahrererlaubnis) ist die Rechtmäßigkeit des Wegfalls der Erlaubnis auch für den Bereich der Arbeitsverhältnisse von Verkehrsflugzeugführern nicht zu prüfen.
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 02.05.1996; Aktenzeichen 11 Ca 8897/95) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten im übrigen und unter Zurückweisung der Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts Franfkurt/M. vom 02.05.1996 – 11 Ca 8897/95 – teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefaßt:
Es wird festgestellt, daß das Arbeitverhältnis der Parteien nicht durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 14.11.1995. sondern durch die hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklgaten vom 14.11.1995 zum 30.06.1996 aufgelöst worden ist. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 3/4 und die Beklagte 1/4 zu tragen.
Die Revision wird für den Kläger zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den durch Kündigung des Arbeitgebers angegriffenen Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und um eine Weiterbeschäftigung des Klägers.
Der Kläger wurde seit dem 01.08.1990 auf der Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrages der Parteien vom 23.08.1990 (Bl. 4 bis 12 d. A.) als Flugkapitän auf dem Flugzeugmuster MD-80 beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft einzelvertraglicher Inbezugnahme die Firmentarifverträge der Beklagten in der jeweils gültigen Fassung Anwendung.
Die Beklagte, eine Luftverkehrsgesellschaft mit ständig mehr als fünf vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern (§ 23 Abs. 1 KSchG), hörte mit Schreiben vom 08.11.1995 (Bl. 31 d. A.) die aufgrund Tarifvertrages gem. § 117 Abs. 2 BetrVG gewählte Betriebsvertretung zur beabsichtigten Kündigung an.
„Anhörung zur Kündigung von Herrn
…
hiermit teilen wir Ihnen mit, daß Herrn … eine fristlose Kündigung, hilfsweise eine fristgerechte Kündigung, zum 31. März 1996 ausgesprochen werden soll.
Begründung: Herr … hat am 12. September 1995 und am 03. November 1995 seine Überprüfungsflüge im Simulator nicht bestanden und verfügt somit über keine gültige Lizenz mehr. Die Überprüfung am 3. November 1995 fand in Gegenwart eines Vertreters (Herr Kapitän …) des LBA's statt. Am 1. November 1995 hat Herr … uns durch seinen Rechtsanwalt, Herrn …, seinen Piloten schein, der bis zum 25. April 1996 verlängert wurde mit der Bitte um Veranlassung, daß die österreichische ATPL vom Luftfahrt-Bundesamt anerkannt wird, vorgelegt. Am 6. November 1995 teilte uns das LBA durch Herrn … vorerst telefonisch mit, daß es keine Verlängerung der anerkannten österreichischen Lizenz vornehmen kann, da der notwendige Checkflug nicht nach deutschem Recht von einem deutschen Sachverständigen nach § 42 (3) LuftBo abgenommen wurde. Aus diesen Gründen ist eine Weiterbeschäftigung des Herrn … für AEF nicht mehr tragbar. Gemäß § 22 Abs. 2 des MTV Bord und § 6 a Abs. 3 des Arbeitsvertrages vom 23. August 1990 in Verbindung mit § 13 der „Betriebsordnung”, die Bestandteil des Arbeitsvertrages war, ist das Arbeitsverhältnis fristlos bzw. fristgerecht zu kündigen.
Die Personalvertretung wird gebeten der Kündigung zuzustimmen. Für den Fall, daß die Personalvertretung nicht zustimmt, wird sie gebeten, für die fristlose Kündigung binnen drei Tagen, für die fristgerechte Kündigung binnen einer Woche schriftlich ihre Bedenken gegen die Kündigung mitzuteilen.
Herr … (geb. 25.07.1947) ist seit dem 1. August 1990 als Flugzeugführer bei … tätig.
Familienstand gemäß Eintrag auf der Lohnsteuerkarte 1995: verheiratet, keine Kinder.”
Die Personalvertretung stimmte der Kündigung am 13.11.1995 zu.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 14.11.1995 (Bl. 13, 14 d. A.), dem Kläger zugegangen am 21.11.1995 fristlos, hilfsweise fristgerecht zum nächstmöglichen Termin; nach Berechnung der Beklagten sollte dies der 31.03.1996 sein.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner am 24.11.1995 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage.
Die Beklagte begründet die Kündigung mit dem zwischen den Parteien unstreitigen Umstand, daß der Kläger nach dem Nichtbestehen des zweiten Überprüfungsfluges vom 03.11.1995 im Rahmen der anstehenden erforderlichen Verlängerung seiner Verkehrsflugzeugführer-Erlaubnis nicht mehr über eine vom Luftfahrt-Bundesamt (LBA) anerkannten Erlaubnis zum Führen eines Verkehrsflugzeuges verfügt.
Die gesetzlichen Regelungen bezüglich des Führens eines Verkehrsflugzeuges als verantwortlicher Flugzeugführer oder Zweiter Flugzeugführer besagen hierzu, daß zum einen das Führen eines Verkehrsflugzeuges einer Erlaubnis des LBA bzw. einer vom LBA anerkannten Erlaubnis bedarf, und zum anderen, daß diese Erlaubnis nur befristet für zwölf Monate erteilt wir...