Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Anordnung des persönlichen Erscheinens des Geschäftsführers einer juristischen Person. Zweck: Versuch einer konsensualen Konfliktlösung des Rechtsstreits. Verhängung von Ordnungsgeld bei Nichterscheinen. Entsendung eines sachkundigen Vertreters
Leitsatz (amtlich)
1. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens eines Beteiligten ist nicht nur zur Förderung der Sachaufklärung zulässig. Sie darf auch erfolgen, um mit den Parteien ein Rechtsgespräch mit dem Ziel zu führen, eine konsensuale Konfliktlösung zu erreichen.
2. Ist das persönliche Erscheinen des Geschäftsführers einer juristischen Person, die Prozessbeteiligte ist, angeordnet und erscheint dieser nicht, muss vor der Verhängung von Ordnungsgeld geprüft werden, ob der erschienene Prozessbevollmächtigte ein sachkundiger Vertreter iS des § 141 Abs 3 S 2 ZPO gewesen ist und über eine umfassende Ermächtigung iS des § 141 Abs 3 S 2 ZPO verfügte.
Tenor
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Ordnungsgeldbeschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 18. Juni 2009 aufgehoben.
Die Staatskasse hat dem Beschwerdeführer die ihm im Beschwerdeverfahren entstandenen erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beschwerde richtet sich gegen die Auferlegung eines Ordnungsgeldes wegen Nichtbefolgung der Anordnung des persönlichen Erscheinens einer Partei.
Im Ausgangsverfahren (Sozialgericht Frankfurt am Main, S 9 KR 717/05) ist die Krankenhausvergütung der Klägerin (X. GmbH, vormals Zentrum für Soziale Psychiatrie X. gemeinnützige GmbH), deren wirtschaftlicher Träger der Y. Hessen ist, gegen die beklagte Krankenkasse wegen der stationären Behandlung deren Versicherter Z. im Zeitraum 25.04. bis 13.05.2004 streitig. Nach dem Wechsel von Stellungnahmen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung und der Klägerin gab die beklagte Krankenkasse mit Schriftsatz vom 04.12.2008 ein Teilanerkenntnis ab, wonach die Behandlungskosten bis zum 30.04.2004 übernommen werden. Die Klägerin nahm dieses Teilanerkenntnis an, hielt aber im Übrigen ihre ursprünglich auf eine Hauptforderung von 4.991,58 € gerichtete Klage aufrecht. Das Sozialgericht beraumte einen Termin zur mündlichen Verhandlung für den 07.05.2009 an, der dann auf den 04.06.2009 unter Beibehaltung der Ladung im Übrigen verlegt wurde. In der Ladung ordnete der Vorsitzende der 9. Kammer des Sozialgerichts das persönliche Erscheinen des Geschäftsführers der Klägerin oder eines umfassend bevollmächtigten und beauftragten Vertreters an. Die Terminsladung wurde zum einen an die Prozessbevollmächtigte der Klägerin, die beim Y. tätige Verwaltungsoberrätin CF., gegen Empfangsbekenntnis zugestellt. Des Weiteren stellte das Sozialgericht mittels Postzustellungsurkunde die Ladung dem Beschwerdeführer, der Geschäftsführer der Klägerin ist, zu. In diesem Ladungsschreiben heißt es: “Sehr geehrter Herr A., in dem Rechtsstreit … ist Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt auf … Ihr persönliches Erscheinen oder eines umfassend bevollmächtigten und beauftragten Vertreters zu dem vorgenannten Termin ist angeordnet. Sie werden zu diesem Termin geladen. Sie müssen auch dann persönlich erscheinen, wenn sie eine(n) Bevollmächtigte(n) entsenden. Falls Sie ohne Entschuldigung nicht erscheinen, können ihnen die durch das Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt werden. Zugleich kann gegen Sie ein Ordnungsgeld bis zu 1.000,00 € festgesetzt werden …„. Laut der Niederschrift über die am 04.06.2009 durchgeführte mündliche Verhandlung erschien für die Klägerin deren Prozessbevollmächtigte Frau Verwaltungsoberrätin CF. In der Sitzungsniederschrift heißt es, der Vorsitzende stellt fest, dass der ordnungsgemäß geladene Geschäftsführer der Klägerin nicht erschienen ist. Laut Sitzungsniederschrift wurde nach dem Sachbericht des Vorsitzenden das Sach- und Streitverhältnis mit den anwesenden Vertretern der Parteien erörtert und deren Anträge aufgenommen. Das Protokoll weist weiter aus, dass im Anschluss hieran folgender Beschluss verkündet wurde: “1. Herrn A. wird ein Ordnungsgeld von 200 Euro wegen unentschuldigtem Nichterscheinens vor Gericht auferlegt. 2. Der Rechtsstreit wird vertagt. 3. Es ist beabsichtigt, ein Gutachten einzuholen.„. In dem am 13.07.2009 dem Beschwerdeführer zugestellten Beschlussgründen des Sozialgerichts in der Kammerbesetzung wird ausgeführt, der Beschwerdeführer sei trotz ordnungsgemäßer Ladung unentschuldigt nicht im Termin zur mündlichen Verhandlung am 04.06.2009 erschienen. Es sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Anordnung des persönlichen Erscheinens eines Beteiligten nicht nur dann, wenn er zur Aufklärung des Sachverhaltes beitragen könne, sondern auch dann angezeigt sein könne, wenn es darum gehe, die mündliche Verhandlung abzukürzen, damit die Möglichkeit genutzt werden könne, einen ggf. fehlerhaft gewürdigten Sachverhalt mit den Beteiligten zu erörtern. Wenn es durch die Aufklärung des Gerichtes über die Sach- und Re...