Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. sachlicher Zusammenhang. betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung. Incentive- oder Motivationsreise
Orientierungssatz
1. Veranstaltungen, die sich nur an eine ausgewählte Gruppe von Betriebsangehörigen, etwa die besonders "Erfolgreichen" bzw "Verdienten", richten oder bei denen ein nennenswerter Teil der Betriebsangehörigen wegen des Fehlens bestimmter für die Teilnahme erforderlicher Eigenschaften oder wegen der Begrenzung der Teilnehmerzahl von einer Teilnahme faktisch ausgeschlossen, können grundsätzlich nicht der Pflege der Verbundenheit zwischen der Unternehmensleitung und den Beschäftigten sowie der Beschäftigten untereinander dienen und stehen deshalb nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Dies gilt vor allem für die bei Unternehmen vielfach üblichen Incentive- oder Motivationsreisen.
2. Die Teilnahme an Freizeit- und Erholungsveranstaltungen ist nicht deshalb versichert, weil diese vom Unternehmen organisiert und finanziert werden. Stehen Freizeit, Unterhaltung oder Erholung im Vordergrund, fehlt es an einem wesentlichen betrieblichen Zusammenhang.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 29. Juli 2008 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Im Streit steht die Anerkennung und Entschädigung eines Arbeitsunfalls.
Die 1973 geborene Klägerin ist seit Anfang 2000 bei der Fa. C. Engineering Systems AG in B-Stadt, einem IT-Betrieb mit ca. 230 Mitarbeitern, beschäftigt.
Vom 28. April bis zum 1. Mai 2006 befand sich die Klägerin auf einer von ihrem Arbeitgeber veranstalteten Reise in Lappland. Auf der vom Unternehmen ausgehändigten Reiseinformation hieß es hierzu u.a. wörtlich: „….die Reise ist unser Dankeschön für ein erfolgreiches Geschäftsjahr. Sie soll Sie motivieren und Ihnen Freude machen, Lust wecken auf das neue Geschäftsjahr und Neugier, auf das was vor uns liegt. Die Reise ist keine Pflichtveranstaltung, die Teilnahme ist freiwillig." Im Rahmen dieser Reise fand am 30. April 2006 als Outdooraktivität eine Snowmobilfahrt statt. Die Klägerin nahm daran als Beifahrerin auf einem Snowmobil teil, welches von einem Arbeitskollegen gesteuert wurde. Während der Fahrt wurde sie mehrfach auf dem Fahrzeug hoch geschleudert und auf den Sitz zurückgeworfen. Aufgrund von Rückenschmerzen musste die Klägerin die Fahrt abbrechen und durch vor Ort hinzugezogene Rettungskräfte in eine Klinik verbracht werden. Nach ihrer Rückkehr aus Lappland suchte die Klägerin den Durchgangsarzt Prof. Dr. D. auf, der bei ihr eine LWK-1-Fraktur feststellte. Diese Verletzung führte nachfolgend zu stationären Behandlungen im Universitätsklinikum Frankfurt am Main sowie in der Wirbelsäulenklinik Bad Homburg.
Mit Bescheid vom 12. September 2006 lehnte die Beklagte Ansprüche auf Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aus Anlass des Ereignisses vom 30. April 2006 ab, da es sich ihrer Auffassung nach nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt habe. Vielmehr habe es sich bei dem Aufenthalt in Lappland vom 28. April bis 1. Mai 2006 um einen reinen Incentive-Aufenthalt gehandelt. Durch Incentives sollten Mitarbeiter zu besseren Leistungen motiviert werden. Das gemütliche Zusammensein und die gemeinsamen Erlebnisse sollten sich positiv auf die Zusammenarbeit auswirken. Bei dieser Reise hätten Erholung, Spaß und Freizeit im Vordergrund gestanden. Es habe sich daher um eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit gehandelt, die dem privaten Bereich zuzuordnen sei.
Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch am 20. September 2006. Zur Begründung trug sie vor, ihr Arbeitgeber habe sämtliche Mitarbeiter zu der Veranstaltung eingeladen. Der Einladung seien 124 Mitarbeiter sowie auch die gesamte Leitung des Unternehmens gefolgt. Die Veranstaltung habe der Förderung der betrieblichen Verbundenheit gedient. Somit habe es sich um eine versicherte Tätigkeit im Rahmen einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung gehandelt, die sich letztlich durch nichts von einem Betriebsausflug oder einer Betriebsfeier unterschieden habe.
Die Beklagte holte daraufhin eine Stellungnahme der Fa. C. Engineering Systems AG ein, wonach die Reise den Mitarbeitern u. a. als Belohnung für das gute Geschäftsergebnis angeboten worden sei und dazu dienen sollte, die Mitarbeiter zu motivieren und zu neuen Höchstleistungen anzuspornen
Anschließend wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 15. Februar 2007 als unbegründet zurück.
Dagegen wandte sich die Klägerin mit der am 13. März 2007 vor dem Sozialgericht Darmstadt erhobenen Klage. Dabei trug sie vor, die Veranstaltung habe allen Mitarbeitern der C. Engineering Systems AG offengestanden. Ausgenommen gewesen seien lediglich Mitarbeiter mit weniger als 6 Monaten Betriebszugehörigkeit und Auszubildende in den ersten beiden Ausbildungs...