Entscheidungsstichwort (Thema)
Bemessung der einem Rechtsanwalt aus der Staatskasse zu erstattenden Gebühren
Orientierungssatz
1. Bei einer geringen Bedeutung des Klageverfahrens, eines gleichfalls geringen Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit bei fehlender Schwierigkeit, keinem besonderen Haftungsrisiko des Rechtsanwalts und unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Klägers ist die aus der Staatskasse dem Rechtsanwalt zu erstattende Verfahrensgebühr nach Nr. 3102 VV RVG in Höhe der Viertelgebühr, somit mit 175.- €. festzusetzen. Gleiches gilt für die Terminsgebühr nach Nr. 3106 VV RVG bei einer Verfahrensdauer von 20 Minuten im erstinstanzlichen sozialgerichtlichen Verfahren.
2. An die Bemessungskriterien der Festsetzung des Vorschusses ist der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle nicht gebunden. Es existiert kein schutzwürdiges Vertrauen des Rechtsanwalts darauf, einen einmal erhaltenen Vorschuss nicht zurückzahlen zu müssen.
Tenor
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichtes Düsseldorf vom 10.11.2016 wird zurückgewiesen.
Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Im Klageverfahren S 19 AS 1757/14 war der Klägerin Prozesskostenhilfe bewilligt und der Beschwerdeführer beigeordnet worden (Beschluss vom 12.08.2014). Auf seinen Antrag hin wurde ihm ein Vorschuss in Höhe von 291,55 EUR gezahlt; bei der Festsetzung des Vorschusses am 14.11.2014 legte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle bei der Bemessung der Verfahrensgebühr die um ein Viertel reduzierte Mittelgebühr zugrunde. Die am 14.05.2014 erhobene Klage, die auf die Zahlung höherer Gebühren für ein Widerspruchsverfahren gerichtet war, enthielt eine eine Seite umfassende Begründung. Sie endete nach einer zwanzigminütigen mündlichen Verhandlung am 07.03.2016 mit einem gerichtlichen Vergleich, wonach der Beklagte die Kosten in einem Umfang von 20 v.H. übernahm. Am 11.03.2016 beantragte die PVS RA GmbH unter Vorlage einer Abtretungserklärung, die aus der Landeskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen wie folgt festzusetzen:
Verfahrensgebühr VV RVG Nr. 3102 300,00 EUR
Terminsgebühr VV RVG Nr. 3106 280,00 EUR
Einigungsgebühr VV RVG Nr. 1006 300,00 EUR
Anrechnung Geschäftsgebühr VV RVG Nr. 2302 30,00 EUR
Pauschale VV RVG Nr. 7002 20,00 EUR
Fahrtkosten VV RVG Nr. 7003 42,30 EUR
Tagegeld VV RVG Nr. 7005 25,00 EUR
USt 178,09 EUR
Abzgl Vorschuss 291,55 EUR
Gesamt 823,84 EUR
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle reduzierte die Gebühren nach VV RVG Nr 3102 und 1006 jeweils auf 225,00 EUR und die Terminsgebühr auf 140,00 EUR und setzte durch Beschluss vom 17.03.2016 die zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 478,74 EUR fest. Die Klage sei von ausgesprochen geringer Bedeutung gewesen, dies gelte auch für Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit. Insgesamt sei eine halbe Mittelgebühr angemessen. Da das SG jedoch durch die Vorschussfestsetzung vom 14.11.2014 gebunden sei, müsse für die Verfahrensgebühr eine um 25 % reduzierte Mittelgebühr angesetzt werden, ebenso sei die Einigungsgebühr anzupassen. Der Termin habe 20 Minuten gedauert, daher sei eine halbe Mittelgebühr hier angemessen.
Mit der am 20.06.2016 eingelegten Erinnerung hat der Beschwerdeführer gerügt, es gäbe keine Bindung bei der Verfahrensgebühr an die Vorschussfestsetzung. Gründe, von der Mittelgebühr nach unten abzuweichen, seien ebenso wenig erkennbar. Bei der Terminsgebühr sei die Dauer von 20 Minuten nicht unterdurchschnittlich. Die Dauer dürfe schließlich gar nicht als ausschlaggebend bewertet werden, da ja etwa bei einer fiktiv angefallenen Terminsgebühr bereits 90 % der Verfahrensgebühr entstanden seien. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat der Erinnerung nicht abgeholfen.
Das SG hat durch Beschluss vom 10.11.2016 die von der Landeskasse dem Erinnerungsführer zu zahlenden Gebühren und Auslagen ebenfalls auf 478,74 EUR festgesetzt. Aufgrund der geringen Bedeutung des zugrunde liegenden Klageverfahrens (Kosten eines Widerspruchsverfahrens) sowie des geringen Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit bei fehlender Schwierigkeit wäre allenfalls ¼-Gebühr angemessen (=175,00 EUR). Berücksichtige man alle drei geltend gemachten Gebühren mit diesem Betrag (175EUR x 3 = 525,00 EUR), wäre dies immer noch ein geringerer Betrag als derjenige, der durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle zugrunde gelegt wurde (insgesamt 590 EUR, bezogen auf die drei geltend gemachten Gebühren). Eine höhere Kostenerstattung komme daher nicht in Betracht; eine niedrigere Festsetzung scheide aufgrund des Verböserungsverbotes aus.
Gegen diesen am 15.11.2016 zugestellten Beschluss hat der Beschwerdeführer am 29.11.2016 Beschwerde eingelegt und u.a. ausgeführt, eine "geringe Bedeutung" der Sache erschließe sich ihm angesichts streitiger Kosten eines Widerspruchsverfahrens iHv 400 EUR nicht. Von einem geringen Umfang anwaltlicher Tätigkeit könne auch keine Rede sein, zumal es im streitigen Zeitraum sehr viele Vorsprachen und Widerspruchsverfahren der Klägerin gegeben h...