Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Bestimmung der angemessenen Gebühr. Mittelgebühr. endgültige Vergütungsfestsetzung unterhalb des nach § 47 RVG gewährten Vorschussbetrags
Orientierungssatz
1. Bei der Höhe der von einem Rechtsanwalt für dessen Tätigkeit im sozialgerichtlichen Verfahren zu beanspruchenden Gebühr ist grundsätzlich von der sog Mittelgebühr auszugehen; sie greift ein, wenn die anwaltliche Tätigkeit bezogen auf die maßgeblichen und in § 14 RVG beispielhaft aufgeführten Kriterien als durchschnittlich anzusehen ist.
2. Bei der endgültigen Festsetzung der aus der Staatskasse aufzubringenden Vergütung eines Rechtsanwalts ist das Gericht nicht an die Höhe eines auf der Grundlage von § 47 Abs 1 RVG gewährten Vorschusses gebunden. Der endgültig festgesetzte Betrag darf vielmehr auch hinter dem Vorschuss zurückbleiben.
Tenor
Die Beschwerde des Erinnerungsführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Fulda vom 10. Juli 2014 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer begehrt eine höhere, aus der Staatskasse aufzubringende Vergütung für seine Tätigkeit als beigeordneter Rechtsanwalt auf Grund der Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Verfahren S 2 AS 156/12 vor dem Sozialgericht (SG) Fulda.
Im Ausgangsverfahren vor dem SG machten die dortigen fünf Kläger die Erstattung notwendiger Kosten für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung in mehreren Widerspruchsverfahren (bei notwendiger Hinzuziehung des Beschwerdeführers als Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren) geltend: Der im Ausgangsverfahren beklagte Landkreis hatte über drei Widersprüche der in Bedarfsgemeinschaft lebenden Kläger des Ausgangsverfahrens, die allesamt Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) betrafen, einheitlich durch Widerspruchsbescheid vom 5. Juni 2012 entschieden und dabei eine Kostenübernahme abgelehnt.
Der Beschwerdeführer erhob daraufhin durch Schriftsatz vom 5. Juli 2012 für die Kläger im Ausgangsverfahren Klage und begründete diese, wobei sich die inhaltlichen Ausführungen rund zwei Seiten einnahmen; unter dem 3. September 2012 duplizierte er kurz auf die Klageerwiderung. Mit Schreiben vom 16. Januar 2013 reagierte er sodann auf einen gerichtlichen Vergleichsvorschlag vom 3. Januar 2013 und unterbreitete unter dem 20. Februar 2013 für die Kläger ein etwas abgewandeltes Vergleichsangebot, das der Beklagte annahm. Nach diesem durch das SG mit Beschluss vom 22. März 2013 festgestellten Vergleich hatte der Beklagte des Ausgangsverfahrens den Klägern jeweils ein Fünftel der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Kosten sowohl in den drei Widerspruchsverfahren als auch im Klageverfahren selbst zu erstatten.
Bereits im Verlauf des Ausgangsverfahrens hatte das SG den Klägern mit Wirkung ab 5. Juli 2012, also dem Tag der Klageerhebung, Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Beschwerdeführers gewährt (Beschluss vom 10. September 2012). Der Beschwerdeführer hatte danach gegenüber der Staatskasse einen Kostenvorschuss geltend gemacht (Schreiben vom 10. November 2012), den der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle antragsgemäß am 15. November 2012 in Höhe von 468,86 Euro festgesetzt hatte.
Nach Abschluss des Ausgangsverfahrens hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 5. Juni 2013 die endgültige Festsetzung seiner aus der Staatskasse zu vergütenden Gebühren und Auslagen beantragt, und zwar wie folgt:
Verfahrensgebühr, Nr. 3103 VV RVG 170,00 Euro
Mehrvertretungszuschlag, Nr. 1008 VV RVG 204,00 Euro
Einigungsgebühr, Nr. 1006 VV RVG 190,00 Euro
Pauschale für Post- und Telekommunikation, Nr. 7002 VV RVG 20,00 Euro
Zwischensumme 584,00 Euro
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 110,96 Euro
abzüglich Vorschusszahlung -468,86 Euro
Gesamtbetrag 226,10 Euro.
Demgegenüber hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle unter dem 13. Juni 2013 die Vergütung nur in Höhe von insgesamt 360,00 Euro festgesetzt und dem folgende Berechnung zugrunde gelegt:
Verfahrensgebühr incl. Mehrvertretungszuschlag 220,00 Euro
Einigungsgebühr 120,00 Euro
Pauschale für Post- und Telekommunikation 20,00 Euro Zwischensumme 360,00 Euro
19 % Umsatzsteuer 68,40 Euro
abzüglich Vorschusszahlung -468,86 Euro
Gesamtbetrag -40,46 Euro.
Zur Begründung der Absetzungen hat er im Wesentlichen ausgeführt, die angesetzten Gebühren seien unbillig. Es handele sich um eine unterdurchschnittlich bedeutende Angelegenheit, da ausschließlich um die Kostenerstattung im Widerspruchsverfahren gestritten worden sei. Im Rahmen der Gesamtabwägung nach § 14 RVG werde von Gebühren in Höhe von ca. 60 % der jeweiligen Mittelgebühr ausgegangen.
Der Beschwerdeführer hat daraufhin am 28. Juni 2013 Erinnerung eingelegt. Bei der Verfahrensgebühr sei zumindest von einer Mittelgebühr auszugehen. Die Bedeutung der Angelegenheit sei überdurchschnittlich gewesen, da Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II im Streit gestanden hätten und es also um das absolute Existenzminimum seiner Mandantschaft gegangen sei. Die Eink...