Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Streitwertfestsetzung. jeweils gesondert festzusetzende Streitwerte bei mehreren in der Hauptsache erledigten Verfahren. Interpretation einer einseitigen Erledigungserklärung als Untätigkeitsklagerücknahme. Vertragsarztrecht
Leitsatz (amtlich)
1. Mehrere jeweils in der Hauptsache erledigte Verfahren iS von § 197a SGG können nicht in der Weise zur endgültigen Festsetzung des Streitwertes verbunden werden, dass die für die einzelnen Verfahren anzunehmenden Streitwerte addiert werden und ein einheitlicher Streitwert festgesetzt wird.
2. Eine einseitige Erledigungserklärung des Klägers, kann (auch) in Verfahren nach § 197a SGG im Falle einer zulässig erhobenen Untätigkeitsklage als Klagerücknahme interpretiert werden, da die Kosten stets der/dem Beklagten zur Last fallen (§ 197a Abs 1 SGG iVm § 161 Abs 3 VwGO).
Orientierungssatz
Im Falle von Untätigkeitsklagen beträgt der Wert des Streitgegenstandes nach herrschender Meinung in der Rechtsprechung 10 bis 25% des Streitwerts der “Hauptsache„, in der Regel abhängig von der Dauer der Nichtbescheidung.
Tenor
Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Marburg vom 15. Mai 2009 insgesamt aufgehoben.
Die gesondert festzusetzenden Streitwerte werden wie folgt festgesetzt.
Für das Verfahren mit dem Az.: S 11 KA 139/09 (hier: L 4 KA 60/09 B) wird der Streitwert auf 2.071,66 € festgesetzt.
Für das Verfahren mit dem Az.: S 11 KA 143/09 (hier: L 4 KA 62/09 B) wird der Streitwert auf 1.878,07 € festgesetzt.
Für das Verfahren mit dem Az.: S 11 KA 144/09 (hier: L 4 KA 63/09 B) wird der Streitwert auf 2.006,54 € festgesetzt.
Für das Verfahren mit dem Az.: S 11 KA 145/09 (hier: L 4 KA 64/09 B) wird der Streitwert auf 2.707,11 € festgesetzt.
Für das Verfahren mit dem Az.: S 11 KA 146/09 (hier: L 4 KA 65/09 B) wird der Streitwert auf 1.809,92 € festgesetzt.
Für das Verfahren mit dem Az.: S 11 KA 147/09 (hier: L 4 KA 66/09 B) wird der Streitwert auf 1.503,84 € festgesetzt.
Für das Verfahren mit dem Az.: S 11 KA 148/09 (hier: L 4 KA 67/09 B) wird der Streitwert auf 2.383,96 € festgesetzt.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Kläger hatte mit Schreiben vom 25.02.2006, 04.11.2006, 10.02.2007, 14.03.2007, 26.03.2007, 14.05.2007 und vom 04.07.2007 jeweils Widerspruch gegen die Honorarbescheide für die Quartale II/05, III/05, IV/05, I/06, II/06, III/06 und IV/06 erhoben. Nachdem in der Folgezeit keine Entscheidung der Beklagten hierüber erging, erhob der Kläger mit Schriftsätzen vom 12.03.2009 bzw. vom 16.03.2009 Untätigkeitsklage vor dem Sozialgericht Marburg und zwar jeweils
hinsichtlich des Quartals II/07 unter dem Az.: S 11 KA 139/09,
hinsichtlich des Quartals III/05 unter dem Az.: S 11 KA 143/09,
hinsichtlich des Quartals IV/05 unter dem Az.: S 11 KA 144/09,
hinsichtlich des Quartals I/06 unter dem Az.: S 11 KA 145/09,
hinsichtlich des Quartals II/06 unter dem Az.: S 11 KA 146/09,
hinsichtlich des Quartals III/06 unter dem Az.: S 11 KA 147/09 und
hinsichtlich des Quartals IV/06 unter dem Az.: S 11 KA 148/09.
Nachdem die Beklagte die Widersprüche des Klägers gegen die Honorarbescheide für diese Quartale mit einheitlichem Widerspruchsbescheid vom 25.02.2009 zurückgewiesen und dem Sozialgericht diesen Bescheid unter Hinweis auf § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) übersandt hatte, erklärte der Kläger mit Schriftsatz vom 11.05.2009 in den vorgenannten Klageverfahren die Sache in der Hauptsache für erledigt.
Mit Verfügung vom 15.05.2009 wies das Sozialgericht die Beklagte darauf hin, dass es sich bei den vorliegenden Verfahren um Untätigkeitsklagen gehandelt habe mit der Folge, dass diese mit Erlass des Widerspruchsbescheides in der Hauptsache erledigt seien. Eine Einbeziehung des Widerspruchsbescheids nach § 96 SGG in diese Verfahren komme nicht in Betracht, der Kläger habe vielmehr gegen den Widerspruchsbescheid erneut Klage erhoben.
Mit Beschluss vom 15.05.2009 hat das Sozialgericht sodann die vorgenannten Verfahren zum Zwecke der Streitwertfestsetzung verbunden und den Streitwert insgesamt auf 14.361,13 € festgesetzt, indem es jeweils die streitige Honorardifferenz für die streitgegenständlichen Quartale zu Grunde gelegt, addiert und im Hinblick darauf, dass es sich um Untätigkeitsklagen handelte, auf ein Zehntel herabgesetzt hat.
Mit Schriftsatz vom 09.07.2009 an das Sozialgericht hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers Beschwerde gegen den Streitwertfestsetzungsbeschluss vom 15.05.2009 eingelegt. Zur Begründung führt er aus, die Herabsetzung des Streitwerts auf ein Zehntel der Summe, die als gesamter wirtschaftlicher Wert der zusammengefassten Untätigkeitsklagen angenommen worden sei, erscheine nicht sachgerecht. Auch wenn es sich um gleich gelagerte Sachverhalte handele, seien doch die Einzelabrechnungen jeweils einzeln zu würdigen, so dass es nach seiner Auffassung unzulässig erscheine, nun alle Verfahren zu verbinden und dann aus dem Gesamtstreitwert lediglich noch ein Zehntel als...