Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Unterkunftsbegriff. Bauwagen als selbstgenutztes Wohnungseigentum. Abgrenzung zwischen Erhaltungs- und Modernisierungsaufwendung. Solaranlage zur Stromversorgung im Bauwagen. Darlehen
Leitsatz (amtlich)
Zu den Grundbedürfnissen des Lebens und Wohnens zählt auch eine funktionierende Stromversorgung.
Die Angemessenheit der Kosten der Stromversorgung - hier: darlehensweise Kostenübernahme für eine Solaranlage - richtet sich auch danach, ob es Alternativen gibt.
Als Orientierungsmaßstab für die Angemessenheit der Höhe nach bietet sich, auch bei Einmalzahlungen, der 12-Monats-Zeitraum von § 41 Abs. 1 Satz 6 SGB II an.
Orientierungssatz
1. Unterkunft iS des § 22 Abs 1 SGB 2 sind bei tatsächlicher Nutzung alle baulichen Anlagen oder Teile hiervon, die tatsächlich geeignet sind, vor den Unbilden der Witterung zu schützen und ein Mindestmaß an Privatheit einschließlich der Möglichkeiten sicherzustellen, persönliche Gegenstände zu verwahren. Ein im Eigentum stehender Bauwagen kann daher eine Unterkunft iS des § 22 SGB 2 darstellen.
2. Bei selbst genutzten Eigenheimen oder Eigentumswohnungen gehören zu den tatsächlichen Aufwendungen ua die Erhaltungsaufwendungen bzw Instandhaltungsmaßnahmen, nicht jedoch wertsteigernde Erneuerungsmaßnahmen.
3. Eine darlehensweise Kostenübernahme für eine Solaranlage zur Stromversorgung ist gem § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 als angemessen anzusehen, wenn der Einsatz von Generatoren zur Stromerzeugung nicht bzw ausschließlich kurzzeitig gestattet ist und ein Anschluss an eine öffentliche Stromversorgung nicht existiert.
4. Die Abgrenzung zwischen Erhaltungsaufwendungen und Modernisierungsaufwendungen kann nicht allein aufgrund der Höhe der anfallenden Kosten vorgenommen werden. Vielmehr kommt es auf das Ziel der Maßnahme an, nämlich darauf, ob sie der Erhaltung oder Wiederherstellung der Wohnung in ihrer bisherigen Substanz oder aber der Schaffung eines neuen, verbesserten Zustandes dient (vgl LSG Celle-Bremen vom 27.3.2007 - L 9 AS 137/07 ER).
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 18. Mai 2009 aufgehoben und die Antragsgegnerin verpflichtet, dem Antragsteller zur Beschaffung einer Solaranlage zur Stromversorgung darlehensweise einen Betrag in Höhe von 6.195,00 € zur Verfügung zu stellen.
II. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Antrags- und Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes streitig, ob die Antragsgegnerin verpflichtet ist, dem Antragsteller ein Darlehen zur Anschaffung einer Solaranlage zur Stromversorgung zur Verfügung zu stellen.
Der Antragsteller bezieht von der Antragsgegnerin seit 2005 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II. Im Einzelnen erhält er die Regelleistung von zurzeit 359,00 €, sowie monatlich 15,00 € für die Wasserversorgung und 5,00 € für Müllabfuhr. Daneben erhält er eine Hausbrandpauschale in Höhe von zuletzt 630,00 €.
Der Antragsteller ist Eigentümer und Bewohner eines Bauwagens mit einer Größe von circa 10 m² auf dem Wagenplatz, A-Stadt. Die Heizung erfolgt über einen Holz-/Kohleofen, die Stromversorgung mittels einer Solaranlage. Am 26. August 2007 beantragte er bei der Antragsgegnerin die Kostenübernahme zur Reparatur beziehungsweise Ersatzbeschaffung seiner defekten Solaranlage. Mit Bescheid vom 3. September 2007 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag ab, da § 22 SGB II dies nicht vorsehe. Der Widerspruch vom 14. September 2007 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 6. Dezember 2007 zurückgewiesen. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, bei der beantragten Übernahme der Reparaturkosten handele es sich um keinen Erhaltungsaufwand sondern um eine Erneuerungsmaßnahme. Im Übrigen seien die Kosten auch nicht als angemessen anzusehen.
Am 8. Oktober 2007 beantragte der Antragsteller bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main eine einstweilige Anordnung. Dieses Verfahren endete am 11. Juli 2008 vor dem Hessischen Landessozialgericht (L 7 AS 11/08 B ER) mit einem Vergleich, wonach sich die Antragsgegnerin verpflichtete, dem Antragsteller darlehensweise die Mittel zur Verfügung zu stellen, die diesen in die Lage versetzen eine Stromversorgung zu beschaffen. Dabei erstreckte sich die Verpflichtung der Antragsgegnerin lediglich auf die Zurverfügungstellung der preisgünstigsten Möglichkeit. Der Antragsteller verpflichtete sich, das Darlehen mit monatlichen Raten von 35,00 € zurückzuzahlen.
Mit Schreiben vom 14. Oktober 2008 teilte der Antragsteller der Antragsgegnerin mit, die einzig mögliche und kostengünstigste Stromversorgung sei eine Solaranlage, da das Aufstellen von Stromgeneratoren auf dem Gelände verboten sei. Die preisgünstigste Solaranlage koste nach dem beiliegenden Angebot der Firma D. 6.198,00 €. Mit Schreiben vom 4. November 2008 und 21. November 2008 teilte die Antragsgegnerin mit, bei einer Stromversorgung ...